Mit Abstand betrachtet sieht die Installation der Berger Künstlerin Cornelia Hesse aus wie ein Himmel mit vielen kleinen Kumuluswolken, die indirekt von der Sonne beleuchtet werden. Die Gebilde bestehen aus Luftpolsterfolie, auf der ein Muster aus Samenkapseln zu sehen ist, das im Siebdruckverfahren aufgebracht wurde. Die Installation soll auf den großen Verbrauch von Plastik hinweisen, das ausschließlich als Verpackungsmaterial verwendet und anschließend im Müll entsorgt wird. Wer indes nachwachsenden Rohstoff aus Samenkapseln für die Verpackung verwendet, handelt nachhaltig, denn die Samen können immer wieder verwendet werden. Hesse verwendet das nicht verrottbare Plastik weiter – Müll wird zur Kunst.
„Dieses Material ist charmant und robust, schön und transparent glitzernd“, sagt Hesse und deutet auf die glitzernden Wolken, die vor den historischen Tuffsteinen im Bernrieder Sommerkeller bestens zur Geltung kommen. Zumal die Künstlerin noch das Triptychon „Walk on air“ dahinter angebracht hat, auf dem atmosphärisch leuchtende Farben zu sehen sind. Cornelia Hesse ist promovierte Juristin. Nach der Geburt ihres Kindes hat sie die Elternzeit genutzt, um ihr Leben komplett umzukrempeln. Sie gab ihren sicheren Beruf als Richterin auf und sattelte um auf die Kunst.
Die Quereinsteigerin findet, dass die beiden Berufe durchaus Gemeinsamkeiten haben. Als Richterin habe sie stets Vergleiche angestrebt, weil sie überzeugt ist, dass die Parteien dann die Lösung selbst in der Hand haben. Auch die Kunst zeige nach ihrer Ansicht, dass der Mensch selbst seines Glückes Schmied sei, sagt sie. Hesse ist eine von insgesamt 42 Künstlern, deren Werke von diesem Sonntag an bis zum Feiertag Mariä Himmelfahrt am 15. August in der Bernrieder Kunstausstellung zu sehen sind. Sie findet dieses Jahr zum 48. Mal statt und wird am Sonntag um 11.30 Uhr im Klosterhof eröffnet.
Die Besonderheit der Ausstellung ist, dass die Exponate diesmal an unterschiedlichen Standorten präsentiert werden. Im Klosterhof werden Skulpturen präsentiert, im Torbogengebäude hauptsächlich Aquarelle und im Salettl des Gasthofs „Drei Rosen“ kleinere Werke. Im historischen Tonnengewölbe des denkmalgeschützten, ehemaligen Bierkellers wird auf einer Fläche von mehr als 800 Quadratmetern großformatige Acryl- und Ölmalerei präsentiert sowie Installationen und Skulpturen, etwa die Keramik des italienischen Bildhauers Enzo Arduini aus München, die Kunstwerke von Ingrid Sidow-Sum aus Pöcking oder die Kunstnerz-Installation von Thomas Barnstein.
Jasmin Tuschl aus Fischbachau widmet sich in ihrer Arbeit dem Thema Demenz. Ihre Spitzenmuster auf handgeschnittenem Japanpapier weisen von Bild zu Bild mehr Lücken auf. Julia Compagnon aus Bernried hat sich das zerstörte Rathausfenster als Hintergrund für ihr Kunstwerk ausgesucht, auf dem sie Back-Light-Folie für Leuchtreklame anbringt. Die gelernte Grafikerin ist ebenso wie Ingrid Klemm-Beyer, die ebenfalls ausstellt, Mitglied der Hängekommission.
Während der letzten Vorbereitungen treffen Isabell Zapp, Barbara Werr und Thomas Flakus vom Buchheim-Museum ein. Das Museum beteiligt sich seit acht Jahren an der Ausstellung. Nun sollen Werke von Künstlern ausgewählt werden, die im Untergeschoss des Museums präsentiert werden. In dem 150 Quadratmeter großen Raum ist nicht viel Platz. Man könne leider nicht alle 42 Künstler ausstellen, sagt Flakus. Er wolle aber, dass die Exponate im Museum breit gestreut sind und einheimische Künstlern ebenso vertreten sind wie welche von außerhalb.
Klemm-Beyer empfiehlt als Hauptinitiatorin der Kunstausstellung ein Werk eines Gastkünstlers aus Ulm, Ulf König. Vor den Skylines von New York, Dubai und Shanghai ist jeweils eine Art Holzgerüst installiert. Diese Bilder könnten nach Meinung von Klemm-Beyer als Überleitung von der Malerei an den Wänden zu den Skulpturen in der Mitte dienen. Begeistert sind die Museumsvertreter auch von dem Bild „bis Gras drüber wächst“ von Klaus Maschanka. Er verbindet grafische Elemente mit einer realistischen Naturdarstellung von See und Wald, in die er als witziges Element einen Wohnwagen gestellt hat.
„Es ist für jeden Geschmack etwas dabei“
Es ist Tradition in Bernried, dass bei den einheimischen Künstlern kein Unterschied gemacht wird zwischen akademischen Malern und Laien. Doch von Jahr zu Jahr kommen immer mehr hochrangige, überregionale Künstler aus dem In- und Ausland dazu. „Die Ausstellung ist vielfältig, es ist für jeden Geschmack etwas dabei“, erklärt Klemm-Beyer. Die Ausstellung ist jeweils am Wochenende von 10 bis 19 Uhr geöffnet und werktags von 14 bis 17 Uhr. Die Werke im Buchheim-Museum sind bis Ende September zu sehen. Dazu gibt es ein Rahmenprogramm.
Der Bernrieder Kunstspaziergang bleibt ebenso ein Teil der Ausstellung wie das Workshop-Angebot. Der Workshop „Aquarell-Sommerblumen“ mit Babette Rafael Romani findet am kommenden Dienstag, 30. Juli, im Sommerkeller statt, und am Donnerstag, 1. August, gibt es einen Zeichenkurs mit Stefanie Aufmuth. Weitere Angebote: Pastellmalerei am 10. August im Torbogengebäude, Hinterglasmalerei am 13. August.