Am Ostufer des Starnberger SeesStiller Retter der Gotteshäuser

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Hans-Peter Eisenhut hat sich um den Wiederaufbau der Wegkapelle in Sibichhausen gekümmert.
Hans-Peter Eisenhut hat sich um den Wiederaufbau der Wegkapelle in Sibichhausen gekümmert. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

„Geht nicht, gibt’s nicht“, lautet das Credo von Hans-Peter Eisenhut. Dem 83-Jährigen ist es zu verdanken, dass zwei Kapellen und eine Kirche in Berg bewahrt wurden. Die Gemeinde ehrt sein Engagement mit einem Eintrag ins Goldene Buch.

Von Sabine Bader, Berg

Wenn Hans-Peter Eisenhut eines überhaupt nicht leiden kann, dann ist es Aufhebens um die eigene Person. Er fühlt sich bedeutend wohler in der zweiten Reihe. Denn auch von dort aus lässt sich viel bewirken. Das weiß er aus Erfahrung. „Mir geht es ums Dorf“, sagt er schlicht. Der 83-Jährige ist ein Macher, ein Kümmerer im besten Sinne. Einer, der viel zuwege bringt, ohne viel Aufhebens darum zu machen.

Aber jetzt lässt es sich nicht mehr vermeiden, dass doch ein wenig Wirbel um seine Person gemacht wird. Schließlich ist es in der Hauptsache ihm zu verdanken, dass zwei Kapellen und ein Gotteshaus heute eine Zierde der Gemeinde Berg sind. Darum darf er sich jetzt ins Goldene Buch der Gemeinde eintragen. Dieser Bucheintrag lässt sich in Berg fast mit der Ehrenbürgerwürde gleichsetzen.

Stammt doch der erste Eintrag von niemand Geringerem als Albrecht Herzog von Bayern, dem ehemaligen Chef des Hauses Wittelsbach. Da die Wittelsbacher ihren privaten Familiensitz in Berg haben, war er ein besonders würdiger erster Buchgast. Schauspieler Heinz Rühmann und Sportreporter Harry Valérien haben sich im Buch ebenso verewigt wie der Schlagersänger und lachende Vagabund Fred Bertelmann und Opernsänger Dietrich Fischer-Diskau. Sie alle waren Berger Bürger.

Auch Altbürgermeister Rupert Monn hat sich 2023 ins Goldene Buch eingetragen. Monn war 20 Jahre lang Bergs Rathauschef und die Gemeinde – ja, der ganze Landkreis Starnberg – verdankt seinem Weitblick und seiner Standhaftigkeit die einzigen vier Windräder, die es bis heute im Fünfseenland gibt.

Die kommenden beiden Seiten im Buch sind nun also Hans-Peter Eisenhut gewidmet. Auch wenn das nicht wirklich sein Wunsch war. Aber Bürgermeister Rupert Steigenberger war es ein echtes Anliegen. Denn Eisenhut habe sich für die Gemeinde wirklich schwer ins Zeug gelegt, sagt er.  Natürlich sei das Thema Ehrung des Ehrenamts immer schwierig, denn es gebe viele, die sich ehrenamtlich engagieren. Wo mache man da die Ausnahme? Bei Hans-Peter Eisenhut eben, denn sein Engagement sei außergewöhnlich.

Eintrag für Hans-Peter Eisenhut im Goldenen Buch von Berg, entworfen von den Künstlerinnen Juschi Bannaski und Marie Basten.
Eintrag für Hans-Peter Eisenhut im Goldenen Buch von Berg, entworfen von den Künstlerinnen Juschi Bannaski und Marie Basten. (Foto: Foto: Gemeinde Berg)

Die Optik des neuerlichen Eintrags haben übrigens erstmals die Berger Künstlerin Juschi Bannaski und deren Tochter Marie Basten gemeinsam gestaltet. Von Juschi Bannaski stammt das Porträt Eisenhuts auf der linken Buchseite, die drei Gotteshäuser rechts hat Marie Basten, die ebenfalls Künstlerin ist und in Berlin lebt, gemalt. Eine gelungene Co-Produktion.  Etliche Jahre lang hatte Sabine Beck aus Berg die Bucheinträge gestaltet, sie hat sich aber von dieser Aufgabe aus persönliche Gründen zurückgezogen.

