Also offen und ehrlich, heute muss ich mal ein richtig ernstes Thema ansprechen, das wie kein anderes die Menschen unseres schönen Freistaats seit jeher in Wallung bringt. Aus Boykotts und Streiks erwuchsen schon blutige Fehden und Krawalle, am Ende gar Revolution und Krieg. Gerade die Bayern, die ansonsten ja eher als politisch träge gelten, waren stets bereit, auf die Barrikaden zu gehen, wenn's ums Bier ging.
Die Münchner Bierrevolution etwa schaffte es 1844 in die englische Presse: Am 25. Mai berichtete dort ein gewisser Friedrich Engels, wie Tausende zum Äußersten entschlossene Trinker Münchner Brauereien stürmten und Gasthäuser verwüsteten, weil der Bierpreis um einen Pfennig angehoben worden war. Relativ unspektakulär verlief dagegen der "Europäische Bierkrieg" , obwohl es fast 40 Jahre dauerte, bis die Auseinandersetzungen zwischen der deutschen Regierung und der EU ums Reinheitsgebot beigelegt waren. Dass es dabei im Eifer nicht zum Blutvergießen kam, lag wohl nur daran, dass der Preis des Gerstensafts nicht zur Debatte stand. Inzwischen hat das bajuwarische Nationalgetränk seinen Status als Grundnahrungsmittel verloren, und selbst die jährliche Preisanhebung für eine Wiesnmass wird stoisch hingenommen.

Geld hin, Bier her: Mir, liebe Leute, geht es heute um einen ganz anderen Bierpreis - einen positiven sozusagen: Die umtriebigen Mönche vom Heiligen Berg und ihre Helfer in der Brauerei sind nämlich jüngst mit einer Goldmedaille ausgezeichnet worden, wie das Kloster stolz vermeldet. Aber nicht etwa "Andechser Hell" oder "Doppelbock Dunkel" erzielten dank hochwertiger Ingredienzien im Geschmackstest Bestnoten. Nein, die Juroren des bayerischen Brauerbunds und des Hotel- und Gaststättenverbands prämierten vielmehr die "Goldene Bier-Idee 2024" . Bayerns Wirtepräsidentin Angela Inselkammer würdigte so die "biertouristische Pionierarbeit", bei Brauereibesichtigungen 3D-Brillen auszuhändigen, um dabei mit fünf kurzen Filmchen in die Vergangenheit abzutauchen. Die kombinierte Führung "aus Riechen, Schmecken, Fühlen und Virtual-Reality-Sequenzen" stärke "die Bedeutung des bayerischen Bieres als Kulturgut".
Hoppla, merkt ihr was? Da fehlt doch das Trinken! Zumindest in meiner Jugend bot es doch stets Trost, dass auf eine trockene Besichtigungstour unweigerlich die feuchtfröhliche Bierprobe folgte. Freibier nur noch virtuell ausschenken? Kein Wunder, dass diese clevere Marketingidee Wirte und Brauer begeistert. In Andechs muss der Trunk nach der Betriebsbesichtigung extra gebucht und bezahlt werden. Das hab' ich mir allerdings gespart, nachdem allein die Führung mit 3D-Illusion schon mehr gekostet hat als 2019 eine Wiesnmass. Darauf ein geselliges Prost!