Berg am Starnberger See:Seuche bedroht Bienenvölker

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Die "Amerikanische Faulbrut" macht den Imkern zu schaffen. Fünf Völker in Aufhausen haben sich mit dem Bakterium infiziert, in einem Umkreis von einem Kilometer müssen nun alle Stöcke untersucht werden.

Von Sabine Bader, Berg

Der Erfolg des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" hat die Bürger beflügelt, sich mehr um die Insekten zu kümmern. Allerorts werden Blühwiesen angelegt. Doch dann das: Eine Bienenseuche, die "Amerikanische Faulbrut", ist in der Gemeinde Berg ausgebrochen und droht dort alle Anstrengungen zunichte zu machen. Fünf Völker im Ortsteil Aufhausen haben sich mit dem sporenbildenden Bakterium infiziert. Der Amtstierarzt hat im Umkreis der betroffenen Stöcke ein Sperrgebiet von einem Kilometer verhängt. Alle Völker in diesem Bereich müssen untersucht werden.

Auch ein Volk von Katrin Stefferl ist dabei. Sie ist Diplombiologin und Gemeinderätin der Berger Grünen. Seit 14 Jahren ist sie Imkerin und hält derzeit 30 Völker in Berg und Umgebung. Ob ihr besagter Bienenstock infiziert ist, wird derzeit vom Amtstierarzt untersucht.

Zum Imkerberuf ist die 51-Jährige Mutter dreier Kinder eher zufällig gekommen. Vor ungefähr 15 Jahren hat man sie in der Montessorischule Biberkor gefragt, ob sie als Zoologin nicht Lust habe, das alte Bienenhaus auf dem Gelände zu reaktivieren, das dort noch aus Zeiten steht, in denen die früheren Besitzer, die "Schwestern der heiligen Familie", das Gut bewirtschafteten. Über Bienen wusste Stefferl damals nur am Rande Bescheid, und Honig mochte sie nicht besonders. Doch sie begann sich einzulesen. Und je mehr sie las, desto faszinierter war sie von den Insekten, von ihrem Staatenwesen, ihrer Arbeitsteilung und ihren Fähigkeiten. Sie lernte alles über die Tiere und machte schließlich eine Ausbildung zur Bienenwirtschaftsmeisterin. Auch mit der "Amerikanischen Faulbrut" kennt sie sich aus. Eines vorweg: Das Bakterium ist nicht aus Amerika eingeschleppt, es heißt nur so, weil ihr Entdecker von dort stammt. Außerdem ist die Seuche nicht neu. "Es gibt sie, so lange es Bienen gibt", sagt Stefferl. Das Bakterium im Stock zu haben, "ist das Schlimmste, was einem Imker passieren kann". Denn die Erkrankung ist hochinfektiös, und das sporenbildende Bakterium haftet so ziemlich an allem, was mit ihm in Berührung kommt - Waben, Wachs, dem Haarkleid der Tiere und dem Honig. Durch ein schlecht ausgewaschenes Honigglas im Container kann es übertragen werden oder durch den Frühstückshonig, den man achtlos auf der Terrasse stehen lässt. Die infizierten Sporen können viele Jahrzehnte überleben. Für Menschen sind sie aber ungefährlich und für den Honig unbedenklich.

Eines der Bienenvölker liegt im neu eingerichteten Sperrgebiet, da dort die "Amerikanische Faulbrut", eine Bienenseuche, ausgebrochen ist. (Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)

Auch ausgewachsene Bienen werden durch die Sporen nicht krank. Aber die Ammenbienen übertragen sie im Futtersaft an die Bienenlarven, die sie im Darm einlagern und an ihnen schließlich zugrunde gehen. Das nächste Problem: Bienen sind ordentliche Wesen. Die "Putzbienen" beseitigen die toten Larven und räumen den Stock auf. Leider verteilen sie so die Sporen überall. Im Stock herrscht Aufgabenteilung. Es gibt auch "Räuberbienen". Sie versuchen im Herbst, Honig aus anderen Stöcken zu stehlen, sind sie eingedrungen, stopfen sie sich dort den Honigmagen voll und bringen das Bakterium mit nach Hause. Wird die Erkrankung nicht behandelt, führt sie unweigerlich zum Tod der Insekten.

Eine Behandlung mit Antibiotika scheidet aus. "Zum einen ist es verboten, Bienen damit zu behandeln, zum anderen brächte es nichts", erläutert Stefferl. Denn das Arzneimittel töte die Sporen nicht ab.

Dennoch: Nicht immer müssen die Tiere mit Schwefel getötet werden. "Man versucht schon zu retten, was zu retten ist", sagt sie. Manchmal ist es möglich, befallene Stöcke auch zu sanieren. Das Bienenvolk muss dann in Quarantäne. "Alle Bienen werden von den Waben runtergeschmissen", beschreibt Stefferl das Prozedere. "In einem Schwarmkasten im Keller müssen sie dann drei Tage hungern, bis ihr Darm gereinigt ist." Nicht alle Tiere überleben die Prozedur, rund ein Drittel verhungert. Die Überlebenden entlässt man danach in einen komplett desinfizierten Stock. Es ist laut Stefferl wichtig, dass die Bienen aktiv in den Stock laufen, damit darin nur diejenigen ankommen, die fit sind. "In der Zeit, in der die Bienen im Keller hungern, muss der Imker alles desinfizieren." Und wenn sie "alles" sagt, dann meint sie das auch so: Werkzeuge, Handschuhe, Wachs, jeden Gegenstand, der mit dem Stock in Verbindung steht. Das Wabenwerk wird in der Regel verbrannt. Sanierte Stöcke werden danach eine ganze Weile lang regelmäßig kontrolliert, ehe der Sperrbezirk aufgehoben wird.

Über die richtige Maßnahme darf ohnehin nicht der Imker selbst entscheiden. Das obliegt dem Amtstierarzt. Sein Urteil richtet sich unter anderem nach dem Befallsgrad des Stockes. An diesem Freitag findet für alle betroffenen Imker im Sperrgebiet von 16 Uhr an eine Infoveranstaltung (Habichtweg 1 , Berg) mit dem Fachberater für Imkerei statt.

© SZ vom 09.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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