Religion:Die Bibel in Bildern

Lesezeit: 4 min

"Coole Entdeckung, Noah. Aber doch kein Grund zum Koma-Saufen", kommentiert Frank Krauss dieses Meme zum Buch Genesis 9, 18-28. (Foto: Georgine Treybal)

Frank Krauss übersetzt die Heilige Schrift auf seinem Instagram-Kanal in die Sprache der Memes. Was dem Vikar vom Ammersee als Merkhilfe im Studium diente, erfreut inzwischen mehrere Hundert Follower.

Von Carolin Fries, Herrsching

Zu Noah auf der Arche fällt Frank Krauss spontan ein Bild des lächelnden Papstes Franziskus ein, daneben stellt er ein Bild eines zerzausten Jean-Paul Belmondo mit der Zeile: "Noah, nachdem er den Weinbau entdeckt". Die beiden Bilder postet der Herrschinger Vikar auf Instagram und schreibt dazu: "Coole Entdeckung, Noah." Aber doch kein Grund zum Koma-Saufen?!" 73 Follower drücken dafür auf "Gefällt mir" und schicken Krauss lachende Emojis. Der Nutzer "pfarrerundnerd" schreibt: "Made my morning." Und "pfarrerjohannesherold kommentiert Krauss' bildliche Interpretation der Bibel Stelle aus dem Buch Genesis 9, 18 bis 28: "Die Bibel ist da mal wieder sehr realistisch! Wer gesehen hat, was Noah gesehen hat, kann fast nur noch in den Drogenrausch flüchten."

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Krauss erzählt auf seinem Instagram-Kanal "Wort.in. memes" die Heilige Schrift in selbst konstruierten Bildtexten. Dabei schätzt der 31-Jährige besonders die Doppeldimension aus biblischem Text und einer popkulturellen Referenz. Selfies und Reels umgeht er in der Regel. Lieber überlegt er, mit welcher Filmszene oder welchem bekannten Bild er eine Bibelstelle in einen neuen, ungewohnten Kontext setzen kann. Dabei ist er gerne ein bisschen böse oder ironisch, mindestens augenzwinkernd. "Es muss ein bisschen drüber sein", sagt der Vikar der Drei-Seen-Pfarrgemeinschaft Herrsching-Seefeld-Wörthsee. 581 Menschen folgen seinem Account.

Frank Krauss arbeitet als angehender Pfarrer in der Drei-Seen-Pfarrgemeinde Herrsching-Seefeld-Wörthsee. Vor zwei Monaten wurde er zum ersten Mal Vater. (Foto: Georgine Treybal)

Inhaltlich richtet sich Krauss nach dem ökumenischen Bibelleseplan der Deutschen Bibellesegesellschaft, den er per App auf seinem Handy abruft. Jeden Morgen liest er dort einen kleinen Bibeltext, den er schließlich neu verpackt. "Meme" leitet sich vom griechischen Wort mimema ab, das "etwas Nachgeahmtes" bedeutet. Krauss hat bereits etwa 160 Memes erstellt, meistens morgens am Küchentisch beim Kaffee auf seinem Smartphone. Länger als 20 Minuten brauche er dafür nie. Während er früher lediglich hin und wieder mal seinen Instagram-Kanal bediente, postet er seit Jahresbeginn konsequent täglich ein Bild. Für andere private Beiträge hat er einen separaten Account ins Leben gerufen.

Die Idee entstand während seiner Promotion, Memes dienten als Merkhilfe

Der gebürtige Allgäuer wohnt seit knapp eineinhalb Jahren in Herrsching, wo er als angehender Pfarrer arbeitet. "Die Welt ist schon sehr in Ordnung hier", sagt er über seinen Ausbildungsplatz. Etwa jeder zehnte Gemeindebürger sei evangelisch, jedes Jahr gebe es etwa 50 Konfirmanden; da gäbe es durchaus unattraktivere Pfarrgemeinden. Im vergangenen Oktober hat er seine Freundin geheiratet, Ende November kam die gemeinsame Tochter zur Welt.

