Stünde der Blocksberg in Berg am Starnberger See wäre alles klar: Elke Link, die Dritte Bürgermeisterin der Gemeinde, hat nämlich ein sehr ausgefallenes Hobby: Sie sammelt Besen. Da es aber in Berg außer dem Kreuzmöslberg keine größere Erhebung gibt, zumindest keine von der Größe des Brockens im Harz, den man des Nachts umrunden könnte, hat ihre Sammelleidenschaft offensichtlich einen anderen Ursprung: "Ich habe immer schon eine Vorliebe für Eisenwaren- und Haushaltswarengeschäfte gehabt," erzählt sie. An ihnen kann sie nur schwer vorübergehen, egal, wo sie sich gerade auf der Welt aufhält.
Auf ihrem Wohnzimmerboden hat Elke Link Besen aus aller Herren Ländern ausgelegt.
(Foto: Franz Xaver Fuchs)"Ich liebe diese alltäglichen Dinge, die einfach in jeder Region, in jedem Land so ein bisschen anders gemacht werden", erläutert sie. "Die Besen werden unterschiedlich gebunden, mal gibt es sie mit Stock, mal gibt es moderne Versionen davon - aus Vollplastik. Mit Besen lassen sich Oberflächen mit einer gewissen Zärtlichkeit behandeln." Das Kehren hat für die 59-jährige Gemeinderätin der QUH und Kreisrätin der Grünen etwas Meditatives, Sinnliches. Es ist quasi eine rituelle Handlung. Link: "Einfach das Gegenteil von einem Laubbläser."
Dieser Besen stammt aus Kolumbien.
(Foto: Franz Xaver Fuchs)Ein Handbesen aus Japan.
(Foto: Franz Xaver Fuchs)Den Reisigbesen hat Elke Link von Freunden bekommen. Er stammt von Naxos.
(Foto: Franz Xaver Fuchs)"Vielleicht hat mich als Teenager die Ballade vom Zauberlehrling beeinflusst, in der der Besen verzaubert wird und eigene Kräfte entwickelt und erst vom Meister wieder zur Raison gebracht werden muss", überlegt Link. Besen, Besen! Seid's gewesen. . . "Ich glaube nicht, dass die Ballade meine Affinität zu Besen getriggert hat, aber ihr Rhythmus hat etwas von der Gleichförmigkeit des Fegens." Harry-Potter-Fan ist die Literaturübersetzerin Link übrigens auch. Sie hat alle Bücher über den Zauberschüler von Hogwarts gelesen. "Daher stammt meine Faszination für Besen aber nicht. Und auch nicht von Otfried Preußlers kleiner Hexe."
Ihre Faszination begann vielmehr vor gut 25 Jahren, als sie mit ihrer Familie nach Berg gezogen ist. "Da habe ich mir in Aufkirchen einen Besen gekauft, obwohl ich nicht wirklich einen brauchte, aber ihn auf seine eigene Art toll fand." Link mag es auch einfach, wenn man ihren Besen "das Altern ansieht". Fragt man sie, ob sie eine besondere Lust beim Putzen empfindet, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: "Nein!" Bei Elke Link und ihrem Mann Andreas Ammer daheim in Berg ist es auch nicht auffällig sauber. "Ich würde sagen, normal sauber. Aber ich habe keinen Putzfimmel." Und Hausarbeit zählt nicht unbedingt zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. "Ich koche gerne, aber das war's dann schon." Ihre Leidenschaft für Besen hat sie aber dennoch vererbt: an Vincent, den zweijährigen Enkel von ihr und Andreas Ammer.
Auch Vincent, der zweijährige Enkel von Elke Link und Andreas Ammer, liebt Besen: Hier kehrt er mit dem Opa hingebungsvoll die Terrasse der Großeltern.
(Foto: Elke Link)Wer sich im Haus von Link und Ammer umsieht, die beiden Söhne Moritz und Felix leben mit ihren Lebensgefährtinnen in München, dem bleibt eines ganz sicher nicht verborgen: Man ist hier in einen echten Sammlerhaushalt geraten. "Mittlerweile versuche ich das Sammeln ja, wo es geht, einzudämmen. Aber es gelingt uns beiden nicht wirklich gut", sagt Link. Bücher wohin man sieht, Bilder an allen Wänden, Schallplatten - die klassischen Sammelgebiete eben. Bei den Besen ist dies etwas anders: Sie sind als Sammelgegenstand unkonventionell. Die besonders schönen Exemplare lehnen im Esszimmer dekorativ an der Wand, und die weniger empfindlichen haben ihren festen Platz auf der Terrasse in einem Ständer. Bei ihnen allen lohnt der Blick aufs Detail: "Man hat so eine kleine Freude an umwickelten Griffen. Manchmal werden auch noch Pflanzen eingebunden, an denen sich noch die Samen befinden. Die muss man dann erst mal ausschütten, sonst gibt es eine Riesensauerei."
Der Tischbesen mit Kehrschaufel stammt aus Italien.
(Foto: Franz Xaver Fuchs)Der lange Besen kommt aus Indien.
(Foto: Franz Xaver Fuchs)Manchmal macht sich die Sammlerin Elke Link selbst eine Freude und hat einen Besen im Reisegepäck - wie 2015 nach einem Aufenthalt in Georgien.
(Foto: Elke Link)Da ist zum Beispiel der italienische Plastik-Tischbesen mit integriertem Schäufelchen. "Ihn lieb' ich sehr. Er hat vielleicht zwei Euro gekostet, aber ich finde ihn so anrührend." Links Sammelobjekte müssen also nicht unbedingt kostbar sein. "Es sind keine Edelbesen." Das ist nicht ihr Kriterium. Ihr geht es um die Besonderheit des Stücks. "Ich gebe zu, dass ich im Baumarkt ziemlich lange vor der Abteilung mit den kleinen Handbesen stehe." Besen haben für sie etwas haptisch Ansprechendes. Und sie implizieren einen Bewegungsablauf und auch "eine Art Reinigung". Das Kehren ist "so ein einfacher, schöner Akt, für den man obendrein auch keinen Strom braucht." All ihre Sammlerobjekte sind noch in Gebrauch. "Ich benutzte sie nicht wahnsinnig oft, aber ich nutze sie."
Manchmal bekommt sie jetzt auch schon von Verwandten und Freuden Stücke überreicht. Ihre Söhne haben ihr von einer Indienreise einen Besen mitgebracht. Von Freunden hat sie einen Besen aus Japan und von ihrem Mann einen aus Kolumbien. Dafür sei er extra auf einen Markt gefahren, erzählt sie. Am Flughafen allerdings hätten ihn die Kontrolleure den Besenstil abgenommen, weil dieser als Waffe hätte genutzt werden können." Darum hat sie jetzt nur den untere Teil des Mitbringsels. Und ab und zu macht sich Elke Link auch selbst eine Besenfreude.