Bernried:Vom Reiseführer zum Roman

Bernried, Christa Phillip

Ihr Südafrika-Reiseführer gilt inzwischen als Klassiker: Autorin Christine Philipp.

(Foto: Georgine Treybal)

Die vielseite Autorin Christine Philipp aus Bernried

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Angefangen hat alles mit einer Annonce in der SZ. "Suche Reiseautorin", stand dort, und Christine Philipp meldete sich sofort, weil sie bereits 1984 während ihres Studiums Geschichten rund ums Motorradfahren geschrieben hatte. Ihre Bewerbung enthielt nur wenige Sätze. Sie sei sehr an dem Job interessiert, teilte sie mit, und sie schreibe gerne.

Christine Philipp bekam den Job, vor allem deshalb, weil sie sich so kurz und bündig ausdrücken konnte. Von da an gab Philipp ihre Arbeit als Diplom-Ingenieurin für Drucktechnik bei einem Verlag auf und reiste nach Südafrika. Das war in den Neunzigerjahren.

Mit dem beruflichen Richtungswechsel legte sie auch den Grundstein für ihre Arbeit als Buchautorin und Verlegerin. Neben Reiseführern und Bildbänden schrieb sie Krimis und Romane. "Der Krieg sitzt mit am Mittagstisch" heißt ihr jüngstes Werk, das schon wenige Monate nach seinem Erscheinen sehr erfolgreich ist. Gleichzeitig erschien ihr Roman "Der Wunsch" auf Französisch. "Le Voeu" werde in Frankreich ebenfalls gut verkauft, sagt sie.

Christine Philipp aus Bernried wirkt ruhig und bescheiden. Über ihre Erfolge zu reden, ist nicht ihre Sache. Stattdessen redet sie in ihrem Wohnzimmer mit Blick auf Büsche und Bäume in sattem Grün lieber vom Schutz der Natur und der großen Verantwortung, die jeder Bürger hat, um diese schöne Landschaft und die Dorfgemeinschaft zu erhalten. Dafür engagiert sie sich, als Gemeinderätin, aber auch in ehrenamtlichem Engagement für ein Energie-Gesamtkonzept, für Kunst und Kultur sowie im Helferkreis für Asylbewerber.

Philipp hat sich schon immer für andere eingesetzt, nicht nur in Bernried, sondern auch bei ihrer Arbeit als Reisejournalistin und Verlegerin für das jeweilige Land, das sie gerade bereiste. Mitte der Neunzigerjahre gründete sie beispielsweise einen Verein, der die Alphabetisierung der schwarzen Bevölkerung in Südafrika unterstützte. "Ich habe viel über die Menschen dort gelernt", sagt sie. Damals habe sie dafür geworben, dass die Menschen lesen und schreiben können müssen, um überhaupt wählen zu können. Für das Projekt ist sie im deutschsprachigen Raum in Europa herumgereist, um Sponsoren zu gewinnen. Später entstanden Bildbände über Südafrika und Namibia, die sie zusammen mit einem bekannten Fotografen produziert hat. Vor zehn Jahren schrieb sie einen Südafrika-Führer für Individualreisende, der 2010 vom Internationalen Tourismusverband als bester Reiseführer ausgezeichnet wurde. Unterdessen ist das Buch mehr als 100 000 Mal verkauft worden und gilt noch heute - sie hat es gerade für die zehnte Auflage überarbeitet - als Standardwerk im deutschsprachigen Raum.

Den Text für ihre Bücher schreibt Philipp am liebsten mit der Hand. Damit stelle sie eine Beziehung her zwischen ihren Gedanken und dem Schreiben, sagt sie dazu. Sie schreibe quasi "vom Herzen in die Hand aufs Papier". Immer versucht sie, sich in die Seele eines Landes und in die Mentalität der Bevölkerung zu versetzen, wie etwa bei dem Krimi "Löwenanteil", bei dem drei Menschen angeblich von Löwen getötet werden. Es stellt sich dann aber heraus, dass es sich um Morde handelt. Und bei dem Bali-Krimi "Shivas zweites Gesicht" beschäftigt sie sich mit der tief in der Bevölkerung verwurzelten Angst vor Dämonen.

Im jüngsten Buch "Der Krieg sitzt mit am Mittagstisch" hat Philipp ihre eigenen Kindheitserfahrungen aufgearbeitet. Es sind die Kriegserlebnisse ihres Vaters, über die er stets während des gemeinsamen Essens berichtete. "Ich wollte schon immer darüber schreiben, dass uns die Traumata der Eltern mehr beeinflussen, als wir denken."

Das Buch ist in Briefform gehalten. Zusammen mit ihrer Freundin, einer russischen Jüdin, hat sie jeweils sechs Briefe verfasst. "Es war ein Prozess, wir waren hinterher wie erlöst." Da das Buch "auf unglaubliche Resonanz" bei Menschen gestoßen sei, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten, will Philipp nun Schreibseminare anbieten. "Damit sich die Leute ihren Kummer von der Seele schreiben können", wie sie erklärt.

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