Süddeutsche Zeitung

Kunstausstellung in Bernried:Kultur im Keller

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Seit gut 45 Jahren gibt es eine viel beachtete Kunstplattform am Starnberger See, bei der die Besucher freilich keinen Unterschied machen zwischen den Werken akademischer Maler oder Laien.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Es sieht aus wie ein überdimensioniertes Geschicklichkeitsspiel aus Holz. Zwei Objekte sind ineinander verdreht und verwoben. Der Betrachter überlegt sich, wie man die Teile auseinandernehmen kann. Doch das ist nicht möglich, denn das Kunstobjekt ist aus einem Stamm geschnitten. "Nimm was geht" heißt das Kunstobjekt von dem Feldafinger Bildhauer Johannes Hofbauer, das im Bernrieder Sommerkeller aufgebaut ist. Auch andere Skulpturen sind schon aufgestellt, am Sonntag, 30. Juli, beginnt die jährliche Kunstausstellung. Die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren.

Etwa 350 Kunstwerke sind nach Angaben von Hauptorganisatorin Ingrid Klemm-Beyer bereits angeliefert. Zwei Tage lang wird sie die Hängekommission sichten und auswählen. Am Ende bleiben etwa 200 Werke im Sommerkeller, 30 im Torbogengebäude und 15 im Salettl des Landgasthauses "Drei Rosen" übrig. Noch sind die Bilder formlos aufgereiht und lehnen an der Wand. Die Kuratorinnen des Buchheim-Museums, Julia Behrend und Claudia Lamas, betrachten sie hochkonzentriert, um Werke für ihre Einrichtung auszuwählen. Denn seit sechs Jahren beteiligt sich auch das Museum an der Ausstellung.

Die Kreationen der Papierkünstlerin Anna Maria Bellmann aus Holzhausen werden dabei sein. Sie sind rein-weiß. Doch durch die Schnitttechnik der Künstlerin wird das Werk dreidimensional und lässt es lebendig erscheinen. Unter den 20 Werken sind auch Bilder der Malerin Britta Göckeritz aus Münsing. Ihr Motiv ist das Münsinger Ochsenrennen. Den Kuratorinnen gefällt die Heimatverbundenheit, die diese Werke ausstrahlen. Auch ein Landschaftsbild ist dabei, das laut Lamas mit seinen lilablauen Bergen expressionistisch angehaucht ist. Der Bernrieder Künstler Gerd Eisenblätter wird ebenfalls ausgewählt. Seine Werke waren in den vergangenen Jahren schon mehrmals im Museum zu sehen. "Uns interessiert seine Weiterentwicklung", erklärt Lamas vor dem Hintergrund, dass der Künstler erstmals Formen und keine Landschaften gemalt hat. Für seine neuen Motive baue er zunächst Modelle aus farbigem Papier, erklärt er. Dann male er das Modell.

In den Sommerkeller trägt der Bildhauer Klemens Pasoldt große Skulpturen, die jeweils aus zwei Teilen bestehen. Wie der Schweizer aus Winterthur verrät, interessieren ihn insbesondere die Gegensätze, die die Menschen in sich tragen und die an ihnen zerren. Meist stellt er Paare dar, die sich gegenüberstehen mit einer Kreuzsituation als Mittelpunkt - wie etwa das Werk mit dem Titel "Kleopatra und Caesar" und dem Untertitel "alles für den Gewinner".

Kleopatra ist laut Pasoldt die Aufnehmende. Die Skulptur hat eine grüne, trichterförmige Öffnung, die aus kleinteiligem, gespaltenen Bauholz gefertigt ist. Das Gegenstück, das der Bildhauer aus dem Trichter herausgeschnitten und etwa einen Meter neben Kleopatra platziert hat, soll Caesar darstellen. Das massive Eichenholz ist mit Stahl ummantelt und hat Ähnlichkeit mit einer Bombe. Das weise auf die brutale Territorialmacht des römischen Heeres hin, sagt Pasoldt.

Vor etwa 45 Jahren wurde die Bernrieder Kunstausstellung ins Leben gerufen mit dem Ziel, Künstlern aus der Gemeinde eine Plattform zu bieten. Bei den Einheimischen wird kein Unterschied gemacht zwischen akademischen Malern oder Laien. Doch von Jahr zu Jahr gewinnt die Ausstellung an Qualität, weil immer mehr hochrangige Künstler angezogen werden. Dies liegt insbesondere daran, dass der Sommerkeller einen besonders würdigen Rahmen für die Kunstwerke bildet. Die historischen Ziegelwände des ehemaligen Bierkellers bringen die Farben zum Leuchten, und die etwa 2000 Quadratmeter großen Tonnengewölbe schaffen besondere Sichtachsen und Blickwinkel für Kunstobjekte und Skulpturen.

Auch ist es reizvoll, von einem Standort zum nächsten zu wechseln. Der Weg führt vom Sommerkeller zum Salettl im Biergarten des Gasthofs "Drei Rosen" und weiter zur Torbogenhalle im idyllischen Klosterhof. In Coronazeiten waren die Exponate auf Bannern an die Hausfassaden im Dorf gehängt worden. Dieser Bernrieder Kunstspaziergang zieht sich heute noch vom Bahnhof bis zum Yachthafen. Wer will, kann weitergehen bis zum Buchheim-Museum, das die ausgewählten Werke bis zum 15. September zeigt.

Die Bernrieder Kunstausstellung ist bis Dienstag, 15. August, zu sehen. Sie wird am Sonntag, 30. Juli, um 11.30 Uhr, im Klosterhof eröffnet.

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