Buchendorf:Gänsejagd empört Anwohner

Am Buchendorfer Weiher hat der Jagdpächter Kanadagänse geschossen. Vogelfreunde sprechen indes von einem "Gemetzel" und dem Tod eines Graureihers

Von Blanche Mamer, Buchendorf

Jagd auf Gänse polarisiert. Viele Jahre haben sich wegen der Gänsejagd auf dem Starnberger See und dem Ammersee Naturschützer, Vogelschützer, Vogelliebhaber, Badegäste, Jäger und Behörden gestritten. Nun geht ein Riss durch Buchendorf: Dort hat der Jagdpächter vergangene Woche auf dem Weiher, der direkt am Dorfrand liegt, Gänse und Enten geschossen und angeschossene Vögel erschlagen. Das haben Anwohner gesehen und sofort protestiert.

Ein paar von ihnen hatten Handzettel in ihren Briefkästen, in denen der Jäger die bevorstehende Aktion mitteilte, indes ohne einen genauen Termin oder eine Zeitangabe. Zudem gab es keinen Hinweis, für die Anlieger, wo sie hätten nachfragen können. Weder in der Gemeindeverwaltung in Gauting noch bei der Unteren Jagdbehörde im Landratsamt sei das Vorhaben bekannt gewesen, es gab keine Informationen, beklagt die Anwohnerin Ingrid Martin.

Als Grund für die Jagd war angegeben, dass der "biologisch wertvolle Dorfweiher wegen Überbevölkerung und vor allem wegen der Fäkalien umzukippen droht", und dass dies eine Gefahr für andere Teichbewohner darstelle. Jedenfalls waren die Buchendorfer überrascht, als am Donnerstag bei Einbruch der Dämmerung Jäger mit Hunden anrückten und auf die Gänse, die sich um diese Zeit am Weiher niederließen, anlegten. "Es wurden sechs Wildgänse, einige Wildenten und ein Graureiher abgeschossen. Die wenigen Tiere, die sich in das nahe gelegene Gebüsch flüchteten, wurden an den Flügeln herausgezogen und mit Knüppeln brutal erschlagen", heißt es in einem begleitenden Schreiben für eine Unterschriftensammlung. Diese soll an die Gemeinde Gauting, den Tierschutzverein Starnberg und die Jagdaufsicht, Ludwig Groß, den früheren zweiten Bürgermeister, gehen. Ein unmittelbarer Anwohner sei "Zeuge des Gemetzels" gewesen, ebenso "einige Jugendliche, die zutiefst erschüttert und fassungslos reagiert" hätten, heißt es. Auf die Frage, wer dies veranlasst habe, habe der Jagdpächter Johannes Hoffmann den Buchendorfer Vogelschützer Albert Soyer genannt.

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Sie sehen schön und majestätisch aus, doch gelten sie vielen als Plage. Kanadagänse sind im Landkreis heimisch geworden und dürfen gejagt werden.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dem widerspricht Soyer, der mehrere Biotope in und um Buchendorf angelegt hat und seit Jahren pflegt, vehement. " Ich habe bestätigt, dass das Ökosystem des Weihers in Gefahr ist. Als der Jagdpächter mir ankündigte, dass er auf dem Weiher Gänse schießen wolle, sagte ich, die Jagd auf Wildgänse sei frei. Ich könne ihm das Abschießen nicht verbieten. Ich habe ihn aber auch gewarnt, dass er Ärger bekommen werde", sagte Soyer der SZ.

Von einer Überpopulation von 200 Gänsen zu sprechen sei totaler Nonsens, kritisieren die Anwohner. Sie betrachten die Begründung, die Wasservögel seien Schuld an der Übersäuerung des Weiher, als Vorwand. In so einem heißen Sommer könne das Gewässer auch infolge von Algenbildung und Sauerstoffmangel kippen. Zudem würden die abschüssigen Felder in der Umgebung mit Gülle und Mist gedüngt, die in den Teich abfließen, durch das fallende Laub der Bäume und Sträucher entwickelten sich Faulgase am Weihergrund.

Der Jagdpächter selbst wehrt sich gegen die Anschuldigung, einen Graureiher erschossen zu haben und droht mit einer Anzeige. Die Beute habe aus elf Kanadagänsen bestanden. Er habe sich an alle Vorgaben gehalten, die Anwohner per Handzettel informiert und die Jagd bei der Polizei angekündigt. Zudem habe er das Gebiet mit einer Kette abgesperrt sowie nach Spaziergängern, Joggern und spielenden Kindern Ausschau gehalten, um sie zu warnen. Der Anwohner habe ihn beschimpft und bedroht, sagte er. Die Jugendlichen seien erst aufgetaucht, als die Jagd, die nur wenige Minuten gedauert hätte, vorbei war. Und das habe er sofort der Gautinger Polizei mitgeteilt. Dort war "die Entenjagd in Absprache mit dem Vogelschutzbeauftragten für 17 bis 18 Uhr" angekündigt.

Jagdgesetze und Verordnungen

Die Jagd als solche regeln in Deutschland neben Wildschutz,- Natur- und Artenschutzverordnungen und Gesetzen zum Gebrauch von Waffen vor allem das Bundesjagd- und das jeweilige Landesjagdgesetz. Dort ist unter anderem auch definiert, welche Tierarten überhaupt als bejagbar gelten: Grau-und Kanadagänse gehören ebenso dazu wie Graureiher. Allerdings gelten auch für sie Schonzeiten. Im Landkreis wurden diese verkürzt: So dürfen hier Graugänse von 1. Juli bis 15. Januar, Kanadagänse von 1. August bis 15. Januar gejagt werden. Das Bundesjagdgesetz räumt ihnen hingegen eine Schonzeit bis 1. November ein. Bejagt werden darf Federvieh - anders als beispielsweise das Wildschwein - allerdings nicht zur Nachtzeit. Der Gesetzgeber versteht darunter die Zeit zwischen eineinhalb Stunden nach Sonnenuntergang und eineinhalb Stunden vor Sonnenaufgang, derzeit darf also bis etwa 18 Uhr geschossen werden. Gänse gelten aufgrund ihres dichten Federkleides als besonders schwer zu erschießen. Zu verwenden ist für diese Vögel daher ein besonders großes Schrot mit einer Korngröße von mindestens 3,5 Millimetern. An Gewässern darf das Material, aus dem sie gefertigt werden, nicht aus Blei bestehen, weil dies möglicherweise toxisch auf gründelndes Wasservögel wirken könnte. Wird ein Tier nur angeschossen, muss der Jäger es aus Tierschutzgründen töten - um ihm weitere Qualen zu ersparen. Unterschieden wird übrigens auch, was ein Jäger mit erlegten Wildgänsen anfangen darf: Während er die Kanadagans nur selbst verwerten oder verschenken darf, könnte er die Graugans durchaus verkaufen - zum Beispiel an die Gastronomie oder an einen Wildbrethandel. ABEC

60 Buchendorfer haben bereits unterschrieben: "So was darf in Zukunft nicht noch mal passieren. Da sind wir uns einig", sagt die Initiatorin

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