Süddeutsche Zeitung

Spenden:Wie eine 24-jährige Bergerin in den Slums von Nairobi hilft

Marie Habdank, die Tochter des evangelischen Pfarrers von Berg, unterstützt ein Schulprojekt für 50 Kinder. Nun träumt sie von einem Internat für ältere Schüler.

Von Katja Sebald

In den Semesterferien nach Afrika gehen und für ein paar Wochen in einem Hilfsprojekt mitarbeiten: Das war der ursprüngliche Plan von Marie Habdank, der Tochter des evangelischen Pfarrers in Berg. Der sechswöchige Aufenthalt in Kenia im vergangenen Sommer hat ihr Leben verändert. Die 24-Jährige unterstützt seit ihrer Rückkehr das EFYE Education Centre, ein Schulprojekt von Kenianern für die Ärmsten der Armen in einem der großen Slums in Nairobi. Die Abkürzung steht für Eagle's Fountain Youth Edge. Nicht nur innerhalb der Kirchengemeinde sammelt sie Spenden, sondern auch mit Vorträgen und durch den Aufbau von Social-Media-Kanälen.

"Ich habe in Kenia unfassbar viel gelernt", sagt Marie Habdank, die in München und Berg aufgewachsen ist. Ihrer eigenen privilegierten Situation als Studentin in Deutschland sei sie sich schon vorher durchaus bewusst gewesen. "Aber ich nehme es jetzt noch viel stärker wahr, in welchem Luxus wir hier leben. Und es ist für mich einfach nur logisch, dass wir teilen." Nach einem Bachelorabschluss in Bildungswissenschaft und Bildungsmanagement an der Universität Freiburg spezialisierte sie sich für den Masterstudiengang in Magdeburg auf Berufsbildungsmanagement und Personalentwicklung. In ihrer Abschlussarbeit wird es um Kompetenzentwicklung durch ehrenamtliches Engagement in internationalen Bildungsorganisationen gehen.

Zugleich wird sie einen Verein gründen, um ihr eigenes Engagement für das Hilfsprojekt in Afrika auf solide Füße zu stellen. Schon jetzt konnte sie mit den Spenden aus Deutschland viel bewirken: Bei ihrer Abreise vor knapp einem Jahr stand die Vor- und Grundschule im Slumgebiet Mathare wegen finanzieller Schwierigkeiten kurz vor dem Aus. Mittlerweile konnte die Einrichtung in neue Räume umziehen, die eine protestantische Kirche vermietet und die den Kindern eine sichere Umgebung bieten.

Fünfzig Kinder zwischen drei und neun Jahren werden täglich dort versorgt, nicht nur mit Spiel- und Unterrichtsangeboten, sondern auch mit einer warmen Mahlzeit. In den Slumgebieten von Nairobi leben schätzungsweise eine halbe Million Menschen auf engstem Raum zwischen Müllbergen und ohne Infrastruktur. In offiziellen Statistiken tauchen sie nicht auf, die Regierung nimmt sie kaum wahr. Armut, Krankheit, Drogenabhängigkeit und Bandenkriminalität, Verwahrlosung und völlige Perspektivlosigkeit prägen das Leben der Kinder, viele wachsen ohne ihre Eltern auf.

Die blauen Schuluniformen der kleinen Schüler im EFYE Education Centre sind deshalb auch ein hoffnungsvolles Zeichen für eine bessere Zukunft: "Die Kinder und auch ihre Eltern sind unglaublich stolz auf diese Uniformen, die sie vor kurzem bekommen haben", berichtet Marie Habdank. Schulbildung sei die beste Hilfe zur Selbsthilfe und der erste Schritt aus dem Elend der Slums, sagt sie. Es gehe aber auch um die Vermittlung von Sozialkompetenzen und manchmal einfach nur darum, den Kindern das Gefühl zu geben, dass es nicht egal ist, ob es sie gibt oder nicht.

Das Education Centre wurde vor etwa zwei Jahren von den beiden jungen Kenianern Frank Nyaga und Denis John gegründet. In der Schule arbeiten ausgebildete kenianische Lehrerinnen und eine Köchin. Um den Betrieb langfristig zu sichern, sind sie auch auf monatliche Zuwendungen angewiesen: Die laufenden Kosten sind mit 25 Euro pro Kind im Monat gedeckt. Marie Habdank kümmert sich von Deutschland aus gemeinsam mit Maren Hildebrand, einer weiteren Freiwilligen, um Spenden. Im kommenden Jahr will sie wieder selbst an Ort und Stelle mithelfen.

"Träume zum Leben erwecken" lautet das Motto des Projekts. Ein solcher Traum wäre die Erweiterung der Schule durch ein Internat für ältere Schüler in einem Gebäude außerhalb der Slumgebiete. Dort könnten dann auch handwerkliche Fertigkeiten vermittelt werden und die Jugendlichen auf eine Berufstätigkeit vorbereitet werden.

Weitere Informationen auch über die Möglichkeit, das Projekt mit Spenden zu unterstützen, gibt es unter der Telefonnummer der Evangelischen Kirchengemeinde in Berg (08151/973176) und auf der Homepage www.evgberg.de.

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Quelle:
SZ vom 17.07.2019
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