Wenn es etwas gibt, was an diesem Wochenende durchwachsen war, dann war es das Wetter. Das zierte sich: Ein Schauer hier, ein anderer dort und dazwischen immer wieder verhaltenes Sonnenblinzeln. Aber zum Glück kein Starkregen. Von dem konnten die Gastgeber aus Berg mit ihren Besuchern aus der französischen Partnerstadt Phalsbourg allerdings viel berichten: von vollgelaufenen Kellern, überfluteten Federn und Dauereinsätze der örtlichen Feuerwehren.
Dass der Wasserstand des Starnberger Sees diesmal wesentlich höher ist, als sie ihn von früheren Besuchen kannten, war ihnen spätestens aufgefallen, als sie am Samstagnachmittag den 1,5 Kilometer langen Weg vom Busparkplatz in Feldafing zur Ablegestelle der Plätte auf die Roseninsel marschierten: Denn der Ablegesteg am Rondell im Lenné-Park stand unter Wasser. Damit der Fährverkehr auf die Insel trotz des hohen Wasserstands auch in den kommenden Wochen möglich sein wird, hatte man rund 100 Meter nördlich eine Ausweichanlegestelle für die Fähre gezimmert.
Vom Schiff, dem Wellengang und der Überfahrt auf die Insel war vor allem der jüngste Teilnehmer der französischen Delegation fasziniert: der achtjährige Amaury. „Super!“, fand er das Ganze. Obwohl die Partnerschaft zwischen dem lothringischen Phalsbourg und Berg bereits seit 1991 existiert, hatten etliche der Gäste die Roseninsel bisher nie betreten.
Dementsprechend angetan waren sie nach der Inselführung auch von der Historie des kleinen Eilands. Richard Lauch, der 20 Jahre lang Vorsitzender des Partnerschaftsvereins „Les amis de Berg“ war, schwärmte noch am Tag darauf von den Besonderheiten der Insel mit ihren vorgelagerten Pfahlbauten, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören. Ähnlich lange wie er hat sich auch schon Odette Gully für die Freundschaft mit den Bergern eingesetzt. Sie schwärmt vom Rosenduft auf der Insel und muss über ihren Enkel Amaury lachen, der einmal mehr von den Abenteuern auf See schwärmt.
Graf-Roman reist nach Phalsbourg
Vor der Inselführung hatten die französischen Gäste am Samstagvormittag bereits im Museum Starnberger See Station gemacht. Museumsleiter Benjamin Tillig führte die Delegation selbst durch das Haus und brachte ihnen die Ausstellung „Oskar Maria Graf: Dichter und Antifaschist vom Starnberger See“ nahe. Die Präsentation, die wegen des großen Andrangs verlängert worden war, erinnert anlässlich seines 130. Geburtstages im Juli an den kantigen Berger Autor.
Richard Lauch gibt freimütig zu: „Ich hatte vorher nie etwas von diesem Schriftsteller gehört. Aber der Museumsleiter hat die Geschichte des Mannes sehr interessant erzählt.“ Das findet auch Véronique Madelaine. Die 55-jährige Vize-Bürgermeisterin ist seit gut drei Jahre auch die Vorsitzende des Partnerschaftsvereins.
Nach der Führung des Museumschefs will sie unbedingt ein Buch von Oskar Maria Graf lesen. Da trifft es sich gut, dass Bergs Bürgermeister Rupert Steigenberger den französischen Freunden neben anderen Präsenten auch ein Exemplar des Graf-Romans „Das Leben meiner Mutter“ eingepackt hat.
Mit einem Maibaum will die Vize-Bürgermeisterin junge Leute dazu animiere, sich in der Städtepartnerschaft zu engagieren. Die Idee: Sie will einen Maibaum in Phalsbourg aufzustellen. „Der muss gar nicht so hoch sein wie die Berger Maibäume. Zwölf Meter würden reichen.“ Aber die dafür notwendigen Zunftzeichen könnten aus Berg von der Burschenschaft kommen. „Dann könnten wir gemeinsam in Phalsbourg ein Maifest machen“, sagt sie. Erste Kontakte sind bereits geknüpft.
Am Sonntag besichtigten die 18 Gäste aus Phalsbourg noch die Baustelle des neuen Berger Rathauses und erfuhren von Bürgermeister Steigenberger interessante Details über den modernen Verwaltungsbau, der bei ihrem nächsten Besuch schon in Betrieb sein wird.
Übrigens war es der bereits verstorbene Berger Bernd Nägele, der die Partnerschaft einst begründet hatte. Der arbeitete bei einer französischen Nachrichtenagentur und hatte so seine Liebe zu Frankreich entdeckt. Kurz entschlossen setzte er sich ins Auto und fuhr in Richtung Grenze – auf der Suche nach einer passenden Partnergemeinde.
Eigentlich hatte er sich das Elsass ausgesucht, doch alle zwölf Gemeinden, bei denen er anfragte, lehnten dankend ab. Er fuhr weiter und kam ins genau 430 Kilometer von Berg entfernte Phalsbourg: Der dortige Bürgermeister sagte zu.