Berg:Der Hexenmeister

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Klug, komplex und experimentell, das sind die Stücke von Max von Mosch. Er gibt mit seinem Ensemble im Berger Mastall ein Konzert, das den Zuschauern lange im Gedächtnis bleiben wird.

Katja Sebald

Das Max von Mosch Orchestra gibt im ausverkauften Berger Marstall das dritte und letzte Konzert seiner kleinen Bayerntour und wird dort dementsprechend euphorisch gefeiert. Foto: Fuchs (Foto: STA Franz X. Fuchs)

Auf der Bühne das "Who is Who" der deutschen Jazzszene, unten im Saal das "Who is Who" des Kulturpublikums rund um den Starnberger See: Von Klaus Doldinger, graue Eminenz und oberste Instanz in Sachen Saxofon, bis hin zum Feldafinger Bürgermeister Bernhard Sontheim, inoffizieller Anführer aller Jazzfreunde am Westufer, hatten sich am Samstagabend zahlreiche illustre Gäste im Berger Marstall eingefunden, wo das Max von Mosch Orchestra vor restlos ausverkauftem Haus spielte. Das dritte und letzte Konzert einer kleinen Bayerntour war ein fulminanter und dementsprechend euphorisch gefeierter Abschluss.

Strahlende Gesichter machten auch die Veranstalter Christoph Bühring-Uhle von BSC Music in Münsing und Joachim Kaske vom Berger Kulturverein, die bis zuletzt gebangt hatten, ob die jungen Jazzer, die am Abend zuvor im Gautinger Bosco aufgetreten waren, in Berg vor leeren Stuhlreihen spielen würden. Dann aber waren es 250 Konzertgäste, die als weicher Klangpuffer fungierten und zusammen mit einer geschickt mittig im Raum platzierten Bühne und einer ausgefeilten Technik mithalfen, die trickreiche und gefürchtete Akustik unter dem denkmalgeschützten Gewölbe zu überlisten: Als breite und wuchtige Welle flutete der fette Sound des Tentetts den Saal. Mittendrin saß ernst und hoch konzentriert Max von Mosch und gab als "Hexenmeister" den Musikern die Einsätze in einer furiosen Choreografie der Klänge: Seine Stücke sind klug und komplex auskomponiert, aber zugleich experimentell, grenzgängerisch zwischen Jazz und Neuer Musik, ungemein dicht gewebt und doch feingliedrig, dabei immer wieder auch drängend, vorwärtstreibend. Vor allem aber ist die Musik des 32-jährigen Saxofonisten, der zuletzt mit einem zweijährigen Vollstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes am New England Conservatory in Boston studierte und dort mit einem "Doctor of Musical Arts" abschloss, eines geblieben: absolut melodieverliebt.

Im Zentrum des Abends stand die dreisätzige "Berlin Suite", die für das aktuelle Tentett-Projekt entstanden ist, für das Max von Mosch profilierteste Musiker aus ganz Deutschland gewinnen konnte. Im vergangenen Jahr hatte er sein erstes Orchesteralbum mit New Yorker Musikern veröffentlicht, jetzt hat er seinen neuen Bandkollegen weitere Stücke quasi auf den Leib geschrieben, etwa die "Space Walk Suite" oder das Stück "Kasachstan". Der Bassist Robert Landfermann und die zwei Echo-Preisträger Christian Elsässer am Klavier und Jonas Burgwinkel am Schlagzeug bilden die hochsensible Rhythmusgruppe. Der Berliner Saxofonist Christian Weidner, Gregor Bürer am Baritonsaxofon und am Fagott, der ebenfalls in Berlin lebende Trompeter Magnus Schriefl und der WDR-Lead-Trompeter Andy Haderer sind ebenso Teil des neuen Orchesters wie der australische Posaunist Adrian Mears und Klaus Heidenreich, ebenfalls an der Posaune.

Sie alle zeichnen sich nicht nur durch herausragendes technisches Können aus, sondern vor allem durch ihre Authentizität und ihren jeweils individuellen, lyrisch schönen Ton. Die Soundspielereien und das Gefrickel, das anderswo elektronisch erzeugt wird, sind hier auf spannende Weise handgemacht und mundgeblasen wie auch die wummernde Soundschleife, die der Australier Adrian Mears seinem Didgeridoo entlockt. Ein Konzertabend, den man so schnell nicht vergessen wird.

© SZ vom 25.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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