Süddeutsche Zeitung

Starnberger See:Die Schwestern verkaufen Kloster Bernried

Die Gemeinde will das Ordenshaus übernehmen und darin eine Grundschule und vielleicht einen Gasthof samt Biergarten unterbringen. Die Nonnen sind erleichtert.

Von Sylvia Böhm-Haimerl

Nach 900 Jahren geht am Starnberger See eine Ära zu Ende. Die Bernrieder Schwestern verkaufen das Kloster an die 2300-Einwohner-Gemeinde - ein Gelände von 30 000 Quadratmetern mit bislang abgeschlossenem Badeplatz. Kita und Grundschule sollen in den alten Mauern unterkommen. Bürgermeister Georg Malterer kann sich auch einen Gasthof im Gewölbe oder einen Biergarten im Innenhof vorstellen. Die verbliebenen 16 Ordensschwestern können weiter im Kloster wohnen, müssen aber umziehen. Sie sind dennoch erleichtert. Die Missionsbenediktinerinnen hatten nach Investoren gesucht - diskret, doch erfolglos. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr hätten sie sonst samt ihres Bildungshauses zusperren müssen.

Den überraschenden Deal haben die Tutzinger Priorin, Schwester Ruth Schönenberger, und Bürgermeister Malterer am Donnerstag im Gemeinderat bekanntgegeben. Ohne Debatte, aber unter dem Beifall von etwa 40 Zuhörern fällte das Gremium alle notwendigen Beschlüsse einstimmig. "Wir standen vor der Entscheidung, entweder das Kloster zu verlieren oder das Kloster für unser Dorf nachhaltig zu sichern", erklärte der Rathauschef. "Das Kloster bleibt weiterhin das Herzstück unseres Klosterdorfes Bernried."

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Es sei noch nicht alles ausgehandelt, der Vertragsabschluss noch "in der Ferne", sagte Schwester Schönenberger. Den Verkauf müssten noch das Generalat in Rom und der Vatikan absegnen. Orden und Bischof seien bereits informiert. Das Kloster habe mit der Nachricht eigentlich noch nicht an die Öffentlichkeit gehen wollen, doch die Gerüchteküche im Dorf habe bereits gebrodelt.

Beide Seiten profitieren von dem Geschäft. Die Missionsbenediktinerinnen, die in der Anlage seit 1972 ein Bildungshaus betreiben, konnten das Geld für den Brandschutz nicht aufbringen. Nach der erfolglosen Suche nach einem Investor planten die Ordensschwestern "schweren Herzens" die Schließung des Klosters und die Abwicklung des Bildungsbetriebs mit seinen 35 Mitarbeitern bis zum Jahresende.

Die Gemeinde suchte dringend nach einem Standort für die Erweiterung von Grundschule und Kinderbetreuung. Da man im Rathaus von den Verkaufswünschen Wind bekam, schlugen Malterer und sein Amtsvorgänger Josef Steigenberger den Ordensschwestern den Erwerb durch die Gemeinde vor. "Es war kurz vor knapp", sagte Schwester Mechthild Hommel. Als die von der Kündigung bedrohten Mitarbeiter am Donnerstag von der Nachricht erfahren hätten, seien sei sehr erleichtert gewesen, sagte die Priorin.

Zwei Drittel der Anlage bleiben Bildungseinrichtung und Wohnbereich für die Schwestern. Der Ostflügel mit Blick über den Kräutergarten zum See soll entkernt und zur Grundschule umgebaut werden. Derzeit sind dort Klosterzellen, Fremdenzimmer und die Kapelle untergebracht, die bestehen bleibt. Für den Umbau erhält die Gemeinde Zuschüsse.

In einem kleineren Gebäude in der weitläufigen Parkanlage, dem so genannten Gartensaal, der derzeit für Seminare sowie als Garage genutzt wird, sollen zwei Kindergartengruppen einziehen und später die Mittagsbetreuung für die Grundschule. Die 24 Kinder sollten ursprünglich in Containern untergebracht werden. Der Bereich soll schon Anfang 2021 fertig sein.

Für den Betrieb des Bildungshauses will die Gemeinde ein Kommunalunternehmen gründen, das auch die Belegung des Sommerkellers übernimmt. So könnten Synergieeffekte entstehen, sagte Malterer. Zum Beispiel könne die Klosterküche auch die Bewirtung im Sommerkeller übernehmen. In den Gewölberäumen neben der Küche könnte später ein Gasthof untergebracht werden. Barocksaal und Klosterbibliothek, die als Gemeindebücherei genutzt wird, sollen auch künftig öffentlich zugänglich bleiben. Die Gemeinde hatte dem Orden schon zuvor Grundstücke abgekauft. Zusammen mit dem geplanten Kauf des Klosters "haben wir einen tollen Grundbesitz am See", sagte Steigenberger.

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SZ vom 19.09.2020
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