Gedenkfeier zum 70. Todestag:Die Dollar-Königin von Bernried

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Das Andenken an Wilhelmina Busch-Woods ist in Bernried allgegenwärtig: Im Sommer 2021 enthüllten Astrid Deinhard Olsen und ihr Ehemann Spartacus Olsen eine Statue vor dem Teehaus. (Foto: Nila Thiel)

Was wäre nur aus Bernried geworden ohne Wilhelmina Busch-Woods, millionenschwere Erbin einer Brauerei-Dynastie? 1914 verliebte sich die Deutsch-Amerikanerin in das idyllische Dorf am Starnberger See. Die Gemeinde profitiert noch heute von ihrem Großmut - doch einiges bleibt auch im Dunklen.

Von Sylvia Böhm-Haimerl

Wie kaum eine andere Bürgerin hat die Deutsch-Amerikanerin Wilhelmina Busch-Woods das Dorf Bernried am Starnberger See geprägt. Die kapriziöse Erbin der amerikanischen Brauerei Anheuser-Busch beeindruckte die Bernrieder nicht nur durch ihre imposante Größe von mehr als 1,80 Metern und ihren auffälligen Hüten, die sie stets trug, wenn sie mit ihrer Kutsche von ihrem Wohnsitz auf Schloss Höhenried am Seeufer entlang bis zum Teehaus fuhr. Auch als äußerst versierte Geschäftsfrau und Großgrundbesitzerin prägte und prägt sie das Erscheinungsbild des Dorfes bis heute.

Als sie sich als 16-Jährige während eines Jagdausflugs in das Dorf Bernried verliebte, erwarb sie von 1914 an nach und nach das Gut Höhenried und das riesige Areal des Bernrieder Parks. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1952 gehörten ihr nach Angaben von Robert Zucker, Geschäftsführer der Klinik Höhenried, mehr als 50 Prozent der Grundstücksfläche in der Gemeinde. Als "Erben" dieser Ländereien veranstalten die Klinik Höhenried und der Freundeskreis Bernrieder Park anlässlich ihres 70. Todestages an diesem Mittwoch eine Gedenkfeier. Treffpunkt ist um 18 Uhr die neu sanierte Grabstätte von Wilhelmina Busch-Woods und ihres dritten Ehemanns Seram Woods sowie ihrer Lieblingshündin Peggy auf dem weitläufigen Klinikgelände. Anschließend wird gegen 19 Uhr im Kaminzimmer des Schlosses gefeiert. Dabei können die Besucher viel Wissenswertes über "The last Queen of Bavaria", wie sie von ihren amerikanischen Landsleuten genannt wurde, erfahren.

Große Frau mit Vorliebe für große Hüte: Als erfolgreiche Geschäftsfrau verstand sich Wilhelmina Busch-Woods auch auf den großen Auftritt. (Foto: Georgine Treybal (Repro))
Wilhelmina Busch-Woods war dreimal verheiratet. Sie starb am 23. November 1952. (Foto: Franz Xaver Fuchs (Repro))

Der Uferbereich in Bernried blieb frei von jeglicher Bebauung - das gibt es sonst nirgendwo am Starnberger See

Nach amerikanischem Vorbild hatte Busch-Woods verfügt, dass der Bernrieder Park nach ihrem Tod für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Über die Stiftung Bernrieder Park wird seither der Unterhalt gesichert. Dadurch hat die Millionenerbin erheblich dazu beigetragen, dass der Uferbereich Bernrieds von Bebauung frei blieb - das gibt es sonst in keiner anderen Gemeinde am Starnberger See. Das Schloss Höhenried und das dortige Areal wurden von den Erben Busch-Woods 1955 an die Landesversicherungsanstalt Oberbayern (LVA) verkauft. Geschäftsführer Zucker nimmt die Pflege des "Erbes" ernst und setzte sich jahrelang für die Sanierung der monumentalen Sarkophage aus weißem Marmor ein. Die Planungen waren laut Zucker aufwendig und kompliziert. Denn das Areal gehört der Klinik, die Gräber jedoch der Erbengemeinschaft von Sam Woods. Die Erben standen zwar einer Sanierung grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, wollte sich aber finanziell nicht beteiligen. Insgesamt 60 000 Euro mussten investiert werden, damit die denkmalgeschützte Grabanlage mit Blick zum See nun im neuen Glanz erstrahlt.

