Bernried:Grünes Gold

Margot Esser-Greineder setzt auf die Aloe-Vera-Pflanze. Aus dem Gel dieses Gewächses werden Kosmetikprodukte und Nahrungsergänzungsmittel hergestellt, die die "Pharmos Natur Green Luxury GmbH" aus Bernried vertreibt

Von Otto Fritscher, Bernried

Was Margot Esser-Greineder da in einem separaten Raum ihrer Firma lagert, ist schon etwas ungewöhnlich: Es sind ganze Blätter der Aloe-Vera-Pflanze, die Unkundige schon mal mit Kakteen verwechseln könnten: schmal und lang, mit einer Art Zähnen an den Blatträdern. Die Blätter dienen aber nicht nur als Anschauungsmaterial, sie werden auch benötigt, wenn Kosmetikerinnen im Umgang mit dem Extrakt der Pflanzen, einer zähen, gelartigen Masse, geschult werden. Denn Aloe Vera hat in der Kosmetik einen guten Ruf, es soll, wenn man den Versprechungen glaubt, jugendlich, frisch und schön erhalten. "Ja, ich glaube an die heilende und pflegende Wirkung dieser Pflanze, denn ich habe ihre regenerierende Kraft ja selbst erlebt", sagt Esser-Greineder.

Bernried, Firma Phamos

Margot Esser-Greineder mit Blättern der Aloe-Vera-Pflanze.

(Foto: Georgine Treybal)

Das war vor 30 Jahren, als sie auf einer USA-Reise einen Unfall erlitt. Zwei Amerikaner brachten die Deutsche mit schweren Verbrennungen in die naturheilkundliche Praxis eines Schamanen. Eine lange Zeit wurde sie mit dem Gel der Aloe-Vera-Pflanze behandelt, "innerlich und äußerlich", wie sie sich erinnert. Das Gel hatte eine schmerzstillende Wirkung, gleichzeitig lutschte sie Stück für Stück Fruchtfleisch. "Nach einigen Wochen schlossen sich die Wunden und hinterließen keine Narben. Ein Wunder!", sagt Esser-Greineder. In der Folge beschäftigte sie sich jahrelang intensiv mit der Pflanze, ihrem Anbau, ihren Wirkstoffen. Das Gel wird aus den prallen, weichen Blättern gewonnen, es ist nicht das gelbliche Aloin, das beim Anschneiden aus dem Blatt tropft. Aloin wirkt als Abführmittel, das Gel soll Gesundheit und Schönheit dienen.

Bernried, Firma Phamos

Aus den festen Blättern wird das Gel gewonnen.

(Foto: Georgine Teybal)

Esser-Greineder hängte dann ihren ursprünglichen Job in der Pharmaindustrie an den Nagel, sie wandte sich der Naturheilkunde und Psychologie zu. 1986 erfolgte dann die Firmengründung. "Der Name ,Pharmos' bedeutet im Altgriechischen ,Zurück zum Ursprung' oder ,Zurück zur Quelle'. Mit drei Mitarbeitern und sechs Produkten habe ich begonnen. "Wir haben alles, was möglich war, selbst gemacht", erinnert sich Esser-Greineder.

Heute wird aus dem Gel von einem Ingenieur eine Flüssigkeit destilliert, und diese einem Betrieb in Balingen am Bodensee weiterverarbeitet, bevor die fertigen Produkte nach Bernried gebracht werden. Cremes, Lotionen Shampoos aber auch Nahrungsergänzungsmittel wie der Sesam Ursamen werden hier gelagert und auf Bestellung versandfertig gemacht. "Wir haben keine typische Kundin", sagt die Unternehmenschefin. Von jungen Mädchen, die ein Mittel gegen Akne suchen, bis hin zu Anti-Aging-Produkten - diese heißen "Love your age" - reicht die Produktpalette. Und unter den Kunden, versichert Esser-Greineder, seien "immer mehr Männer".

Bernried, Firma Phamos

Esser-Greineder hat "Pharmos Natur" vor 30 Jahren gegründet.

(Foto: Georgine Treybal)

Wie Kundenbindung funktioniert, das weiß Margot Esser-Greineder ziemlich gut. Sie fährt alle zwei, drei Jahren mit 25 Kunden zu den Bauern in den Anbaugebieten der Pflanze, etwa nach Mexiko oder Ekuador. "Das sind keine Luxusreisen, wir sind eher mit dem Rucksack unterwegs", erklärt die Unternehmerin. Dort können die Kunden dann sehen, wie die Bauern die Aloe-Pflanzen alle vier Wochen "nach Mondphase" ernten, mit einem Holzmesser das Gel herausschneiden, das dann in speziellen Behältern nach Deutschland geschickt wird. "Wir wollen den Bauern ein finanzielles Auskommen ermöglichen", sagt Esser-Greineder. Zehn Euro bekommt ein Bauer für ein Blatt. Und das scheint zu funktionieren, denn inzwischen wollen immer mehr Bauern auf den Anbau von Aloe-Vera umsteigen, natürlich ohne den Einsatz von Chemie, angebaut in Mischkulturen, sagt Esser-Greineder.

Sie wird auch mehr Nachschub benötigen, wenn Pharmos Natur die gesteckten Umsatzziele erreichen will. "Die ersten 15 Jahre waren schwierig", erinnert sich die 65-Jährige, aber seitdem gehe es kontinuierlich aufwärts. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz um 25 Prozent auf rund fünf Millionen Euro gestiegen. Und in absehbarer Zeit soll er auf zehn Millionen Euro verdoppelt werden, angeschoben vom Trend zu exklusiver Naturkosmetik, oder "Green Luxury", so der Untertitel im Firmennamen. 40 Angestellte arbeiten in Bernried, darunter allerdings nur eine Handvoll Männer, wie man sich dies in einem Betrieb aus der Schönheits- und Wellnessbranche vorstellt. Seit vergangenem Sommer residiert Pharmos im Bernrieder Gewerbegebiet, zuvor war die Firma in Uffing ansässig, in einem idyllischen Bauernhaus. "Dort ist es im Lauf der Jahre einfach zu eng geworden, wir hatten Schreibtische auf den Fluren stehen, und die alte Post als Lagerraum angemietet", sagt die Chefin. In dem großzügigen und hellen Haus in Bernried sind nun Verwaltung, Lager und Versand untergebracht. Vertrieben werden die Kosmetika, aber auch Nahrungsergänzungsmittel, die Esser-Greineder "Lebensgesundmittel" nennt, an die Spas und Wellness-Abteilungen von Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels, aber auch an ausgewählte inhabergeführte Parfümieren, keine Ketten - und dann gibt es natürlich noch den Internet-Shop.

Von Freitag bis Sonntag, 24. bis 26. Juni, wird das 30-jährige Jubiläum der Firma in Bernried gefeiert. So findet am Freitag nach der offiziellen Eröffnung durch die Firmengründerin eine "Zeremonie" mit dem Inuit-Schamanen Angaangaq Angakkorsuaq statt, am Samstag gibt es Vorträge und Diskussionsrunden, während am Sonntag eine "meditative Wanderung" in die Natur mit dem Vegeto-Dynamiker Norbert Parucha angesetzt ist. Die Veranstaltungen sind nur für geladene Gäste.

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