Süddeutsche Zeitung

Berg:Idylle mit Fischer und Kühen

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Johann Jakob Dorner hat 1825 die Landschaft in Assenbuch gemalt - jetzt ist das Bild an den Ort seiner Entstehung zurückgekehrt

Von Katja Sebald, Berg

Es muss ein milder spätsommerlicher Tag des Jahres 1825 gewesen sein, als der Münchner Maler Johann Jakob Dorner mit Papier und Zeichenstift am Ostufer des Starnberger Sees saß und eine idyllisch anmutende Szene rund um ein Fischeranwesen in Assenbuch festhielt. Jetzt, beinahe zwei Jahrhunderte später, ist das Bild "Leoni am See" an den Ort seiner Entstehung zurückgekehrt: In der Galerie Wimmer in Berg wird es zum Verkauf angeboten.

Im Zentrum steht eine mächtige Buche, unter der sich das hölzerne Haus eines Fischers duckt. Das mit Steinen belegte Dach wird von der Nachmittagssonne beschienen, aus dem Schornstein steigt Rauch auf. Ein Weidezaun reicht bis in den See hinein, im Vordergrund stehen drei Kühe, eine davon mit den Füßen im flachen Uferwasser. Vom Haus her kommend öffnet ein Mädchen in rotem Mieder und hellblauer Schürze das Gatter für die Kühe. Auf der Wiese ist ein Bub in kurzer Hose und mit Hut zu sehen, der einen Stock in der Hand hält, um die Kühe in den Stall zu treiben. Das Boot des Fischers nähert sich dem Ufer, er bückt sich nach dem Fang, während ein zweiter Mann die letzten Meter rudert. Auch hinter dem Haus reichen die Bäume bis fast ans Wasser hinunter, weiter hinten kann man die Gestelle erahnen, auf denen der Fischer die Netze trocknet. Man blickt aufs südliche Seeufer und dahinter auf die bläuliche Kulisse der Berge. In höheren Lagen liegt wohl ein wenig Schnee, dort hinten haben sich auch ein paar wattige Wolken gebildet, während es über dem See noch große Flecken von blauem Himmel gibt und das Sonnenlicht für Reflexe auf der Wasseroberfläche sorgt.

Das eigentliche Gemälde, ein so feingliedrig gestaltetes wie stimmungsvolles Bild in Öl auf Holz und von so großer Qualität, das man es längst im Museum vermuten würde, malte Dorner sicher nicht im Freien, sondern nach der Skizze im Atelier. Aber allein die Tatsache, dass es die echte Natur anstelle einer idealisierten Landschaftskomposition zeigt, machte es zur damaligen Zeit zu einem sehr modernen und wohl auch umstrittenen Werk. Der 1755 in München geborene Johann Jakob Dorner d. J. wird zu den Münchner Malern gezählt, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts am Starnberger See die Landschaft entdeckten und damit auch wichtige Wegbereiter für den bald darauf einsetzenden Fremdenverkehr waren. Das erwachende Interesse an der echten und "unvollkommenen" Natur, am ländlichen Leben und an den Bewohnern der Dörfer, geht freilich einher mit einer unübersehbaren Bedrohung der Idylle: Als Dorner den Blick nach Süden wandte und sein Bild malte, stand in seinem Rücken bereits jene klassizistische Villa, die sich der Münchner Staatsrat Franz von Krenner 1813 an einer Landzunge gebaut hatte. Dorner malte auch diesen Blick nach Norden, aber erst 1835.

Ursprünglich hatte es an dem Ufersteifen südlich von Berg nur ein einziges Fischeranwesen gegeben, das wohl Mitte des 16. Jahrhunderts im "Assenhauser Puech" entstanden war. Martin Vischer hatte damals das Fischlehen von seinen Eltern erhalten und war von Berg nach "Puech" gezogen. "In der Puechach" war eine selbstständige Ortsbezeichnung, später tauchte der Name "Buechhaus" auf, schließlich sprach man von Assenbuch, das mittlerweile aus drei Fischerhäusern bestand. Dorner malte wohl das südlichste davon, es dürfte sich dort befunden haben, wo 1842 Johann Ulrich Himbsel sein Landhaus baute. Der Münchner Hofopernsänger Giuseppe Leoni hatte 1825 die Villa von Krenner geerbt. Er eröffnete hier ein Restaurant, das ein beliebter Künstlertreffpunkt wurde und später eine Fremdenpension. "Gehma zum Leoni", so verabredete man sich damals. Erst setzte sich "Leonihausen" und schließlich "Leoni" als Ortsbezeichnung für die Ansammlung von Sommervillen durch, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hier entstanden.

Dorners Bild ist in der Galerie Wimmer in Berg (Perchastraße 7) zu sehen. Kontakt: 08151/6500496.

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SZ vom 28.12.2016
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