Süddeutsche Zeitung

Bernried:Alte Kirche in neuem Glanz

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Die Renovierung der einstigen Klosterkirche der Augustiner Chorherren ist weitgehend abgeschlossen. Das prächtige Haus wird am 26. November mit einem Gottesdienst und Konzert eingeweiht.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Zweieinhalb Jahre lang war die Bernrieder Pfarrkirche Sankt Martin für die Gläubigen verschlossen. Innenraum und Kunstschätze, Chorgestühl und Altarräume wurden in dieser Zeit aufwendig saniert und die Elektrik komplett erneuert. Nun sind die Arbeiten in der 1663 erbauten einstigen Klosterkirche der Augustiner Chorherren weitgehend abgeschlossen: Am Sonntag, 26. November, wird das barocke Kleinod um 10.15 Uhr von Weihbischof Florian Wörner im Rahmen eines Festgottesdienstes wiedereröffnet. Auch die Orgel wurde generalüberholt; Besucher können sich bei einem Orgelkonzert am Nachmittag um 17 Uhr vom neuen Klang überzeugen.

Pfarrer Bernd Reithemann, Kirchenpfleger Bernd Schulz und Mesner Helmut Schindler sind sichtlich erleichtert. Eigentlich hätten die Sanierungsarbeiten erst Ende des Jahres abgeschlossen sein sollen. Aber die Handwerker wurden schon Wochen vor dem ursprünglich angepeilten Termin fertig.

Das 33 Meter lange und 13,5 Meter breite Kirchenschiff war heruntergekommen. Zu lange war in der deutschlandweit bekannten und beliebten Hochzeitskirche nichts mehr gemacht worden, weil das Geld fehlte. Als vor etwa zehn Jahren Stuckteile von der Decke herabfielen - Gott sei Dank wurden keine Personen verletzt, weil sich gerade niemand in der Kirche befand - wurden die Schäden an der Decke zwar behoben, doch das war es dann auch schon.

Schon zuvor war mehr als 20 Jahre lang um finanzielle Unterstützung gerungen worden. Es wurden Spenden gesammelt und Sanierungskonzepte ausgearbeitet, bis es im Juni 2021 endlich losging. Laut damaliger Auskunft des Staatlichen Bauamts Weilheim, das Planung und Ausführung federführend organisierte, sollte die Sanierung insgesamt etwa 4,1 Millionen Euro kosten.

Rund 3,14 Millionen Euro davon wurden an staatlichen Mitteln zugesagt. Hinzu kamen die Eigenmittel der Pfarrei. Doch zusammen mit der Sanierung der Altäre und der Generalüberholung der Orgel wurden knapp 1,5 Millionen Euro veranschlagt. Mit Unterstützung von Kirche, Gemeinde und Sponsoren gelang es, auch diese finanzielle Hürde zu meistern.

Zusammen mit vielen ehrenamtlichen Helfern wurde die Kirche ausgeräumt. Statuen und Gemälde wurden zwischengelagert, Altäre und Beichtstühle verpackt. Mit den Messbüchern, Messgewändern, Kelchen und Kerzenständern zog man um in die nahe Hofmarkskirche, in der in den vergangenen zweieinhalb Jahren die Messen gefeiert wurden.

Am Steinboden und an den Wänden blühten bereits die Salzkristalle. Kirchenbänke, Chor- und Kommunionsstühle waren stark renovierungsbedürftig, die Elektrik marode. Stufen und Fundamente der Altäre mussten auf ihre Standfestigkeit geprüft und die Empore statisch ertüchtigt werden. Weil die Kirche unter Denkmalschutz steht, konnte nicht einfach drauflos gewerkelt werden, zahlreiche Voruntersuchungen waren notwendig.

Die Fachelektriker und Heizungsbauer etwa konnten nicht einfach Kabel ziehen, wo es angebracht gewesen wäre. Doch jetzt ist alles elektronisch gesteuert: Mesner Schindler kann Heizung und Beleuchtung sogar von seinem Handy aus steuern. Bei den Wänden dachte man zunächst, dass es mit einer Trockenreinigung getan wäre. Doch dann wurden sie mit unterschiedlichen Farbschattierungen gestrichen, um die für den Barock typische Schattenbildung zu betonen.

Nicht nur Handwerker legen derzeit letzte Hand an. Martin Hackl sitzt an der Orgel aus dem Jahr 1913. Vom ursprünglichen Instrument waren nur noch Front und Aufbau sowie einige Pfeifen erhalten geblieben, erklärte der Orgelbauer. Er hat in den vergangenen fünf Monaten jede einzelne der insgesamt 1178 Pfeifen ausgebaut, gereinigt und neu intoniert. Der Spieltisch kam in die Werkstatt und wurde dort sechs Wochen lang überholt. Noch immer wird die Originaltechnik mit pneumatischer Kraftübertragung verwendet. "Das war damals eine Innovation", sagt Hackl, der nun dafür sorgen muss, dass die Einzelteile nach dem Zusammenbau wieder ein großes Ganzes ergeben.

Die Generalüberholung der Orgel kostet etwa 70 000 Euro. Jetzt fehlt noch die Restaurierung von Haupt- und Seitenaltären. Ob der Kostenrahmen daher insgesamt eingehalten werden kann, ist laut Schulz ungewiss, da die Endabrechnungen bislang nicht vorliegen. Auch weiß man nicht, ob noch Geld zur Verfügung stehen wird für einen neuen Volksaltar. Der Gesamteindruck sollte aber nicht nur durch einen Riegel verstellt werden, sagt Pfarrer Reithemann. Er wünscht sich schon lange "etwas Durchlässiges". Den bisherigen Volksaltar könnte man verwenden, um eine Kapelle im Pfarrhaus einzurichten, schlägt er vor.

Die ausgelagerten Gegenstände müssen jetzt wieder in die Kirche zurückgebracht werden. Der gotische Flügelaltar aus dem Jahr 1510 indes hängt bereits und erstrahlt nach der Restaurierung wieder in leuchtenden Farben.

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