Juliane Schmid hat ganz gut zu tun, sowohl auf als auch jenseits des Fußballplatzes. Die 19-Jährige aus Berg am Starnberger See steht im Tor der zweiten Frauenmannschaft des FC-Bayern München, die mit Tabellenplatz elf wohl knapp den Klassenerhalt in der Zweiten Bundesliga schaffen wird. Zudem gilt es für die Leistungssportlerin, mit einer Ausbildung bei den Stadtwerken München zur Kauffrau im Büromanagement die Weichen für die berufliche Zukunft zu stellen - falls es mit einer Profi-Karriere nicht klappen sollte. Diese Zweigleisigkeit, sagt Schmid, sei wahnsinnig anstrengend. "Verschwende ich meine Energie in die Arbeit oder den Sport?", frage sie sich manchmal.
Juliane Schmid träumt davon, in der Ersten Bundesliga Stammtorhüterin einer Mannschaft zu werden. Manchmal trainiere sie mit den Bayern-Profis oder fahre mit der ersten und zweiten Mannschaft zusammen ins Trainingslager - "das ist das Schönste", sagt Schmid. Dann wirkt ihr Traum zum Greifen nahe. Wenn sie dann allerdings wieder immer in der Berufsfachschule Prüfungsstoff durchkaut, scheint er ganz weit weg. In den nächsten zwei bis drei Jahren wird sich wohl entscheiden, wohin es für das Nachwuchstalent des FC Bayern geht. Zur Unterstützung hat Schmid einen Spielerberater, das gehöre inzwischen einfach dazu. Doch sie weiß auch, dass es vor allem ihre sportlichen Leistungen sein werden, die den Ausschlag geben. Also trainiert sie weiter, jeden Tag. "Immer weitermachen, immer weiter", wie schon Bayern-Torwart Oliver Kahn seine Erfolgsformel predigte.
Juliane Schmid erzählt am Telefon in der Mittagspause von ihrem Leben, denn die Zeit sei immer knapp. Ihre Tage sind ziemlich durchgetaktet: Morgens um halb acht geht es mit dem Auto oder dem Zug in die Schule oder zur Arbeit, zwischen 17 und 18 Uhr beginnt dann das Training am Bayern-Campus in der Ingolstädter Straße. Die meisten ihrer Mitspielerinnen sind ebenfalls in Ausbildung oder studieren. Der FC Bayern hat den jüngsten Kader in der Liga, nur drei Spielerinnen sind älter als 20 Jahre. Gegen 20.30 Uhr geht es für alle nach Hause, "zum Glück habe ich jetzt das Auto und muss nicht mehr immer mit Zug und Bus fahren", sagt Schmid über ihre langen Tage. Samstags werde meistens vormittags trainiert, am Sonntag ist Spieltag. Wenn kein Heimspiel ist, fährt die Mannschaft mit dem Bus durch Deutschland. "Nur nach Hamburg sind wir geflogen."
Nur fünf Spiele konnte das Team von Juliane Schmid in dieser Saison gewinnen, 32 Schüsse landeten in "ihrem" Kasten. Etliche aber hat Schmid gehalten, weshalb sie seit November in der U20-Nationalmannschaft ist. Im Februar hatte sie in Madrid ihr erstes Spiel im Deutschland-Trikot. Zur Vorbereitung auf die U20-WM ging es gegen Mexiko, Schmid spielte eine Halbzeit lang und blieb ohne Gegentor."Fühlt sich gut an", sagt sie nur. Soll heißen: Es darf so weitergehen mit der Sport-Karriere. Vorbilder hat die junge Frau keine und auch keinen Wunschverein. Langfristig könnte sie sich vorstellen, auch ins Ausland zu gehen, nach England oder Spanien am liebsten. "Ich finde den Fußball dort einfach attraktiv", erklärt sie.



Juliane Schmid stand bereits mit vier Jahren auf dem Fußballplatz beim MTV Berg. "Mein älterer Bruder hat auch gespielt und mein Vater war sein Trainer. Da bin ich einfach mitgegangen." Recht bald besuchte sie schließlich die Trainings ihrer Altersklasse. "Als der Torwart irgendwann nicht mehr ins Tor wollte, dachte ich, ich probier's mal." Seither hat die Fußballerin auf keiner anderen Position mehr gespielt. Mit 13 Jahren wechselte sie erst zum TUS Geretsried und zwei Jahre später ins Tor des FC Bayern. "Die Position ist speziell", weiß Schmid, "sie kann spielentscheidend sein". Doch sie möge den Druck und habe gelernt, damit umzugehen. Schmid bezeichnet es als ihre Stärke, das Spiel ruhig aufbauen zu können und Verantwortung zu übernehmen. Manchmal sei sie aber noch zu streng mit sich selbst.
Seit dieser Saison bekommen sie und ihre Mannschafts-Kolleginnen erstmals ein kleines Gehalt. Juliane Schmid freut das. Grundsätzlich sei sie dankbar für die Aufmerksamkeit und Wertschätzung, die der Frauenfußball in den vergangenen Jahren erfahren hat. Und dennoch sei es noch immer zu wenig. "Frauen sollte es leichter gemacht werden, eine Fußballkarriere anzustreben", so Schmid. Finanziell, aber auch strukturell.
Zeit für Hobbys bleibt der Sportlerin kaum. "Ich bin noch im Schützenverein, das mag ich als Ausgleich", sagt sie. Ansonsten genieße sie auch mal einen Tag daheim oder treffe Freunde. Ihre Eltern seien ihre wohl größten Fans und meistens mit im Stadion. Dort wird Juliane Schmid regelmäßig nach Autogrammen, ihren Handschuhen oder einem Selfie gefragt. Für den ein oder anderen Fan ist sie eben längst schon eine Profi-Fußballerin.