Mitten in Berg:Ein Zimmerer mit seltsamen Qualifikationen

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Zimmerer sind rar. Wie gut, dass sich dieser Garage in Berg einer angenommen hat, der vom Netz als Fachmann gefeiert wird. (Foto: Nila Thiel)

Das Netz feiert den Zimmereibetrieb „JL Sportarts“ für seine Fertigkeiten an der Kettensäge. Doch Moment mal: Steckt dahinter etwa ein ehemaliger Fußballtorwart?

Glosse von Linus Freymark, Berg

Wer heutzutage einen Handwerker braucht, steht oft vor einem Problem. Es gibt ja schließlich kaum noch welche. Und wenn doch, dauert es oft Wochen, bis Klempner und Elektriker einen Termin freihaben. Dann aber ist das Badezimmer längst bereit für die Generalsanierung und der Kurzschluss hat die Wohnung über Wochen so gut wie unbewohnbar gemacht.

Wie gut, dass es in Berg seit einiger Zeit einen neuen Zimmermann gibt. Zumindest verheißt das der Eintrag im Internet: „JL Sportarts GmbH“ heißt der Laden. Gut, der Name ist vielleicht etwas ungewöhnlich für eine Branche, in der die meisten Betriebe „Zimmerei Josef Gruber“ oder „Holzbau Wagner“ heißen.

Die Bewertungen sind dafür aber umso vielversprechender: „Sägen und Schneiden, hier geht alles im Bereich Holzbau und Elektronik!“, lobt ein Nutzer. Und ein anderer schreibt voller Begeisterung: „Hier sägt der Chef noch selbst!“ Doch Moment, dieselbe Rezension gibt Rätsel auf. „Top Unternehmen im Bereich Holzbauten mit einer besonderen Spezialisierung im Bereich Rückbau von Garagen“, schreibt derselbe User.

Rückbau von Garagen – ist das der neue Boom im Zimmererhandwerk? Als Laie meint man doch, dass in der Branche eher auf- als abgebaut wird. Und dann auch noch das: Der Nutzer zieht zwei von maximal fünf möglichen Sternen ab. Aufgrund „laut Hörensagen mangelnder Kompetenz im Bereich Elektro/Video“.

Der ehemalige WM-Held kassiert Spott und Hohn

Spätestens da ist der Fall klar. Der selbst sägende Chef, dazu JL im Firmennamen und der Garagen-Fetisch – das kann nur ein ehemaliger Fußballtorwart sein. Und weil der ja bekanntlich nach dem Karriereende keine Umschulung zum Zimmerer gemacht, sondern eine Laufbahn als arbeitsloser Fußballtrainer eingeschlagen hat, ist klar: Das Ganze muss ein Fake sein. Irgendwelche Internettrolle machen sich da über einen wohlverdienten Sportler lustig, den WM-Helden von 2006 – und das nur, weil der sich den Dachbalken der Nachbargarage mit der Kettensäge vorgenommen hat. Das scheint ganz gut geklappt zu haben. Nur das mit der Überwachungskamera – naja, also die hat weiter gefilmt, obwohl der Mann vom Fach das Kabel fachgerecht durchtrennt hat. Allerdings hatte das Ding Akkus. Kann ja keiner wissen.

Ende September wird in dem Fall jetzt nachverhandelt, dann beginnt das Berufungsverfahren in der Garagen-Causa. Doch schon jetzt ist klar: Der Angeklagte hat tatsächlich erstaunliche Fähigkeiten an der Kettensäge bewiesen. Da hat das Netz schon recht.

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