Traditionelle Landwirtschaft:Was es mit den "Heumandln" von Berg auf sich hat

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Die Holzgestelle mit Gras ziehen die Blicke von Spaziergängern und Autofahrern auf sich. Aufgeschichtet werden sie von Harald Hintringer und Barbara Höfler.

Von Sabine Bader, Berg

Sie sind eine kleine Attraktion: die Heumandl in Berg am Starnberger See. Immer wieder bleiben Spaziergänger und Autofahrer stehen und schauen fasziniert auf die Heuhaufen am Ortsausgang nach Aufkirchen. Die älteren unter ihnen erinnern sich noch an ihre Kindheit. Damals sah man die Hocken oder Heumandl alljährlich zur Erntezeit auf den Feldern. Über die Holzgestelle schichteten die Bauern das frisch gemähte Gras zum Trocknen auf. Doch seit vielen Jahrzehnten sind Heumandl von den Feldern verschwunden. Heute mähen die Landwirte alles mit Maschinen. Mit ihnen wenden sie das Gras und können das Heu, wenn das Wetter mitspielt und kein Regen kommt, schon nach wenigen Tagen heimfahren. Auf den traditionellen Hocken kann das Mähgut länger hängen und langsam für sich hintrocknen - auch mehrere Wochen.

Harald Hintringer hat die Berger Heumandl aufgestellt. Er kennt die traditionelle Art des Gras- und Getreidetrocknens nur von seiner Oma, die im österreichischen Waldviertel einen Nebenerwerbsbetrieb führte. Schön fand er sie schon in seiner Kindheit, die Heumandln. Dass er sie eines Tages selbst aufrichten wird, hat der selbständige Baumpfleger natürlich nicht geahnt.

Barbara Höfler bei der Arbeit in Berg. (Foto: Arlet Ulfers)

Und das kam so: Hintringer bewirtschaftet seit Kurzem im Auftrag einer Immobilienverwaltung aus München die Wiese von Christian und Sabine Noll aus Berg. Das um die 2000 Quadratmeter große Grundstück liegt am Ortsrand von Berg. Das Gelände dient als Ausgleichsfläche für das kleine neue Wohngebiet am Bürgermeister-Ücker-Ring, das 2016 teils im Einheimischenmodell entstanden ist.

Er habe sich gleich in die kleine Wiese verliebt, erzählt Hintringer. Auf ihr stehen 22 Obstbäume, die meisten davon Apfel- und Zwetschgenbäume. Natürlich hätte er sich zum Mähen des Grases einen kleinen Balkenmäher ausleihen können, doch dann hätte er jeden Tag nach Berg fahren und das Heu wenden müssen. Das hätte den Selbständigen viel Zeit und Geld gekostet. Gemeinsam mit Barbara Höfler, einer Freundin, die aus Machtlfing stammt, kam er auf die Idee, die Wiese mit der Sense zu mähen. Das Dumme nur: Der 37-Jährige hatte keine Ahnung vom Sensen. Barbara Höfler hatte immerhin mal einen Sensenkurs gemacht und im Schuppen ihrer Oma noch ein altes Sensenblatt entdeckt. Als die Beiden die alte Sense ausprobierten, stellten sie fest, dass sie das Gras mehr rupfte als schnitt. Die Klinge war völlig stumpf. Von jemandem, der sich mit dem Sensenhandwerk auskannte, ließen sie sich das Dengeln zeigen, bei dem die Klinge mit gezielten Hammerschlägen geschärft wird.

Die Heumandl in Berg sind eine kleine Attraktion. (Foto: Arlet Ulfers)

Doch auch das Mähen ist eine Wissenschaft für sich, wie Hintringer schnell feststellte. "Das war ganz schön schwierig." Gemeinsam übten sie, und jetzt klappt es schon recht gut. Im Internet entdeckten Höfler und er dann die Gestelle für Heumandl. "Wir haben uns 30 Stück geholt", sagt Hintringer. "Aber ich hole mir auch noch die restlichen 20, die angeboten werden." Denn jetzt macht ihm das Heumandl bauen richtig Spaß. Das Heu wird dann an die 13 bretonischen Ouessantschafe verfüttert. Barbara Höfler, 42, hält die Tiere auf dem kleinen Hof, den sie von ihrer Oma geerbt hat.

In den ersten Tagen, die er in Berg verbracht hat, sind laut Hintringer eine Menge Leute stehen geblieben. "Viele haben sich für meine Motivation interessiert", erzählt er. Einen Auftrag habe er in diesen Tagen auch schon an Land gezogen: Er wird künftig für einen Vermieter eine kleine Wiese mähen, dessen Mieterin möchte, dass das Gras in ihrem Garten nur mit einer Sense gemäht wird. Tut sich da ein neues Geschäftsfeld auf?

Seit 2008 ist der 37-Jährige Baumpfleger freiberuflich rund um München tätig. In den vergangenen zwei Jahren hat er sich vor allem auf Obstbaumschnitte spezialisiert. Aber er macht auch viel Jungbaumpflege und will künftig im landschaftspflegerischen Bereich stärker aktiv werden. "Ich will einfach etwas ökologisch Sinnvolles machen", sagt er. Jetzt haben Höfler und er auch den Rest der Wiese gemäht. Die Heumandl stehen also noch ein wenig, sehr zur Freude der Berger Spaziergänger.

© SZ vom 01.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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