Berg:Von Bergen und Bauern

Die Galerie Wimmer zeigt in ihrer Frühjahrsausstellung Genrebilder sowie Landschaftsmalerei des 19. und 20. Jahrhunderts von Wilhelm Busch, Oskar Mulley, Felix Schlesinger und Heinrich Bürkel

Von Katja Sebald, Berg

Auf der einen Seite ist eine Jagdgesellschaft noch auf dem Schlitten unterwegs, auf der anderen Seite hat sich der Wind schon in ein laues Lüftchen verwandelt und zerzaust dem Bauernmädchen das Haar. Von Weitem leuchten noch die schneebedeckten Berggipfel, hier stehen schon die üppigen Pfingstrosen in der Vase. Die renommierte Galerie Wimmer in Berg zeigt derzeit eine "Frühlingsausstellung", die geradezu perfekt zu den Launen des Wetters passt.

Seit genau einem Jahr residiert die Galerie Wimmer, die auf die 1825 gegründete "Hermann'sche Kunsthandlung" zurückgeht, nicht mehr in der noblen Briennerstraße in München, sondern im Gebäude der ehemaligen Schlossbrauerei in Berg. Sie fühle sich mittlerweile am neuen Standort wohl, sagt Galeristin Christine Rettinger, die seit 1986 die Galerie führt. Sie ist auf Malerei des 19. Jahrhunderts - und hier auf Landschaftsmalerei und Natursujets -, aber auch auf den Spätimpressionismus des frühen 20. Jahrhunderts spezialisiert. In der aktuellen Ausstellung zeigt sie Bilder von Dorner bis Compton, von den Gebrüdern Achenbach über Wilhelm Busch bis zu Otto Strützel, kombiniert mit kleinformatigen Skulpturen zeitgenössischer Künstler.

Aus der Reihe der Landschafts- und Bergbilder sticht schon allein wegen seiner Spachteltechnik das um 1930 entstandene Bild "Berghof" von Oskar Mulley hervor. Der 1891 in Klagenfurt geborene Mulley lebte zeitweilig in Kufstein und verbrachte seine letzten Lebensjahre bis 1949 in Garmisch, um dem Gebirge, seinem bevorzugten und am Ende ausschließlichen Sujet, nahe zu sein. Die hinten im Bild mächtig aufragenden dunklen Felsformationen und das im Vordergrund an einer Hangkante stehende Bauernhaus im hellen Sonnenlicht gewinnen durch den großzügig zupackenden Malgestus an enormer Plastizität.

Während die Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts schon seit längerem wieder große Aufmerksamkeit genießt und hoch gehandelt wird, ist die Wiederentdeckung der Genremalerei noch neueren Datums. Die lebendigen Schilderungen von Alltagsszenen, oftmals freilich mit kleinen moralisierenden Andeutungen versehen, erfreuten sich einst vor allem beim bürgerlichen Publikum größter Beliebtheit. Ein besonderer Reiz geht auch heute wieder von solchen "biedermeierlichen" Genreszenen aus, die in Berg in hervorragender Qualität versammelt sind und zu denen man wohl im weitesten Sinne eine köstliche kleine Ölskizze von Wilhelm Busch zählen darf: Mit gekonnt sparsamen Pinselstrichen hat der Maler eine ländliche Szene eingefangen, einen Bauern mit breitkrempigem Hut, der aus seinem Häuschen tritt und nach seiner weidenden Kuh sieht - rätselhaft bleibt an diesem bezaubernden Bild allerdings der Titel "Dralle mit Kuh".

Unumstrittene Lieblinge des Münchner Bürgertums waren einst Carl Spitzweg und Heinrich Bürkel, beide sind ebenfalls in Berg vertreten. Nicht ganz so bekannt ist Felix Schlesinger, von dem in der Ausstellung ein ausgesprochen reizvolles Bild mit dem Titel "Im Krämerladen" zu sehen ist: Über eine mit Gerätschaften wie Waage und Trichter ausgestattete Ladentheke verkaufen zwei Frauen, eine ältere mit Haube und eine jüngere, ihre Waren an die bäuerliche Kundschaft. Eine wartende Frau hält ein Kind auf dem Arm, ein junges Mädchen schenkt Wein aus einem Krug aus. Das alles spielt sich im heimeligen Halbdunkel ab, im Vordergrund aber fällt helles Licht auf die Krämerin, die sich zu dem zuvorderst stehenden Kunden ein wenig herunterbeugen muss: Es ist ein freundlich-feister Bub, der ihr eine Münze entgegenstreckt. Er trägt eine speckige Lederhose, eine Pudelmütze und über dem roten Wams einen Janker, dazu Schnürstiefel für den weiten Heimweg und am Arm einen Korb für die Einkäufe. Selten hat man eine so liebevoll beobachtete und lebendig dargestellte Momentaufnahme gesehen.

Die Ausstellung ist am kommenden Wochenende sowie nach Vereinbarung unter 08151/6500496 zu sehen.

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