Bernried:Der Chagall-Coup

Die erste Ausstellung des neuen Direktors im Buchheim-Museum hat bislang 25 000 Besucher angezogen. So viele Menschen kamen lange nicht mehr nach Bernried. Der Erfolg hat auch mit dem Thema der Schau zu tun.

Von Gerhard Fischer, Bernried

Bernried,  Buchheim Museum

Chagall zieht die Kunstfreunde magisch an.

(Foto: Georgine Treybal)

BernriedDas Buchheim-Museum verschickt momentan Mitteilungen mit Sätzen, die mit einem Ausrufezeichen enden. Das macht man, wenn man sich freut oder wenn man empört ist. Beim Buchheim-Museum freut man sich - über die vielen Menschen, die in den letzten Monaten die Chagall-Ausstellung besucht haben. 25 000 sind es bereits, und in der Mitteilung des Museums heißt es: "So viele Menschen waren in der kalten Jahreszeit seit dem Eröffnungswinter 2001/2002 nicht mehr im Buchheim-Museum!"

Der neue Direktor Daniel J. Schreiber nennt vier Gründe für den Andrang: Der Name Chagall ziehe; die Ausstellung hätte mit "Leben und Lieben" ein Thema gehabt, das jeden angehe; mit Sitzgelegenheiten, Lesestoff und viel Licht sei eine Wohlfühlatmosphäre geschaffen worden; und das Museum habe durch den Wechsel an seiner Spitze "im Fokus gestanden".

Im Januar 2013 hatten sich die Kuratorin Clelia Segieth und das Buchheim-Museum getrennt, im Sommer hatte Direktor Schreiber übernommen. Er hatte nicht viel Zeit, seine erste Ausstellung zu organisieren, denn im November war bereits die Vernissage. Schon damals war das Interesse groß, Charlotte Knobloch und Edmund Stoiber waren gekommen und hatten Reden gehalten - und der Ausstellungsraum war so gut gefüllt, dass zusätzlich Stühle geholt werden mussten für die vielen Schaulustigen.

Daniel J. Schreiber nutzte für diese Chagall-Ausstellung nicht nur Bilder aus dem Bestand des Museums, sondern auch Lithografien und Radierungen, die er sich von einem Sammler lieh. Leihgaben zu zeigen - das war bis dato nicht die Politik des Museums in Bernried gewesen, denn die Buchheim-Witwe Diethild hatte sich dagegen gewehrt. Nun lenkte sie ein. Das Museum konnte daher die vollständigen Lithografie-Zyklen "Daphnis und Chloé" und "Arabische Nächte" zeigen, dazu den Radierzyklus "Mein Leben". Marc Chagall hatte "Arabische Nächte" Anfang der 1940er Jahre angefertigt, als seine Frau Bella gestorben war und die Nazis Freunde und Verwandte getötet hatten. Der jüdische Künstler gab nicht auf, er verarbeitete die Trauer in Bildern über das Leben und die Liebe. "Chagall hat gegen den Tod angemalt und eine Versöhnungsbotschaft ausgesandt", sagte Schreiber. "Das ist attraktiv für Besucher, denn Leben, Lieben, Versöhnung und Tod sind Menschheitsthemen - das geht alle an."

Schreiber räumte ein, dass die Ausstellung im November und Dezember "nicht so gut angelaufen" sei. Erst dann hätte die Mundpropaganda gegriffen. "Die Leute redeten darüber", meinte er, "sie sagten: Da müssen wir hin". Die Ausstellung habe offenbar überzeugt.

Und nicht zuletzt haben Schreiber und sein Team Rahmenbedingungen geschaffen, in denen sich die Besucher wohlfühlten. Vor einem neu freigelegten Fenster, durch das man in die Natur blicken kann, wurden "wie auf einer Streuobstwiese" Sitzgelegenheiten hingestellt, und auf einem Tisch liegen Bücher - etwa Marc Chagalls Autobiografie "Mein Leben" und der Einführungstext zur Ausstellung. "Die Leute sitzen da und lesen", beobachtete Daniel J. Schreiber, "es gibt eine sehr hohe Verweildauer".

Und so kamen im Winter 25 000 Besucher zum Bilder gucken, lesen und verweilen ins Museum der Fantasie nach Bernried; das sind viermal so viel wie im Jahr zuvor. Wegen des sehr großen Andrangs war die Ausstellung um drei Wochen verlängert worden - bis zum nächsten Sonntag. Da wird dann Direktor Schreiber von 12 bis 16 Uhr durch die Ausstellung führen; anschließend gibt es ein Chagall-Quiz. Die Mitteilung des Museums dazu lautet - mit Ausrufezeichen - so: "Abschied von Chagall! Der Publikumserfolg geht am 9. März zu Ende!"

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