Der Himmel hat seine Schleusen am Sonntagmorgen weit geöffnet. Nass und kalt ist es draußen, während im Inneren des Marstalls Mitarbeiter von rund 40 ortsansässigen Unternehmen und Organisationen Infotische aufbauen, Plakate anbringen und Videoprojektionen in Szene setzen. Elke Link, dritte Bürgermeisterin und Initiatorin des Projekts "Berger Betriebe laden ein", blickt zweifelnd hinaus in den Regen. Sie hofft auf eine ähnliche Resonanz wie in den Vorjahren, allerdings hatte damals das Wetter mitgespielt. Dass mit den Bergern bei jedem Wetter zu rechnen ist, zeigt sich aber schon kurz vor Veranstaltungsbeginn: Der Besucherparkplatz ist bis auf den letzten Quadratmeter belegt. Schnell füllt sich die weitläufige Halle, und vor den Ständen bilden sich Menschentrauben.
Viele junge Menschen bleiben am Stand von "SeeShirt" stehen und werfen einen Blick auf die Hoodies und Shirts vom Starnberger See. Die Firma Plan Top Landschaftsarchitektur zeigt ihr Können in einer Bildershow, und am Stand von "Fokus Zukunft" tauschen sich Interessierte mit Experten zum Thema Nachhaltigkeit in Unternehmen aus. Wem das Herz für Motorräder schlägt, der wird im hinteren Eck der Halle fündig, denn hier zeigt Starnbikes eine Auswahl von Restaurierungsarbeiten und informiert über die einzelnen Arbeitsschritte vom Rostesel zum Showbike. Die Bio-Imkerei Berg ist auch vertreten, Katrin Steffler und Sandra Pawelka informieren über die verschiedenen Honigsorten.
Auch einige Ausbildungsbetriebe wie die VR-Bank stellen im Marstall aus. In der Hoffnung auf einen ersten Kontakt für einen Ausbildungsplatz ist auch Zahra Heidari zur Gewerbeschau gekommen. "Ich bin heute aber nicht fündig geworden" sagt die 16-jährige Afghanin, die seit drei Jahren in Deutschland lebt. Vom Marstall gehe es aber mit dem Shuttle weiter in die umliegenden Betriebe. Vielleicht tue sich dort noch etwas auf. Denn zusätzlich zur Gewerbeschau im Inneren des Marstall bringen drei Shuttlebusse der örtlichen Feuerwehr die Besucher im 20-Minuten-Takt zu den Betrieben in die umliegenden Ortsteile.
Besonders die Firma Reiser Systemtechnik zieht viele Besucher an. Sie stellt Simulatoren für die Flugzeugindustrie zur Piloten- und Technikerausbildung her. Diese faszinierende Technik zieht Menschen jeden Alters in ihren Bann. Große Kinderaugen blicken in den Nachbau eines Tornadocockpits. In einigen Simulatoren dürfen große und kleine Technikbegeisterte sogar selbst Platz nehmen. Firmengründer Wolfgang Reiser freut sich über die Möglichkeit, Besuchern bei der Gewerbeschau einen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen. "Wir sind ein relativ großer Betrieb in einem kleinen Ort. Es gab immer wieder Kritik und Bedenken. Offenheit ist für uns wichtig. Daher freuen wir uns über die Möglichkeit, den Menschen heute die Türen zu unserem Betrieb zu öffnen".
Eine völlig andere Welt wartet auf die Menschen, die in Höhenrain beim Atelier von Sandra Kolondam und Klaus Soppe aus dem Shuttlebus steigen. Beide haben Malerei studiert und sind in der fotorealistischen Kunst angesiedelt. "Vor zwei Jahren sind wir mit unserem Atelier von München nach Berg gezogen. Uns ist wichtig, dass die Menschen wissen, was wir hier machen und unsere Arbeit sehen", sagt Soppe. Gerade das Handwerk würde in der digitalisierten Welt immer häufiger zu kurz kommen. An einer alten Hochdruckpresse dürfen die Besucher daher selbst Hand anlegen und manuelle Abzüge eines Linolschnitts anfertigen.
Nur einen Katzensprung entfernt, ebenfalls in Höhenrain, trotzen die Berger weiter dem ungemütlichen Herbstwetter. Bei Kalinke Agrar-Pflegemaschinen übernehmen Laien per Funk die Steuerung einer Mähraupe. Oder sie fahren mit einem Grinsen im Gesicht auf dem Aebi EC 170 herum, einem Elektromäher für extreme Hanglagen, der aussieht wie eine Schneeraupe und für extreme Hanglagenkonzipiert ist. Ursula Gämmerler hat ihn im strömenden Regen ausprobiert. "Wetter ist halt eine Sache der Kleidung", sagt sie und lacht.