Insolvenz:Perger-Grundstück wird verkauft

Der Insolvenzverwalter verlangt für das Gelände des Saftherstellers in Breitbrunn 2,7 Millionen Euro. Währenddessen versucht die Familie, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen

Von Astrid Becker, Breitbrunn

Das Drama rund um die Insolvenzen des Saftherstellers Perger steuert einem neuen Höhepunkt zu: Der Stammsitz des Unternehmens und der Familie in Breitbrunn steht zum Verkauf. Hintergrund dürfte das Privatinsolvenzverfahren sein, das am 8. Oktober am Amtsgericht Weilheim eröffnet worden ist. Insolvenzverwalter Mirko Möllen von der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Pluta hat die Dachauer Immobilienmaklergesellschaft Zenker und Günsch mit dem Verkauf des Areals im Herrschinger Ortsteil Breitbrunn beauftragt. Derzeit wird das Gelände in Immobilienportalen sowie bei Ebay für 2,7 Millionen Euro angeboten. Damit sind Zukunftspläne der Familie Perger gefährdet.

Die Privatinsolvenz wurde Johannes von Perger zufolge von einem seiner Gläubiger beantragt, einer Firma namens Urgibl Trading & Investment GbR aus Kirchseeon. Insolvenzverwalter Möllen versucht nun, noch vorhandene Vermögenswerte zu Geld zu machen. Das in diesem Verfahren wohl wertvollste Gut dürfte das etwa zwei Hektar große Grundstück an der Herrschinger Straße sein, auf dem sich Produktions-, Lager- und Büroflächen befinden, außerdem das Einfamilienhaus der Familie. Für Perger und seine Familie bedeutet der anstehende Verkauf nicht nur den möglichen Verlust ihrer eigenen vier Wände, sondern auch des Ortes, an dem sie eigentlich wieder Geld verdienen wollen.

Breitbrunn: Übernahme Perger Säfte

Johannes von Perger gibt nicht auf. Der Safthersteller hofft auch nach mehreren Pleiten wieder auf wirtschaftlichen Erfolg.

(Foto: Nila Thiel)

Perger hatte nach den drei anderen Insolvenzverfahren, die seine unternehmerischen Aktivitäten betrafen - zwei Altbetriebe und die 2012 gegründete Genossenschaft Perger eG - versucht, den Namen Perger zu erhalten und geschäftlich wieder Fuß zu fassen. So standen die Zeichen im vergangenen Jahr wieder auf Neuanfang, als Johannes von Pergers Söhne Lucas und Jacob zusammen mit Freunden, Timo Friesland und Navin Lal, die Obstplantagen übernahmen und Biosäfte unter dem Namen "natürlich Ammersee" auf den Markt brachten. Dann folgte Julian Römer - ehemaliger Produktionsleiter und Freund der Familie -, der den Hofladen der Pergers übernahm, umbaute und das bisherige Sortiment stark ausweitete. Pergers Ehefrau Paula ist hier häufig anzutreffen, sie berät die Kunden und verkauft Biosaft, Biowein, Biokäse oder hausgemachte Chutneys aus der Region.

Den nächsten Schachzug unternahm Johannes von Perger selbst, in dem er in diesem Herbst mit dem Wirt Michael Smolka die Marke Perger zu neuem Leben erweckte. Smolka hatte die Markenrechte erworben und produziert jetzt mit Perger Säfte aus Äpfel und Birnen. Etwa 15 000 Flaschen waren es laut Perger im ersten Produktionsmonat Oktober, 10 000 davon seien bereits verkauft. Das angepeilte Ziel jedoch sind 20 000 Flaschen pro Monat: "Wir sind auf einem guten Weg", meint Perger.

Wenig Hoffnung für die Gläubiger

Eine Entscheidung würde Johannes von Perger heute wieder treffen: eine Genossenschaft zu gründen, um das Wachstum einer Firma zu finanzieren. Als "Fehler" bezeichnet er mittlerweile aber, damals Vorstand geworden zu sein, nicht Aufsichtsrat. Denn dieser entscheide über den Vorstand. Er sei aus der Genossenschaft gedrängt worden und habe damit an Einfluss verloren - zum Nachteil der Genossenschaft, wie er meint.

Tatsächlich ist die Genossenschaft Perger eG ebenfalls insolvent. Wenn es nach Perger ginge, würde er gern so viel Geld verdienen, um einen Fonds aufzulegen, aus dem er diese Gläubiger, vor allem die Genossen, zumindest teilweise bedienen könnte. Aus einer seiner Aktivitäten nach seinen Pleiten würde dieses Einkommen aber sicher nicht stammen. Denn es gehört nicht mehr in den Dunstkreis der Familie Perger: "Natürlich Ammersee". Lucas und Jacob von Perger haben sich als Anteilseigner zurückgezogen. Lucas von Perger ist heute nur mehr dort angestellt. Auch "Natürlich Ammersee" existiert wegen eines Markenrechtsstreites nicht mehr unter diesem Namen. Die Säfte werden heute unter "Natürlich" verkauft. Abgefüllt werden sie ebenfalls nicht mehr in Breitbrunn, sondern in Rosenheim. Lediglich das Obst dafür stammt noch von den einstigen Perger-Plantagen.

Unabhängig davon träumt Johannes von Perger weiter vom Neustart - auch im Sinne der knapp 500 Menschen, die einst in die Genossenschaft investierten, manchmal sogar mit ihrer Rente. Sie alle werden vom Hofverkauf wohl nicht profitieren, weil sie ohnehin einem anderen Verfahren unterliegen. Viel Hoffnung, dort zu ihrem Geld zu kommen, besteht für sie aber auch nicht. Als einstige Miteigentümer rangieren sie in der Liste der Berechtigten ganz unten. ABEc

Das Obst dafür bezieht er zu einem kleinen Teil aus den einst eigenen Plantagen, den Großteil aber von Obstbauern aus der gesamten Region. Am kommenden Wochenende will Perger auch wieder Glühwein abfüllen, unter anderem für den Adventsmarkt am Wochenende darauf. Allerdings in vergleichsweise bescheidenen Mengen. Nur ein paar tausend Flaschen werden es sein, "etwa zwölf Prozent der Menge von früher", wie Perger sagt. Damals wurden 50 000 Flaschen in den Handel gebracht. Der insolvente Geschäftsmann sieht aber Zeichen, dass es für ihn wieder aufwärts geht.

Die Nachricht, dass das Grundstück nebst Bebauung, das sich seit 1956 in Familienbesitz befand, nun verkauft werden soll, nimmt er nun erstaunlich gelassen: "So schnell geht das eh nicht." Das Areal liegt im Außenbereich und wird quasi landwirtschaftlich genutzt. Mehrere Interessenten sollen sich gemeldet haben, doch angeblich ist keiner davon bereit, dafür 2,7 Millionen Euro zu zahlen.

Sollte das Anwesen aber nicht frei veräußert werden, wird es wohl zwangsversteigert. Ein entsprechendes Verfahren ist eingeleitet. Doch auch davon lässt sich Perger nicht beirren. Er will weitermachen, am liebsten dort, wo er zu Hause ist. Doch dafür bräuchte es einen Käufer, der damit einverstanden ist. Ob dieser gefunden wird, muss sich zeigen.

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