Um zu verstehen, was Hans-Peter Eisenhut antrieb, muss man wissen: Er liebt seinen Wohnort Allmannshausen aufrichtig.  „Ich bin hier verwurzelt...“, sagt er, „...mehr als das.“ Also dicke Wurzeln. Eisenhut ist in Berlin geboren, ist evangelisch. Nach dem Krieg zogen die Eltern mit ihren drei Kindern mehrfach um, bis sie 1954 nach Berg kamen und sich dort niederließen. In Allmannshausen eben. Und er erinnert sich, wie sich der Ort seither entwickelt hat: „Als wir hierherkamen, gab es zwei Maibäume und zwei Wirtschaften. Etwas später waren es vier Wirtschaften und zwei Geschäfte.“  Heute gibt es in Allmannshausen noch einen Maibaum, aber keine Wirtschaft mehr und auch kein Geschäft. Hans-Peter Eisenhut wurde Ingenieur für Automation und Verfahrenstechnik. Im Dorf engagierte er sich in der Feuerwehr. Heute ist er deren Ehrenmitglied. 1985, also vor 40 Jahren, erhielt die Feuerwehr eine Standarte  – abgebildet sind darauf die beiden örtlichen Kapellen und die Allmannshauser Kirche St. Valentin.

Inmitten historischer Bauernhäuser steht die schindelgedeckte Kapelle in Assenhausen. Die Gemeinde hat sie 2016 außen renoviert und  das holzschindelgedeckte Dach sowie das Glockentürmchen erneuert.
Inmitten historischer Bauernhäuser steht die schindelgedeckte Kapelle in Assenhausen. Die Gemeinde hat sie 2016 außen renoviert und  das holzschindelgedeckte Dach sowie das Glockentürmchen erneuert. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Auf dem über Eck gemauerten Altar mit seiner hellen Holzplatte stehen eine Marien- und eine Johannes-Statue.
Auf dem über Eck gemauerten Altar mit seiner hellen Holzplatte stehen eine Marien- und eine Johannes-Statue. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Hans-Peter Eisenhut hat sich um die Renovierung im Inneren der Assenhauser Kapelle gekümmert.
Hans-Peter Eisenhut hat sich um die Renovierung im Inneren der Assenhauser Kapelle gekümmert. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Besucher der Assenhauser Kapelle haben es Hans-Peter Eisenhut zu verdanken, dass sie heute auf einer Kirchenbank Platz nehmen können und nicht unbedingt knien müssen. Auch finden sie im Altarraum jetzt wieder zwei Heiligenfiguren vor. Das war nicht immer so. Denn zeitweise zierte keine der beiden Figuren mehr den Raum:  Die arg ramponierte Marienstatue war eingelagert und die Figur des Johannes von einem Unbekannten gestohlen worden.

Gemeinsam mit Mitstreitern startete Eisenhut einen Spendenaufruf an die Bürger von Assenhausen und ließ, nachdem genügend Geld zusammengekommen war, den Johannes von dem Garmischer Bildhauer Thomas Leismüller nachschnitzen sowie die Muttergottes restaurieren. Wer jetzt die hölzerne Kirchentür zur Kapelle öffnet und auf der Kirchenbank Platz nimmt, blickt auf einen über Eck gemauerten Altar mit seiner hellen Holzplatte. Zentral, in der Mitte, befindet sich ein hölzernes Kruzifix mit einem großen Korpus. Rechts und links davon stehen die Muttergottes und der Johannes. Natürlich sind beide Kunstwerke jetzt gut vor Dieben gesichert, zumal die Kapelle tagsüber für jedermann zugänglich ist. Zu verdanken hat man dies der Assenhauser Familie von Willi Urban, die sich um das denkmalgeschützte Kleinod kümmert.

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Gut, das wäre geschafft: Die Assenhauser Kapelle erstrahlte auch innen in neuem Glanz. Aber die Ortskirche in Allmannshausen? Sie war alles andere als ein Prachtbau.  Auf die Frage, was an der Kirche denn marode gewesen sei, antwortet Eisenhut knapp: „Alles!“ Zuerst musste das Gotteshaus trockengelegt werden, denn es hat kein Fundament.

