Extremsport:Weltrekord in 2500 Metern Höhe

Lesezeit: 2 Min.

Friedi Kühne schafft die Überquerung im ersten Versuch. (Foto: Jochen Schweizer)

Friedi Kühne aus Berg am Starnberger See läuft über eine 19 Meter lange Slackline, die zwischen zwei fahrenden Heißluftballons gespannt ist.

Von Carolin Fries, Berg

„Euphorisch, erleichtert und dankbar“: So beschreibt Friedi Kühne das Gefühl, das ihn auch am vierten Tag nach seinem neuen Weltrekord noch erfüllt. Der 35 Jahre alte Lehrer aus Berg am Starnberger See ist am Samstagnachmittag östlich von Rosenheim in 2500 Metern Höhe über eine 19 Meter lange Slackline gelaufen, die zwischen zwei fahrenden Heißluftballons gespannt war. „Es war die dynamischste Slackline, die ich je erlebt habe“, erzählt er am Telefon, bevor er zum Matheunterricht in die Montessori-Schule Biberkor muss.

Die Idee gab es schon lange, etwa ein Jahr dauerten die Vorbereitungen von Kühne und seinem Freund Lukas Irmler, 36, zusammen mit dem Erlebnisveranstalter Jochen Schweizer. „Es war ein langer Prozess“, erzählt Kühne. Es brauchte Genehmigungen von Behörden sowie die TÜV-Zulassung für einen der Ballons, der eigens für den Stunt hergestellt wurde. Letztlich aber war es das Wetter, das die Hobbysportler und ihr 30-köpfiges Team immer wieder ausbremste. „Wichtigste Voraussetzung war, möglichst keinen Wind zu haben“, so Kühne. Am Samstag waren die Bedingungen nicht ideal, man wartete bis zum Nachmittag, weil sich Nebel und Wolken hartnäckig hielten. Ein Start schien zunächst zu riskant.

Die Heißluftballons fuhren östlich von Rosenheim in Richtung der Alpen. Zwischen den Körben war die Slackline gespannt. (Foto: Jochen Schweizer)
Wichtig für die Sportler: die schriftliche Bestätigung ihres Erfolgs. (Foto: Jochen Schweizer)

Als die Wolkendecke ein wenig aufriss, war man sich einig, den Weltrekord-Versuch zu starten. Doch es gab Probleme: Ein plötzlich aufkommender Wind katapultierte die beiden Ballons in eine Rotation, die Chancen schwanden und sorgten für eine zusätzliche mentale Herausforderung der beiden Athleten und Ballon-Piloten. Beide Ballons konnten nach Minuten der Ungewissheit stabilisiert werden – die richtige Spannung der Slackline konnte jedoch nicht konstant gehalten werden. Herzklopfen. Höchste Konzentration. Bei jedem Schritt auf dem Seil.

Zuerst ging Lukas Irmler, 36, auf die Slackline – und stürzte im ersten Versuch. Die Verunsicherung und Nervosität stieg. Auf dem Rückweg gelang ihm schließlich der Rekord. Dann kletterte Friedi Kühne über den Korbrand auf das zweieinhalb Zentimeter breite Band und tastete sich Schritt für Schritt voran. „Es fühlte sich an, als würde man bergauf und bergab gehen, die Spannung der Line hat sich ständig verändert“. Doch der Lehrer blieb konzentriert und schaffte die Überquerung im ersten Anlauf.

Redaktion STarnberg (Video: Jochen Schweizer)

Die beiden Freunde, die bereits seit ihren Teenagerjahren gemeinsam slacklinen, holen den Rekord der höchsten Slackline-Überquerung der Welt damit nach Deutschland. Beide haben entsprechende Zertifikate der International Slackline Association (ISA) bekommen. Zuletzt hatte Brasilien im Jahr 2021 den Rekord in einer Höhe von etwa 1900 Metern aufgestellt. „Wir sind über uns hinausgewachsen und dieser Weltrekord ist dafür die Belohnung“, sagt Friedi Kühne. „So schwer war es noch nie“, sagt Irmler.

Die beiden haben bereits diverse Weltrekorde aufgestellt, Kühne ist es gelungen, seine Leidenschaft zum Teilzeitberuf zu machen. Er ist bereits mehrmals die längste Slackline gelaufen – Kühne zuletzt 2021 in Schweden 2130 Meter auf 600 Metern Höhe. Zu den spektakulärsten Unternehmungen des jungen Mannes vom Starnberger See gehören außerdem Free-Solo-Läufe. In 400 Metern Höhe balancierte er ohne Sicherung über die Hunlen Wasserfälle in Kanada. Auch am Glacier Point im Yosemite Nationalpark in den USA war er ungesichert in schwindelerregenden Höhen unterwegs.

Kühne sagt, er komme beim Slacklinen „in einen höheren Sinneszustand“. Man vergesse alles um sich herum, konzentriere sich nur noch auf das Wesentliche, spüre das Leben intensiver denn je. Er will das Gefühl des Erfolgs noch ein wenig auskosten und entspannen, bevor er neue Pläne schmiedet. Doch fest steht: „Nach dem Weltrekord ist vor dem Weltrekord.“

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusLage in Arztpraxen
:„Viele wollen keine Kinder mehr operieren“

Acht Monate und länger müssen Patienten auf Operationstermine bei HNO-Ärzten warten. Der Mediziner Bernhard Junge-Hülsing über ein krankes System, unter dem vor allem Kinder leiden.

Interview von Carolin Fries

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: