Bernried:Einfach stimmig

25 Teilnehmer in passendem Gewand starten mit ihren Pferden und historischen Kutschen am Wochenende beim internationalen Traditionswettbewerb in Bernried. Jüngste Fahrerin ist die 16-jährige Anna-Maria Kurz

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Elegant hält Anna-Maria Kurz die Zügel in der Hand. Sie ist erst 16 Jahre alt und bereits als Kutschenfahrerin ein Profi. Schon mit neun Jahren hat sie ihr Fahrabzeichen bei dem Vorsitzenden des Vereins Fahrkultur und -sport im Pfaffenwinkel, Günter Ortner, gemacht, der eine Fahrschule für Kutschenfahrer führt. Er ist Cheforganisator des zweitägigen internationalen Traditionswettbewerbs, der am Wochenende in Bernried stattfand und begleitet Kurz in der Kutsche.

Bei der Präsentation der Kutschengespanne wird alles detailgenau bewertet. Die Kutschen müssen älter sein als Baujahr 1945, die Pferde, das Geschirr und auch die Kostüme der Fahrer müssen harmonisch zusammenpassen. Die Preisrichter haben ein strenges Auge. Beim Gespann von Kurz fällt Richter Bernd Bekkering sofort auf, dass das Geschirr normalerweise eine Kette haben müsste. Aber es sitzt perfekt, "wie ein Collier", urteilt Moderatorin Annette Metzger. Passend zur edel schwarz-rot lackierten Kutsche trägt die 16-Jährige ein englisches Kostüm im historischen Stil. Positiv bewertet der niederländische Richter, dass die Kutsche aus Holland kommt. "Da kann man nichts falsch machen", meint er augenzwinkernd, auch wenn er das nicht in die Bewertung einfließen lassen könne. Das Warmblutpferd mit dem wunderschön glänzenden schwarzen Fell wird allmählich unruhig, doch die Fahrerin hat alles im Griff.

Bernried: Battista Battiston ist mit seinem Gespann aus Italien angereist. Bürgermeister Josef Steigenberger und Annette Metzger moderieren den Wettbewerb.

Battista Battiston ist mit seinem Gespann aus Italien angereist. Bürgermeister Josef Steigenberger und Annette Metzger moderieren den Wettbewerb.

(Foto: Arlet Ulfers)

Bei der Bewertung müssen die Pferde vier Mal stehen bleiben, erklärt der Bernrieder Bürgermeister Josef Steigenberger, der zusammen mit Metzger moderiert. Die Pferde wollen endlich an den Start des etwa 14 Kilometer langen Parcours gehen. Und das Halten vor jedem Jurymitglied sei eine der schwierigsten Lektionen, die man einem Pferd beibringen müsse. "Das ist eine Strafarbeit für die Pferde und eine Herausforderung für den Kutscher." Steigenberger weiß wovon er spricht. Seit 25 Jahren ist er leidenschaftlicher Kutschenfahrer. Er hat drei Haflinger im Stall und mehrere historische Kutschen, darunter auch eine aus dem Besitz der amerikanischen Brauereierbin Wilhelmina Busch-Woods, der Erbauerin von Schloss Höhenried. Mit der Kutsche "Mylord" sei sie immer den Starnberger See entlang zum Teehaus gefahren, erzählt Steigenberger. Busch-Woods Parkwagen sei extrem schwer zu fahren und für die heutige Fahrstrecke nicht geeignet.

Steigenberger, der selbst als einer der letzten unter den 25 Teilnehmern aus Deutschland, Italien und der Schweiz fährt, benutzt zwar ein Geschirr aus dem Bestand von Busch-Woods, aber eine Kutsche aus der Weimarer Zeit. Passend dazu trägt der Rathauschef, der normalerweise Tracht trägt, ein schmal geschnittenes, dezent kariertes Jackett und einen Strohhut. Egal ob Zylinder oder Melone, ohne Hut darf man nicht beim Wettbewerb antreten. Denn mit einer kleinen Verbeugung ziehen die Kutschenfahrer vor jedem Richter zur Begrüßung ihren Hut, das gehört zum strengen Reglement. Die nächste Kutsche ist ein schönes Sportfahrzeug mit prächtig herausgeputzten Pferden, dann kommt ein seltenes Dreier-Gespann, ein so genanntes "Einhorn". Auch die Chefin des Feldafinger Hotels Kaiserin Elisabeth, Erika Borchard, ist unter den Kutschenfahrern. Sie sitzt gemeinsam mit Annette von Gleichenstein auf den Bock eines Vierspänners mit edlen Fjordpferden.

Bernried: Die 16-jährige Kutschenfahrerin Anna-Maria Kurz, hier mit Organisator Günter Ortner auf dem Bock, wird von Bernard Puteaux beurteilt.

Die 16-jährige Kutschenfahrerin Anna-Maria Kurz, hier mit Organisator Günter Ortner auf dem Bock, wird von Bernard Puteaux beurteilt.

(Foto: Arlet Ulfers)

Kutschenfahren ist sehr kostspielig; aber über Geld wird hier nicht geredet. Cheforganisator Ortner meint vage, für eine Kutsche müsse etwa so viel bezahlt werden, wie für einen Oldtimer. Hinzu komme der Unterhalt für die Pferde, der sehr teuer sei. Für Ortner ist es viel wichtiger, dass die Kutschenfahrer "viel Gefühl für die Kreatur" haben. "Der eine kann es, der andere nicht." Am Ende kommen alle Pferde ans Ziel - trotz der Hitze. Allerdings habe man sie gut mit Insektenschutz einreiben müssen, sagt Ortner. Denn wie die Menschen, litten auch die Pferde unter der Mückenplage.

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