Süddeutsche Zeitung

Bernried:Osterhasen aus dem Automaten

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Der Bernrieder Chocolatier Franz Clement bietet seine Spezialitäten nun in einem Schokoladen-Apparat an

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Sie haben wohlklingende Namen, wie "Bolivia Kao" oder "Aperol-Gelee" und sind verziert mit Glitzer, Nüssen oder Bio-Blütenblättern aus Südtirol: die Schokoladentafeln und Pralinen der Manufaktur "Clement Chococult" in Bernried. Die Schoko-Manufaktur gehört zu den systemrelevanten Betrieben. Die Öffnungszeiten sind jedoch auf wenige Stunden am Tag begrenzt, da die restliche Zeit für Herstellung und Verpackung der aufwendig hergestellten Schokowerke benötigt wird. Vor Weihnachten bildeten sich lange Schlangen vor dem Laden im Bernrieder Bahnhof. Dort konnte man auch während des Lockdowns Geschenke kaufen.

Dennoch brach das Geschäft ein. Die Aufträge der Wiederverkäufer blieben aus, und die Kunden wussten nicht, dass die Münchener Filiale als einziger Laden am Rindermarkt geöffnet hatte. Kurzerhand ließ Inhaber Franz Clement einen Schoko-Maten in Bernried aufstellen. "Herbert" heißt er und ist mit seiner signalroten Farbe schon von weitem vor dem Bahnhofsgebäude zu sehen. Von den 700 Pendlern, die jeden Tag mit dem Zug zur Arbeit fahren, werde "Herbert" gut angenommen, freut sich Clement. "Die Leute kommen vom Zug und ziehen sich abends noch was aus dem Automaten", hat der Konditormeister beobachtet. Diesen Automatentypus gibt es auch vor Bauernhöfen für Fleisch und Eier. Ein mit Schokolade und Pralinen bestücktes Angebot allerdings fehlte bislang. Das Neue an "Herbert" ist auch, dass kontaktloses Bezahlen mit EC-Karte möglich ist und er über Touch-Screen zu bedienen ist. Am Display kann man Informationen über jede einzelne Praline einholen. Es wird ausführlich beschrieben, aus welcher Schokoladenart sie hergestellt ist oder welche Inhaltsstoffe beigefügt wurden. Als zusätzlichen Service hat Clement eine Temperaturanzeige installiert, damit die Kunden sehen, dass die hochwertigen Produkte richtig gelagert werden. Bei 18 Grad und 40 Prozent Luftfeuchtigkeit halten sich die Köstlichkeiten am besten.

Clement hatte zunächst einen Betrieb in Tutzing. Im Jahr 2010 zog er um in das historische Bahnhofsgebäude nach Bernried, und 2014 stiegen die beiden Söhne Sebastian und Max in das Unternehmen ein. "Sie haben beide Sinn für gute Lebensmittel", lobt der Seniorchef. Blickfang der Manufaktur ist die große Glaswand auf der Bahnsteigseite, durch die Bahnreisende die Arbeit der Chocolatiers beobachten können. Gerade ist die Produktion für Ostern angelaufen. Die Schoko-Tafeln sind verziert mit selbst hergestellten Ostereiern aus Zucker und Marzipan, die Osterhasen sind besprüht mit rosa oder lindgrüner Lebensmittelfarbe. Es werden nur beste Zutaten verwendet. "Der Rohstoff darf nicht irgendwo herkommen", betont der Konditormeister, der schon drei Mal bei den Internationalen Chocolate Awards mit der Goldmedaille ausgezeichnet wurde. Die Rohschokolade bezieht Clement von einem Schweizer Unternehmen, das mit den Bauern vor Ort zusammenarbeite und faire Preise bezahle. Dort wird die Kuvertüre laut Clement bis zu 72 Stunden conchiert, während dies bei industriell hergestellter Schokolade lediglich sechs Stunden der Fall sei. Je nach Anbaugebiet schmecke jede Schokolade anders, entweder vollmundig und rund oder rauchig.

In der Manufaktur wird die Schokolade anschließend veredelt. Neue Pralinensorten werden im Team entwickelt und immer wieder probiert, bevor sie auf den Markt kommen. Clement hat zehn Mitarbeiter. Sie produzieren derzeit 40 verschiedene Pralinenarten und 45 Sorten Tafelschokolade.

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Quelle:
SZ vom 18.03.2021
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