Süddeutsche Zeitung

Bernrieder Sommerkeller:Neuer Ärger ums alte Gemäuer

SPD und Grüne mahnen Nutzungskonzept an

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

In Sachen Sommerkeller Bernried bekommt die SPD jetzt Verstärkung von der Fraktion BL/Grüne. Seit die Gemeinde vor zehn Jahren mit dem Ausbau des historischen Bierkellers begonnen hatte, stimmt die SPD gegen jeden Beschluss zum Investitionsprogramm und zu den Auftragsvergaben. Sie begründete ihre ablehnende Haltung stets damit, dass weder eine Wirtschaftlichkeitsberechnung noch eine Kosten-Nutzen-Analyse vorliege. Nach einer heftigen Debatte wurden in der jüngsten Gemeinderatssitzung nun die Auftragsvergaben zum Einbau von Trennwänden in den Sanitäranlagen (etwa 8000 Euro), der Spiegel (etwa 6500 Euro) sowie für die Maler- und Lackiererarbeiten (knapp 55 000 Euro) gegen drei Stimmen von SPD und BL/Grünen beschlossen.

Den teilweise leidenschaftlich geführten Schlagabtausch stieß Anna-Maria Groß (SPD) an, die wieder aufs fehlende Nutzungskonzept zu sprechen kam. Franz Eder (BL/Grüne) gab ihr Recht. Vor dem Hintergrund, dass heuer zwei Millionen Euro für den Sommerkeller im Haushalt eingestellt sind und 2021 weitere zwei Millionen, monierte er: "Wir können erst beschließen, wenn wir wissen, was daraus werden soll." Laut Wolfgang Mutter (FDP) ist es jetzt aber zu spät für diese Diskussion. Vor zehn Jahren sei eine Entscheidung getroffen worden. Es sei kontraproduktiv, wenn stets aufs Neue eine Grundsatzdebatte geführt werde, sagte er. Roland Seidl (BLB) versuchte zu schlichten. Über die künftige Nutzung sollte in Ruhe diskutiert werden, notfalls mit Unterstützung eines Fachmanns als Mediator, schlug er vor. Auch Bürgermeister Georg Malterer appellierte ans Gremium: "Wir sind nur wenige Zentimeter vor der Fertigstellung." Auf der Zielgeraden sollte man nicht ausgerechnet auf Toilettentrennwände verzichten.

In den Baupausen war der historische Bierkeller bereits in den vergangenen Jahren für Veranstaltungen genutzt worden, etwa für die jährliche Kunstausstellung, für Konzerte, Versammlungen oder private Feiern. In Corona-Zeiten tagt auch der Gemeinderat in dem Tonnengewölbe. Aktuell gibt es laut Malterer neue Interessenten. Der Rathauschef rief deshalb das Gremium auf, ein "selbsttragendes Konzept" zu entwickeln. Jetzt sei der Zeitpunkt dafür gekommen, Bei den Haushaltsberatungen im März hatte der langjährige SPD-Gemeinderat Walter Westermeier noch den Antrag gestellt, die Investitionen in Zeiten der Pandemie zurückzustellen. Der Vorstoß war mehrheitlich abgelehnt worden.

In dem denkmalgeschützten Sommerkeller waren schon vor 100 Jahren Feste mit bis zu 1200 Gästen gefeiert worden. Als das moderne Rathaus gebaut wurde, das auf dem Keller steht, war zunächst kein Ausbau geplant. Doch vor zehn Jahren beschloss Bernried, das wunderschöne alte Gemäuer öffentlich zugänglich zu machen. Für den geplanten Verbindungsbau wurde ein Konzept erstellt. Dort sollen Gemeindebücherei, Tourismusbüro und Poststelle einziehen. Ein barrierefreier Eingangsbereich aus Glas soll vom alten Dorf aus die Sicht auf die drei Tonnengewölbe ermöglichen. Viel Geld musste zudem in den Brandschutz investiert werden. Bis auf den Innenausbau sind die Neubauten weitgehend abgeschlossen. "Ich freue mich darauf, dass wir das jetzt nutzen können", sagte Malterer.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4958550
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 07.07.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.