Berg:Heiter bis wolkig

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Aquarelle und Fotos im Berger Rathaus

Von Katja Sebald, Berg

Analog montierte Digitalfotos werden bei der Ausstellung im Rathaus am Berg gezeigt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Ausstellung von Birke Breitenfeld und Bjarne Geiges im Rathaus Berg heißt "heiter bis wolkig". Es wäre jedoch ein Missverständnis, würde man den Ausstellungstitel als bloße Beschreibung von heiteren Aquarellbildern und Fotografien von Wolkenformationen lesen.

Birke Breitenfeld, Jahrgang 1958, wuchs in Höhenrain auf. Wälder und Moore rund um Höhenrain waren Motive ihrer Kinderbilder, im Erwachsenenleben war jedoch keine Zeit mehr fürs Malen. Erst als sie mit vierzig durch eine schwere Erkrankung aus ihrem gewohnten Leben gerissen wurde und man ihr im Rahmen der Reha-Maßnahmen einen Pinsel in die Hand drückte, entdeckte sie die Aquarellmalerei wieder. Die Landschaft rund um Ohlstadt ist seither ihre Malheimat geworden, auch wegen der Spuren, die Künstler und Schriftsteller dort hinterlassen haben.

Aquarelle einer Künstlerin, die kaum mehr sehen kann. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auch Bjarne Geiges wuchs auf dem Land auf, in der Kriegs- und Nachkriegszeit im Hochschwarzwald. Diese Kindheit prägt bis heute sein Bildermachen, sagt er. In Berlin arbeitete er als Pressefotograf, dann mehr als 30 Jahre lang im eigenen Studio für Werbefotografie in München. Als die Umstellung von der analogen zur digitalen Fotografie unausweichlich wurde, zog er sich mit 60 Jahren nicht nur aus dem Berufsleben zurück und hörte mit dem Fotografieren auf. Zum 70. Geburtstag schenkte ihm seine Frau eine Digitalkamera: Seither fotografiert er als "Dilettant".

Man bräuchte nicht Breitenfelds Hinweis auf Emil Nolde, um zu verstehen, dass sie von den Expressionisten inspiriert ist: Sie malt ungemein farbstarke, subjektive Landschaften. Die reale Welt aus Grün und Blau, aus Wiesen, Bäumen, Häusern und Himmel spielt nur eine untergeordnete Rolle. Diese kraftvolle Innerlichkeit findet sich auch in den skizzenhaften Porträts. Die Malerin interessiert sich für eine Persönlichkeit, nicht für Augen, Nase und Mund. Sie malt aus innerem Erleben heraus, im besten Sinne expressiv - auf ihre Augen kann sie sich nicht mehr verlassen, seit ein Tumor ihren Sehnerv geschädigt hat.

Die meisten der Wolkenbilder von Geiges sind Montagen. So ergeben sich Bildgeschichten, in denen der bronzene Bayern-König Max I. Joseph Rauchzeichen in Münchens Himmel schickt oder eine Amsel auf einem Ast eine große Wolkenrede hält. Ein Wolf heult die Wolken an, eine grüne Insel schwebt als Wolke im unendlichen Himmelblau. Hier öffnet sich über einer steinernen Treppe ein Fenster zu Wolken, dort wachsen Wolkenwipfel aus Baumstümpfen. Geiges fotografiert zwar digital, arbeitet jedoch analog - ohne Bildbearbeitungsprogramm: Seine Fotomontagen sind wirkliche Montagen, für die er mehrere Bilder übereinander druckt.

"Die Welt ist schön, nicht dass sie es wäre, aber ich sehe sie so." Dieses Zitat von Bohumil Hrabal hat Geiges neben eines seiner Bilder geklebt. Es könnte über dieser ganzen Ausstellung stehen, in der eine Überlebenskünstlerin und ein Lebenskünstler eine Bilderwelt voller Poesie geschaffen haben.

Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Oktober zu den Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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