Optisch alles andere als ansprechend sah die Kirche St. Valentin in Allmannshausen vor ihrer Renovierung 2023 aus. Das Mauerwerk war feucht und die Farbe war verschlissen und abgeblättert.
Optisch alles andere als ansprechend sah die Kirche St. Valentin in Allmannshausen vor ihrer Renovierung 2023 aus. Das Mauerwerk war feucht und die Farbe war verschlissen und abgeblättert. (Foto: Franz Xaver Fuchs (Repro))
Hans-Peter Eisenhut begutachtet den Biltzableiter auf dem Kirchturm in Allmannshausen.
Hans-Peter Eisenhut begutachtet den Biltzableiter auf dem Kirchturm in Allmannshausen. (Foto: Franz Xaver Fuchs (Repro))
Auf der Standate der Feuerwehr Allmannshausen ist die Kirche St. Valentin mitsamt den Kapellen in Assenhausen und Sibichhausen abgebildet.
Auf der Standate der Feuerwehr Allmannshausen ist die Kirche St. Valentin mitsamt den Kapellen in Assenhausen und Sibichhausen abgebildet. (Foto: Franz Xaver Fuchs (Repro))

Ganz nach dem Motto: „Geht nicht, gibts nicht“ haben Fachleute wie Ehrenamtliche 2023 am Gotteshaus gewerkelt, was das Zeug hielt – vor allem die Mitglieder der Feuerwehr. Koordiniert hat die Arbeiten Hans-Peter Eisenhut. Heute gibt es dort neue Regenrinnen-Abläufe, Drainagen und einen Sickerschacht. Die Wände wurden neu verputzt, Turm und Dach repariert und die Kirche neu gestrichen. Die Turm-Uhr funktioniert wieder und zum Gottesdienst und zu besonderen Anlässen läuten auch die Glocken.  Natürlich wäre das alles ohne Spendengelder nicht zu machen gewesen. Also ging es wieder ans Sammeln – diesmal bei den Allmannshauser Bürgern. Zum 150-jährigen Bestehen der Feuerwehr im Juni 2024 stand die Kirche da wie neu und Eisenhut war happy. Auch wenn er, wie er sagt, nicht zu den fleißigsten Kirchgängern gehört.

Einige Tage zuvor war auch schon die kleine Kapelle Sibichhausen wiedererrichtet und feierlich gesegnet worden. Die Kapelle auf dem Anwesen der Familie Steinsberger stammte vermutlich aus dem 18. Jahrhundert und war bei einem Sturm im Sommer 2022 vollständig zerstört worden, als die alte Linde neben dem kleinen Gotteshaus umstürzte und dieses unter sich begrub. Hans-Peter Eisenhut und seine Mitstreiter hatten auch für den Wiederaufbau dieser Kapelle einen Spendenaufruf gestartet, in dem sie die Sibichhausener um finanzielle Mithilfe baten. Weil die neue Kapelle mit zwei mal drei Metern genau der Größe des historischen Bauwerks entsprach, hatte das Landratsamt den Bauantrag auch recht schnell genehmigt, sodass alles rechtzeitig zum Feuerwehr-Jubiläum fertig war.

Die umgestürzte Linde hatte die Kapelle in Sibichhausen 2022 unter sich begraben.
Die umgestürzte Linde hatte die Kapelle in Sibichhausen 2022 unter sich begraben. (Foto: Franz Xaver Fuchs (Repro))
Ein frisch angelegter Kiesweg führt jetzt zur neuen Kapelle Sibichhausen.
Ein frisch angelegter Kiesweg führt jetzt zur neuen Kapelle Sibichhausen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Damit sind nun alle drei sakralen Orte auf der Allmannshauser Feuerwehr-Standarte erneuert oder renoviert – dank des Durchhaltevermögens von Hans-Peter Eisenhut.  Sicher würde er seinen Anteil an dem Ganzen gern herunterspielen und kleinreden, aber das geht jetzt nicht mehr. Schließlich steht sein Name schon schwarz auf weiß im Goldenen Buch. Aber übrigens: Das Goldene Buch ist gar nicht golden. Es ist aus mittelbraunem Leder mit aufgeprägter Schrift und Raute vorn drauf – und damit schätzungsweise eher nach Eisenhuts Geschmack als ein prunkvoller Wälzer mit Goldschnitt.

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