Süddeutsche Zeitung

Berg:Schüler machen Politik

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Der 16-jährige Joshua Grasmüller und seine Mitstreiter schaffen es, Lokalpolitiker und Schulleitung von ihrem Vorhaben zu überzeugen, die Verkehrssituation vor dem Kempfenhausener Gymnasium zu verbessern

Von Sabine Bader, Berg

Schülersprecher Joshua Grasmüller ist begeistert, und er hat allen Grund dazu. Denn auf seine Inititiativen hin werden jetzt die Zufahrt und die Parksituation am Landschulheim Kempfenhausen verändert und sicherer gemacht. Einstimmig votierte der Berger Gemeinderat in der Sitzung am Dienstag für das Sicherheitskonzept, das vorsieht, das Ein- und Aussteigen an der Bushaltestelle sowie die Situation auf dem Geh- und Radweg, der direkt am Schulgelände entlang führt, zu verbessern. Das Ganze kostet die Gemeinde natürlich Geld: Rund 300 000 Euro werden es insgesamt sein. 80 Prozent davon bezahlt die Gemeinde Berg, über den Schul-Förderverein, Spenden und Projekte sollen die restlichen 20 Prozent zusammenbringen. Wie Bergs Bürgermeister Rupert Monn in der Sitzung erklärte, hat auch die Regierung von Oberbayern aus ihrem Topf zur Förderung der MVV-Haltestellen einen Zuschuss in Aussicht gestellt. Im nächsten Jahr will man mit dem Bau beginnen.

Die Geschichte könnte ein Musterbeispiel dafür sein, wie man es anstellen muss, um sich als 16-jähriger Schüler mit seinem Anliegen nicht nur bei den Mitschülern, sondern auch bei Kommunalpolitikern und Lehrkräften Gehör zu verschaffen: Natürlich muss das Gewünschte sinnvoll sein. Eine gewisse Beharrlichkeit ist sicher ebenso förderlich wie auch ein höfliches Auftreten. Und wenn man es dann noch schafft, bei der ganzen Aktion niemanden vor den Kopf zu stoßen, hat man wohl so ziemlich alles richtig gemacht. All das hat Grasmüller beherzigt, als er seine Kampagne im März dieses Jahres startete.

Schon im Sommer 2017 ist die Situation vor der Schule auch den Jugendlichen zu unübersichtlich und damit zu gefährlich geworden: Busse, Autos, Schüler zu Fuß und auf dem Rad - sie alle drängen sich morgens vor Schulbeginn auf der schmalen Zufahrt. Mittags nach Schulschluss kamen dann die Badegäste hinzu. "Wir müssen was machen", dachten die Schüler damals. Gesagt, getan: Grasmüller und seine Mitstreiter von der Schülervertretung erarbeiteten ein Konzept, wie die Veränderungen aussehen könnten. Dann starteten sie eine Online-Petition. Die fand in Windeseile Hunderte Unterstützer.

Auf die Idee, den Abbiegeverkehr vor der Kempfenhausener Schule zu entzerren, war die Gemeinde bereits 2008 gekommen und hatte mit dem Zweckverband Bayerischer Landschulheime Gespräche über das Thema und eine mögliche Kostenbeteiligung des Verbands aufgenommen. Doch die Verhandlungen gestalteten sich schwierig. Weil der Zweckverband laut Satzung offenbar nur Dinge fördern darf, die direkt dem Schulbetrieb zugute kommen. Monn stand jedoch auf dem Standpunkt, der Verband müsse finanziell zumindest mit einem kleinen Anteil im Boot sein. Das Ganze scheiterte.

Als Grasmüller die 680 Unterschriften im Mai 2018 im Berger Rathaus an Monn übergab, waren Vertreter des Verbands ebenso geladen wie Schuldirektor Elmar Beyersdörfer. Dieser sicherte bei dem Termin zu, man werde die Spendengelder vom Sommerfest für diesen Zweck verwenden und auch das Geld aus dem Spendenlauf der Bundesjugendspiele beisteuern. Ein weiterer kleiner Sieg für die Schüler. Das neue Konzept sieht nun vor, dass die Bushaltestelle etwas weiter südlich in eine eigene Haltebucht verlegt wird. Die Fahrschüler sollen von dort über einen neuen Fußweg die kleine Böschung hinab zur Schule gelangen. Schrägparkplätze auf dem Weg direkt vor der Schule sind nicht mehr geplant. In einem zweiten Bauabschnitt will man einen Teil der entfallenen Plätze dann etwas weiter südlich an der Staatsstraße errichten. Dass es insgesamt vor der Schule weniger Parkplätze werden, ist allen klar. "Aber einen Tod müssen wir sterben", sagte Rathauschef Monn in der Sitzung.

Joshua Grasmüller hat durch die Aktion auch für sich selbst und seinen späteren Lebensweg viel gelernt. Er will einmal in die Politik gehen und "vielleicht für Landtag oder Bundestag" kandidieren. Das ist Zukunftsmusik. Jetzt bewirbt der 16-jährige Elftklässler sich in der Schule erst einmal erneut als Schulsprecher und dann nochmals als Bezirksschülersprecher. "Und womöglich klappt es im nächsten Jahr ja auch mit dem Landesschülersprecher", sagt er.

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Quelle:
SZ vom 13.09.2018
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