Vor seinem Vikariat hat Krauss in München, Göttingen und Oslo Theologie studiert. Die Idee mit den Memes entstand während seiner Promotionszeit: Um sich Bibeltexte inhaltlich besser merken zu können, baute er sich mit Bildern Eselsbrücken. Als er für das Rigorosum den Römerbrief lernen musste und in Memes übersetzte, waren seine Kommilitonen begeistert. "Sie meinten, ich müsse das öffentlich machen", erzählt Krauss. Also teilt der angehende Pfarrer seither seine Ideen zu Bibeltexten.

In der evangelischen Kirche in Herrsching fühlt sich Frank Krauss sehr wohl, "hier ist die Welt noch in Ordnung". (Foto: Georgine Treybal)

Dabei schreibt er G*tt mit Sternchen - aus jüdischer Tradition heraus, aber auch um nicht binär zu formulieren. Seine Schüler - Krauss unterrichtet evangelische Religion an der Inninger Grundschule und am Christoph-Probst-Gymnasium in Gilching- sagen ihm schon mal, das erinnere sie an die Schreibweise von "F*ck". "Dann erkläre ich das einfach", so Krauss. Ernsthafte Kritik habe er für seine satirischen Posts noch nie bekommen, sagt er. "Aber ich habe auch noch nie Jesus zum Thema gemacht", räumt er ein. Die Evangelien habe er einfach noch nicht bearbeitet, "bei meinen Umfragen haben Themen wie die Apokalypse einfach immer Stimmen gekriegt". Mit dem Bibelleseplan werde sich das womöglich bald ändern.

Krauss sagt, seine erste Bibel habe er sich im Alter von zwölf Jahren gewünscht. Er habe die eigene Mythologie kennenlernen wollen. Schon als Kind habe er den Glauben immer als etwas Verbindendes erlebt, "die christliche Botschaft ist etwas total Annehmendes", sagt er und fragt: "Warum haben das so wenige Menschen auf dem Schirm?" Er selbst ordnet seine Erziehung als politisch liberal ein, sich selbst als links-charismatisch. Der Wunsch, Pfarrer zu werden, habe sich erst nach dem Abitur entwickelt, ein Bewusstsein für die evangelische Kirche sei aber immer da gewesen. Krauss liebt es, Gott in der Meditation oder der Natur zu erleben, erzählt er. Er bete täglich mehrmals, meist vor den Hauptmahlzeiten, in der Regel leise und für sich. "Ich stehe für eine große Offenheit und dafür, ein bisschen mit dem von oben zu rechnen."

Die Bibel muss nicht belehren, sie darf auch unterhalten

Darf man sich denn als angehender Pfarrer über die Bibel lustig machen? Krauss zuckt die Schultern. "Die Bibel ist das, wo mein Glaube sich rechtfertigen muss." Was die Heilige Schrift heute noch aussagt, in welchen Passagen sie zeitgemäß oder völlig veraltet ist, fragt sich der 31-Jährige. Und wenn er dann eine Passage aus dem Buch Genesis mit einem witzigen Dialog aus Marc-Uwe Klings "Känguru-Chroniken" verknüpfen kann - "ja, warum denn nicht?" Mitunter kommentiert er seine Memes noch mit Sätzen wie "Das war wild damals in Babel" oder "In dem Fall ist ja noch mal alles gut ausgegangen, Abram...". Jahrhunderte alte Inhalte holt er so in die Gegenwart. "Und wenn die Leute dann darüber reden oder auch einfach nur kurz lachen", dann wäre das schön, sagt Krauss. Die Bibel müsse nicht belehren, sie dürfe auch unterhalten.

Ob er denn jedes Thema aufbereiten würde? Nein, sagt Krauss. Manche Passagen seien einfach zu "zach", wie er meint, andere wiederum gewaltverherrlichend. Römerbrief, Genesis, Apokalypse und Richterbuch hat er schon bearbeitet. Aktuell hält er sich an den ökumenischen Bibelleseplan. Und wenn ihm dazu mal nichts einfällt, zum Beispiel zu Psalmen? Dann gibt es statt Satire einfach mal Wohlgefühl: ein Bild mit einer positiven Text-Botschaft. "Auch schön."

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