Der Parkplatz vor dem Lokal „Müller’s auf der Lüften“ in Farchach ist menschenleer, ebenso der Kinderspielplatz. Die Sonnenschirme sind zugeklappt. Im Gastraum selbst wartet Blazena Müller mit ihren beiden Töchtern Amelie und Magdalena auf die angekündigte Besucherin. Alle drei haben ihre türkisfarbenen T-Shirts mit dem Gaststätten-Emblem angezogen. Mit ihnen wirken sie farbenfroh, fast fröhlich.
Doch wer sich im Gastraum umsieht, merkt es gleich: Er ist verwaist. Auf den Tischen stehen weder Salz noch Pfeffer, auch frische Blümchen sucht man hier vergebens. Kein Wunder. Der Betrieb in der Gastwirtschaft ist eingestellt. Vor gut zwei Wochen hatte Blazena Müller noch groß Abschied gefeiert mit allen, die ihr in den vergangen 14 Jahren ans Herz gewachsen sind – die Stammgäste, die Vereinsmitglieder, die Musiker, die Tennisspieler und die Kegler. Eben alle. Es war, wie bei Abschieden oft – tränenreich.
Aber jetzt blickt sie nach vorn. Mit ihren zehnjährigen Töchtern macht sie erst noch ein paar Tage Urlaub. Aber dann geht’s ans Packen und Umziehen. Denn bislang wohnen die drei noch in den Räumen über der Wirtschaft. Aber glücklicherweise hat die kleine Familie ebenfalls in Farchach eine andere Wohnung gefunden. Da ist die 42-Jährige sehr froh, denn Berg ist ihr, wie sie sagt, längst zur zweiten Heimat geworden. Sie stammt aus der Slowakei, lebt aber bereits seit 24 Jahren in der Gemeinde Berg. Hier sind auch ihre Töchter geboren. Nach den Ferien kommen die beiden Mädchen in die fünfte Klasse der Realschule Wolfratshausen.
Gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann Rico Müller hatte sie die Wirtschaft in Farchach vor 14 Jahren übernommen. Beide kannten sich aus in der Gastronomie. Er hatte bereits als Koch im Oskar-Maria-Graf-Stüberl in Berg gearbeitet, sie war ebenfalls schon viele Jahre in der Branche tätig gewesen. „Ich wollte schon immer Gastro machen“, erzählt sie. „Ich habe schon mit 13 Jahren in den ersten Cafés in der Slowakei gearbeitet. Gastro ist einfach mein Ding.“
Auch die Corona-Pandemie überstand das Paar unbeschadet, bot einen täglichen Menü-Lieferdienst an, der fand reißenden Absatz. Erst als es an das Rückzahlen der Corona-Hilfen ging, begannen die Probleme. Die Rücklagen reichten hinten und vorn nicht. Hinzu kamen noch Personalsorgen. Die Öffnungstage mussten reduzieren werden. Das Geld war mehr als knapp. All das ging an der Ehe nicht spurlos vorbei. Das Paar trennte sich.
Aber dann bekam Blazena Müller die Chance, die Gastronomie der General-Fellgiebel-Kaserne in Pöcking zu übernehmen. In ihrer Situation ein Glück. Denn dadurch hat sie jetzt geregelte Arbeitszeiten und freie Wochenenden. Das bedeutet viel mehr Zeit für ihre Kinder. Zu ihren gastronomischen Aufgabenbereichen gehören neben dem Casino, das außerhalb des Militärgeländes liegt und auch von zivilen Gästen besucht werden kann, auch zwei Schulungskantinen in der Kaserne selbst. „Das sind drei Betriebe mit unterschiedlichen Öffnungszeiten“, erklärt sie.
Ihr Ziel ist es, sich um die Frühschichten und die Buchhaltung zu kümmern, um abends für die Kinder da sein zu können. Eine fest angestellte Kraft sowie ihr Ex-Mann, mit dem sie als Geschäftspartner weiterhin zusammenarbeitet, übernehmen gemeinsam mit Aushilfskräften unter anderem die Abendschichten im Casino. Durchschnittlich sind laut Blazena Müller rund 600 Schüler in den Pöckinger Militärgebäuden untergebracht. „Sie verlassen die Kaserne unter der Woche nicht, also kommen viele von ihnen abends ins Casino und wollen etwas essen und trinken. Es ist immer recht viel los hier.“
Gemeinde prüft Businesspläne und Menükarten
Die Gastronomin wird den Pachtvertrag mit der Gemeinde für das Müller’s auf der Lüften, der noch bis 31. Januar 2025 läuft, natürlich erfüllen. Wenngleich sie froh wäre, wenn vorzeitig ein neuer Pächter gefunden würde. Und die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Das hat schon die Ausschreibung gezeigt.
Knappe 20 Interessenten haben sich laut Kämmerer Florian Bendele mit der Gemeinde in Verbindung gesetzt. Die Rathausspitze hat daraufhin schon einmal eine Vorauswahl von sechs Bewerbern getroffen und diese aufgefordert, sich die kommunale Liegenschaft in Farchach näher anzusehen. Die verbleibenden Interessenten, so Bendele, seien allesamt vom Fach – hätten abgeschlossene Hotelfachausbildungen, seien gelernte Köche oder Servicekräfte.
Bis Mitte September sollen alle sechs Gastronomen ihre Businesspläne und Menükarten vorlegen und erklären, wie sie sich den künftigen Betrieb samt Öffnungszeiten vorstellen. Von den sechs Bewerbern wird die Rathausspitze noch einmal eine Auswahl treffen. Die verbleibenden Kandidaten haben dann die Gelegenheit, sich interessierten Gemeinderäten intern zu präsentieren. Schließlich sei es wichtig, dass die Gemeinderäte die örtliche Gaststätte auch weiterempfehlen könnten, findet Bendele. Die Gemeinde will aber auch, mit der bisherigen Pächterin zu einem guten Abschluss der Zusammenarbeit zu kommen. „Wir wollen alles dafür tun, dass das sauber über die Bühne geht“, meinte der Kämmerer.