Bernried:Hoch hinaus

Dieter Groß in der Galerie Marschall

Vielseitiger Künstler: Dieter Groß und seine Ausstellung "Himmelsleitern und Weiteres" in der Galerie Marschall in Bernried.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dieter Groß zeigt "Himmelsleitern"

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Nach der biblischen Erzählung hat Jakob die Traumvision, wonach Engel auf einer Leiter zwischen Himmel und Erde auf und niedersteigen. Auch der Mensch will bekanntlich hoch hinaus. Doch die Himmelsleiter ist nicht für die Menschen gemacht und dieses Streben nach dem Höher und Weiter nimmt nicht immer ein gutes Ende. Schon vor 200 Jahren schrieb der Schriftsteller und Philosoph Novalis: "Die Leiter, auf der die Menschheit emporgestiegen ist, ist umgefallen. Es gibt kein Zurück." Der Stuttgarter Künstler Dieter Groß hat sich mit der Thematik befasst. "Himmelsleitern und Weiteres" heißt die Ausstellung, die derzeit in der Galerie Marschall in Bernried zu sehen ist.

Dieter Groß ist sehr vielseitig. Er ist nicht nur Künstler, sondern auch Kabarettist und leitet das Stuttgarter Ensemble "Die Pinguine". Seine Karriere begann mit Karikaturen und satirischen Zeichnungen, die schon während seines Studiums an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart veröffentlicht wurden. Später widmete sich Groß, der 1972 zum Professor an die Akademie berufen wurde, auch biblischen Themen. Er schuf beispielsweise einen Kreuzwegzyklus und Bilder zur Passion. Der Bernrieder Pfarrer in Ruhestand, Friedemann Fichtl, kennt Groß seit 20 Jahren. Er hatte ihn auf einer Reise kennengelernt, wo er immer wieder "mit ungeahnter Schnelligkeit mit spitzer Feder treffend, aber auch komisch" in seinen Block zeichnete. "Man kann keine Leiter zum Himmel stellen", erklärte Fichtl bei seiner Einführung zur Ausstellung das Anliegen des Künstlers. Dies beweise schon die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel. Es gehe nur umgekehrt. "Der Himmel kann eine Leiter auf die Erde stellen." Und wie Galeristin Martina Marschall ausführte, könne man nur hoffen, dass die Himmelsleiter von oben heruntergelassen wird, damit man darauf emporklettern könne. Die Idee zur Ausstellung kam Marschall durch das Buch "Die Himmelsleiter". Es enthielt Zeichnungen von dem Künstler.

Auf den ersten Blick wirken diese zwergenhaften Wesen, die ihre Leiter bis zum Mond bauen oder hinauf zu rosaroten Wolken bauen, harmlos. Es sind Artisten in bunten Kostümen, die Saltos schlagen. Doch bei Groß scheitern die Menschen bei dem Versuch, hoch hinaus zu gelangen. Sie haben eine Narrenkappe auf, sie schwanken und stürzen, egal ob sie sich Flügel anlegen, oder auf einer Frau hochkraxeln, die auf ihrem Rücken die Verlängerung einer Leiter trägt. Ob Mann oder Frau, ob Bischof oder gefallener Engel: Über allen thront Gott und beobachtet das Treiben dieser unverzagten Narren. Die Bilder von Groß erzählen laut Marschall von Hoffnung und Scheitern, von Wiederaufbau und Zusammenbruch, vom ewigen "Stirb und Werde", von Hybris und Demut.

Neben den Himmelsleitern - es sind vorwiegend Aquarelle und Tuschezeichnungen - ist auch Satirisches zum Thema "Scheinheilige und Weinheilige" zu sehen. Die Titel wie "Heiliger Muskateller, Heilige Müller-Thurgau, Schein-Heiligenschein Modell Guter Stern zeigen, dass der Künstler nicht nur mit spitzer Feder zeichnen, sondern durchaus auch mit spitzer Zunge formulieren kann.

Die Ausstellung ist noch bis zum 7. August, jeden Samstag und Sonntag, von 11 bis 18 Uhr in der Galerie Marschall in Bernried zu sehen.

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