Allein seine Form macht das künftige Berger Rathaus zu etwas Besonderem: Denn das neue Gebäude, das derzeit in unmittelbarer Nähe des Kreisels am Ortseingang der Seeufergemeinde entsteht, wird dreistrahlig. Doch das allein ist es nicht: Es ist vor allem die Tatsache, dass die Gemeinde ihren modernen Verwaltungsbau trotz Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine, Inflation und allgemeiner Baupreissteigerung in Angriff genommen hat.
Denn allen Beteiligten war klar: Zaudern hätte nur zu Mehrkosten geführt. Und so blieben sie standfest. Nach bisheriger Gesamtprognose wird der Bau 18 Millionen Euro kosten, mit fast 1,6 Millionen Euro von Bund und Freistaat gefördert werden und im kommende Frühjahr bezugsfertig sein.
Wie das neue Gebäude einmal wirken wird, lässt sich schon jetzt gut erkennen. Aber wie viele kleine Raffinessen geplant sind, weiß bislang im Detail nur Rathauschef Rupert Steigenberger (BG). So wird es etwa in der Tiefgarage zwei Schnellladestationen geben. Sie sind für die Dienstfahrzeuge der Gemeinde gedacht. Aber auch an jedem einzelnen der 27 Stellplätze werden normale Steckdosen angebracht. Das bedeutet: „Alle Mitarbeiter, die tagsüber ihre Elektrofahrzeuge daran aufladen, haben am Abend so viel Saft, dass sie hundertprozentig wieder nach Hause kommen“, garantiert Steigenberger. Die Dachflächen in Richtung Osten und Süden sind bereits komplett mit Photovoltaik-Modulen ausgestattet. In einer Batteriespeicheranlage soll der Großteil des Stroms, der tagsüber benötigt wird, zwischengespeichert werden.
Das neue Rathaus wird mit Erdwärme beheizt. Mittels einer Wärmepumpe wird durch Tiefenbohrungen gewonnene Sole ins Gebäude geleitet. Standard im Haus ist eine Fußbodenheizung, die eine geringe Vorlauftemperatur für die Wärmepumpe hat. Der Strom vom Dach des Neubaus dient nicht nur im Winter zum Heizen, sondern über Kühlsegel im Sommer auch zum Kühlen der Räume. „Wir können die Temperatur in den Büros im Sommer künftig um drei Grad absenken“, sagt Steigenberger. Übrigens ist im Untergeschoss des neuen Rathauses auch eine Dusche für diejenigen Mitarbeiter geplant, die mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen.
Standard in den Büroräumen des neuen Rathauses werden höhenverstellbare Schreibtische sein. „Das schont die Wirbelsäulen“, sagt Steigenberger. Auf Wunsch der Mitarbeiter können die Fenster auch im neuen Rathaus geöffnet werden. So lassen sich die Büros belüften und man spart sich die Klimaanlage. Steigenberger erklärt: „Für die Leute wäre es ungut, kein Fenster mehr aufmachen zu können.“
Jeder Büroraum im neuen Rathaus wird über drei Türen verfügen – eine Tür zum Flur und zwei zu den angrenzenden Dienstzimmern. „Bei Letzteren handelt es sich um einen internen Bürogang.“ Dieser dient laut Steigenberger nicht nur schnelleren Absprachen, sondern: „Wir haben über dem Bildschirm einen Alarmknopf. Sollte jemand rabiat werden, gibt es über den Bürogang schnell die Möglichkeit, dem Kollegen zu helfen.“ Situationen dieser Art seien aber natürlich selten.
Kostspieliges Oberlicht
Es klingt banal, ist für die Mitarbeiter in der Berger Verwaltung aber ein Novum: Im neuen Rathaus wird es erstmals zwei Besprechungsräume geben. Bisher müssen diverse andere Zimmer für Unterredungen zweckentfremdet werden. Auch kein Luxus im herkömmlichen Sinn, aber dennoch kostspielig ist das Oberlicht vor dem Aufzug im Treppenhaus, damit das behindertengerechte Gebäude an dieser Stelle hell und freundlich wirkt. „Es kostet allein 100 000 Euro“, sagt Steigenberger. Das Ganze sei eine „kostenintensive Geschichte, aber der Raum profitiert extrem davon“.
Über eine Glasschiebetüre werden die künftigen Besucher ins neue Rathaus gelangen. Doch warum gehen sie eigentlich dorthin? Häufig frequentiert sind unter anderem das Bauamt, das Gewerbeamt oder das Einwohnermeldeamt. Darum befinden sie sich auch leicht erreichbar im Erdgeschoss. „Wir haben eine Menge Publikumsverkehr“, sagt Steigenberger. „Für uns ist die Digitalisierung zwar eine gute Ergänzung, denn eine ganze Menge läuft schon online – auch Besprechungen, um sich Wege zu sparen.“
Aber da die Gemeinde Berg weiterhin wächst, benötige man die neuen Räumlichkeiten dringend. Im Durchschnitt sind laut Steigenberger immer mindestens 25 Rathausmitarbeiter im Haus, die restlichen befinden sich tageweise im Homeoffice oder im Urlaub. Insgesamt sind in der Gemeindeverwaltung 52 Mitarbeiter nebst sechs Ehrenamtlichen beschäftigt, 32 davon arbeiten im Rathaus. Die Restlichen verdienen ihr Geld im Betriebshof, im Wasserwerk oder in der Bücherei.
Doch zurück ins Gebäude: Neben der Geschäftsleitung, der Kämmerei und dem Bürgermeisterzimmer befinden sich im Obergeschoss künftig auch der Trau- und Sitzungsaal. Entfernt man die Trennwand der beiden Räume, so ist der entstehende Saal 164 Quadratmeter groß und kann bis zu 200 Personen aufnehmen. „Man könnte darin auch mal eine Bürgerversammlung abhalten“, meint Steigenberger.
Teil des neuen Rathauses werden auch zwei Mitarbeiter-Wohnungen sein. Die Wohnung im Erdgeschoss ist barrierefrei. Da der derzeitige Hausmeister ein eigenes Haus in der Gemeinde besitzt, werde er wohl nicht in den Neubau einziehen, heißt es. Für die Wohnung im Obergeschoss mit Galerie und mehreren Freisitzen gibt es laut Steigenberger bereits Bewerbungen aus dem Haus.
Die Adresse des künftigen Rathauses lautet übrigens – eher banal – „Huberfeld 10“, benannt nach dem einstigen Gönner der Gemeinde Paul Huber. Natürlich klingt da die bisherige Anschrift „Ratsgasse 1“ exklusiver. Aber was soll’s. Dafür bietet der moderne Verwaltungsbau genug Platz für die angewachsene Mitarbeiterschar.