Bernried:Out of Africa

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Lantey Lankai (li.) und Jack Wonya (re.) begleiteten den Singer-Songwriter Adjiri Odametey im Bernrieder Kloster dezent, aber wirkungsvoll. (Foto: Arlet Ulfers)

Adjiri Odameteys Songs werden oft als Weltmusik etikettiert - dabei wurzeln sie in der Tradition seiner Heimat Ghana. Diese Authentizität zieht im Bernrieder Kloster alle in den Bann

Von Armin Greune, Bernried

Gleich vorweg eine Warnung: Adjiri Odameteys Musik kann süchtig machen. Das warme Timbre seiner nuancenreichen Stimme mit subtil rauchiger Note schlägt Zuhörer unweigerlich in den Bann. Sein präzises swingendes Fingerspiel auf den diversesten Saiten fasziniert das Publikum, und die komplexen, polyrhythmischen Percussions-Stücke reißen es von den Sitzen. Und so waren wohl auch fast alle der rund 40 Zuhörer beim Auftritt im Kloster Bernried am Sonntagabend Wiederholungstäter. Odametey war dort nach 2008 und 2016 bereits zum dritten Mal zu Gast, und sein Konzert ließ auch diesmal eigentlich keinen Wunsch offen. Nur ein Besucher vermisste schmerzlich das Balafon: Das Trio hatte das nordghanische Kalebassen-Xylophon gar nicht erst mitgebracht.

Vielleicht hätte es auch gar keinen Platz mehr auf der Bühne gefunden, wo sich schon Kpanlogo-Trommeln, Basstrommel und Talking Drum, aber auch Bongos, Congas, westliches Schlagzeug und die ursprünglich aus Peru stammenden Cajons drängten. Dazu Gitarren, die kompakten Daumenklaviere wie die Mbira aus Zimbabwe, die dem afrikanischen Glauben nach der Seelen der Vorfahren Stimme verleiht. Und natürlich die Kora, "eine Art Harfe", wie Odametey sagte, deren Resonanzkorpus aus einer mit Kuhfell bespannten Kalebasse besteht. Seine meisterhafte Virtuosität an diesem Instrument bewies er unter anderem solistisch mit dem melodiösen Instrumental "Ekonklo": Es erschien magisch, was für ein feiner, dichter Klangteppich sich mit Daumen und zwei Fingern auf den 21 Saiten weben lässt, die nur aus profanen Angelschnüren bestehen.

Das Programm bestand vor allem aus dem gleichnamigen Album, das im Mai erscheint. Es enthält wieder tief berührende, melancholische Balladen aus der eigenen Feder, aber auch beschwingte Afrobeat-Songs und "Power-Drumming", wie es Odametey nennt. In Bernried wurde er dezent, aber wirkungsvoll von seinen Mitmusikern Jack Wonya und Lantey Lankai an Trommeln und Mikrofonen unterstützt.

"Ekonklo" stehe in seiner Muttersprache Ba für "die andere Seite der Welt". Tatsächlich fühlte man sich im Konzert oft in einen weit entfernten Kulturkreis versetzt - was in reizvollem Kontrast zum mit Kronleuchtern und Stuckdecke verzierten Barocksaal des Klosters stand, selbst wenn sich dort auch zwei Löwen im bayerischen Staatswappen finden. Erstaunlich, dass Odameteys Musik geläufig in die universelle Schublade "Weltmusik" gesteckt oder mit dem Modebegriff "Crossover" belegt wird. Denn obwohl Einflüsse von Blues und Rock - wie etwa in "Sakasaka" - oft latent zu spüren sind, wurzeln seine Kompositionen tief in der musikalischen Tradition seiner Heimat - was zumindest in westlichen Ohren einen Eindruck von ungebrochener Authentizität hinterlässt.

Odametey, vor 57 Jahren in Accra geboren, hat dort traditionelle Musik im Arts Council of Ghana studiert. Er spielte unter anderem im Pan African Orchestra, dessen Debütalbum "Opus 1" auf Peter Gabriels Label Realworld erschien, und gewann Preise wie den "Ecrag Award" als "Talent of the year". Von 1993 an trat der Singer-Songwriter und Multiinstrumentalist vorwiegend in Europa auf. Seit einem Vierteljahrhundert lebt er im Münchner Raum, kehrt aber wie ein Zugvogel regelmäßig nach Westafrika zurück, wo er für seine Songs, die Geschichten und Rituale aus der Heimat wiedergeben, Inspiration findet. Eine Quelle dafür sei auch seine Religion, so Odametey. Und so passte dieses famose Konzert dann doch irgendwie in ein Kloster der Missions-Benediktinerinnen.

© SZ vom 10.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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