Bis heute gibt es kein klares Bild von der mondänen Bernrieder Bürgerin Busch-Woods, die insgesamt dreimal verheiratet war. "Da mischt sich Fiktion mit Wahrnehmung", sagt Zucker. Zwar habe sie den Bernrieder Bürgern ein reiches Erbe hinterlassen, doch Zeitzeugen schildern sie dem Geschäftsführer zufolge auch als abweisende Persönlichkeit, die sich mit ihren Wohltaten nur geschmückt habe. Auch wird ihr beispielsweise nachgesagt, sie habe mit den Nationalsozialisten kollaboriert, damit sie eine Baugenehmigung für ihr Schloss bekam. Denn kurz vor dem Zweiten Weltkrieg 1937 erbaute sie noch das Schloss Höhenried - der letzte Schlossneubau in Bayern - und stattete es mit teuersten Antiquitäten aus. Auch soll ihr erster Ehemann August Scharrer (1880-1932), ein württembergischer Reserveoffizier und Hopfenhändler, durchaus mit den Nationalsozialisten sympathisiert haben; ein Parteibuch hatte er allerdings nicht. 1906 heiratete er Wilhelmina Busch, das dreizehnte Kind der Familie Anheuser-Busch. Mit dem Geld seiner Frau gelang es ihm, in die höchsten Finanzkreise der bayerischen Landeshauptstadt aufzusteigen.

Der Stiftungspark der Wilhelmina-Busch-Woods-Stiftung in Bernried: Die Gemeinde am Starnberger See profitiert bis heute vom Großmut der Millionen-Erbin. (Foto: Peter Widmann/imago images)

Das Ehepaar Busch-Scharrer genoss großes gesellschaftliches Ansehen. Es war seit 1914 Besitzer des Guts Bernried am Starnberger See. Kurz nach der Silberhochzeit 1931 trennte sich das Ehepaar. Wilhelmina heiratete danach noch zweimal: zunächst den Mediziner Carl Borchardt und schließlich den US-Generalkonsul Sam Woods.

Über die politische Einstellung der schillernden Millionärin selbst ist nichts bekannt. Adolf Hitler jedenfalls stand der Deutsch-Amerikanerin laut Zucker nicht gerade wohlwollend gegenüber. Er soll über Busch-Woods, die Hitler weit überragte und zudem im Alter an Gewicht zugelegt hatte, gesagt haben, sie würde aussehen wie ein Ball. Dennoch brauchte er sie. Denn für die Verbreiterung der Straße zum damals neu erbauten "Haus der Kunst" in München wurde ein Anwesen der Brauerei-Erbin benötigt. Geschäftstüchtig wie sie war, erzielte sie nicht nur einen guten Preis für ihre Münchner Immobilie: Sie ließ sich darüber hinaus zusichern, dass sie im Landschaftsschutzgebiet in Höhenried einen Ersatzbau errichten durfte. So entstand zwischen 1937 und 1939 ihr "Traumschloss" mit eigenem Bootshaus für ihre 21 Meter lange Privat-Yacht. Sie ließ im Park exotische Bäume pflanzen und terrassenartige Weiher anlegen, die heute zum Areal des Buchheim Museums gehören. Nicht zuletzt, um der Teilenteignung als Großgrundbesitzerin nach dem Krieg zu entgehen, brachte sie den etwa 80 Hektar großen Bernrieder Park in eine Stiftung ein.

Auch ihre opulenten Feste, die sie regelmäßig auf dem Schloss veranstaltete und zu denen sie später hochrangige Politiker wie Bundeskanzler Konrad Adenauer, Bundespräsident Theodor Heuss oder den Initiator des Marshall-Plans, den US-amerikanischen Fünf-Sterne-General und Verteidigungsminister George Marshall, einlud, blieben bis heute in Erinnerung. Wesentlichen Anteil daran hatte sicherlich auch ihr letzter Ehemann, Generalkonsul Sam Woods, der im Zweiten Weltkrieg angeblich amerikanischer Spionagechef für Europa war. Doch das ist laut Zucker nicht bewiesen. Über die genaue Todesursache der Millionärin ist ebenfalls nichts bekannt und so blieb das Leben Busch-Woods über ihren Tod hinaus widersprüchlich. "Geschichten gibt es viel mehr als das, was nachvollziehbar ist", sagt Zucker.

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