Die Gemeinde Berg kann sich glücklich schätzen: Sie besitzt ein zentral gelegenes rund 3600 Quadratmeter großes Gelände mitten im Ort – im wahrsten Sinne des Wortes ein Filetgrundstück. Auf ihm steht das bisherige Rathaus. Das Gebäude hat der Berger Architekt Michael Eberl im Jahr 1963 erbaut.
Weil aber das Anwesen mit den Jahren zu klein geworden ist für die heutige Gemeindeverwaltung, hat man das alte Gebäude bereits mehrfach mit Anbauten und Containern erweitert und vor Jahren beschlossen, ein neues Rathaus am Ortseingang von Berg zu bauen. Anfang kommenden Jahres soll es fertig sein und die Mitarbeiter können umziehen. Über die Frage, was aus dem alten Rathaus oder vielmehr aus dem Grundstück, auf dem es steht, wird, machen sich derzeit die Gemeinderäte mit Fachleuten Gedanken.
Große Hoffnungen setzen die Berger dabei in die Expertise von Architekt Manfred Brennecke vom Büro Arc Architekten, den sie mit einer Machbarkeitsstudie betraut haben. Brennecke, dessen Bürositz in Bad Birnbach im niederbayerischen Landkreis Rottal-Inn ist, hat in seiner Studie vor allem auf die Lage des gemeindlichen Grundstücks Bezug genommen.
Denn das Gelände liegt ideal in der Ortsmitte von Oberberg. Das heißt: Alle wichtigen Einrichtungen wie Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte, der See, der Sportplatz und das neue Rathaus sind maximal 500 Meter entfernt. Auch die historisch gewachsene Wohnstruktur des Dorfes und die Form der alten Häuser hat Brennecke in seinen Entwürfen berücksichtigt. Klar ist für die Berger Gemeinderäte bei all ihren Überlegungen eines: Auf dem alten Rathausgelände soll künftig Wohnnutzung entstehen. Denn Berg braucht Wohnraum – und zwar möglichst erschwinglichen.
Doppelhaushälften gibt es genug. Kleinere Wohnungen fehlen
Betrachtet man den Umgriff des Rathauses, so ist eines deutlich: „Die Gemeinde hat hier schon einen Wandel hinter sich“, sagt Bergs Bürgermeister Rupert Steigenberger. Denn die einst nahegelegene Wurstfabrik gibt es seit dem Jahr 2012 nicht mehr. Steigenberger erklärt: „Wo früher Riedl Debrecziner gemacht wurden, stehen heute Wohnhäuser.“ Insofern sei das alte Rathaus ohnehin eigentlich schon ein Fremdkörper mitten in der Wohnbebauung. „Daraus ist im Gemeinderat auch die Erkenntnis erwachsen, dass Wohnen an dieser Stelle am meisten Sinn machen würde“, berichtet Steigenberger.
Den größten Bedarf hat man in der Gemeinde nach seiner Einschätzung an barrierefreien, kleineren Wohnungen. „Es gibt unheimlich viele Doppelhaushälften in Berg, die in den vergangenen Jahren von den Bauträgern errichtet wurden“, sagt der Rathauschef. Deshalb sehe man momentan den Bedarf eher in einer Art Geschosswohnungsbau mit erschwinglicher Mieten. Ideal wäre nach Steigenbergers Dafürhalten barrierefreies Wohnen, das sich auch der Otto-Normal-Bürger leisten könne.
Natürlich ist dem Rathauschef bewusst, dass derzeit alle Wohnungsbaugesellschaften unter Finanzierungsproblemen leiden, da die Baukosten und die Zinsen so hoch sind, dass sich die Modelle für günstigen Wohnraum meist nicht mehr rechnen. Was dies angehe, habe die Gemeinde die Möglichkeit, über den Wert des Grundstücks – wenn sie es im Erbbaurecht vergebe oder einer Genossenschaft oder einem Verband überlasse – regulierend einzugreifen.
Architekt Brennecke hat sich in seiner Machbarkeitsstudie jedoch nicht nur auf das Rathausareal fokussiert, sondern auch das westlich gelegene Grundstück des Verbands Wohnen mit einer Größe von rund 1700 Quadratmetern mitberücksichtigt. Auf ihm stehen derzeit drei sanierungsbedürftige Gebäude aus den Jahren 1955 und 1980. Die Ideen des Architekturbüros Arc Architekten reichen von einer reinen Sanierung der vorhandenen Bauten auf den Grundstücken über eine Ergänzung des Bestands bis hin zum Abbruch der bisherigen Gebäude und der Errichtung von Neubauten.
„Ich sehe das als Einheit an, dass man das miteinander planerisch vorantreibt“, stellte Steigenberger bezogen auf den Verband Wohnen fest. Wobei er deutlich machte, dass aus den Plänen der Gemeinde in Sachen altes Rathausareal für den Sozialverband, in dem auch die Gemeinde Berg Mitglied ist, keine Verpflichtungen erwachsen. Der Verband könne natürlich völlig frei entscheiden, was er mit seinen Gebäuden vorhabe. Sollte die Gemeinde allerdings einen Bebauungsplan aufstellen, wolle sie darin auch die Verbandsgrundstücke berücksichtigen.
Drei Möglichkeiten zeigte Brennecke den Gemeinderäten auf: Die Minimalvariante sieht vor, das alte Rathaus lediglich zu entkernen. So könne man im jetzigen Bestand sechs Wohneinheiten unterbringen, wovon allerdings nur drei barrierefrei wären. Den bisherigen Sitzungssaal könnte man als Gemeinschaftsraum nutzen. Auch die drei Bauten des Verbands Wohnen mit ihren 19 Wohnungen ließen sich gemäß der Expertenmeinung energetisch sanieren, ohne dass die dortigen Mieter ausziehen müssten.
Steigenberger hält die reine Sanierung des Bestands allerdings nicht für die „wirtschaftlichste Variante“. So würde „das Flächenpotenzial nicht adäquat ausgeschöpft“, findet der Bürgermeister und erklärt weiter: „Gerade in dieser zentralen Lage würde es Sinn machen, die Fläche zu nutzen, um möglichst viele Wohnungen unterzubringen.“
Die zweite Variante sieht vor, den östlichen Ratshaustrakt im Norden und Süden anzubauen. Abgerissen würden allerdings der Sitzungssaal und das Trauzimmer. An deren Stelle könnte ein neuer Trakt mit zwölf Wohneinheiten entstehen, sodass letztlich 20 Wohnungen auf dem alten Rathausgelände untergebracht werden könnten. Sollte sich die Gemeinde für diese oder die erste Variante entscheiden, müsste sie sich wegen des Urheberrechts mit den Erben des Entwurfsverfassers Michael Eberl einigen. „Ich denke, das wären lösbare Themen“, meint Steigenberger zuversichtlich.
Da das alte Rathaus nicht unter Denkmalschutz steht, wäre es laut Steigenberger auch möglich, es komplett abzubrechen, ohne mit dem Urheberrecht in Konflikt zu kommen. In diesem Fall wären die Planer völlig frei was die neuen Wohnungsaufteilungen und die Zugänge angeht. Es wäre auch möglich, alle 20 Wohnungen auf dem kommunalen Gelände barrierefrei zu gestalten.
Ein Parkgeschoss mit 16 Stellplätzen ließe sich wegen des Höhenunterschieds im Gelände im östlichen Gebäudeflügel unterbringen. Würde sich auch der Verband Wohnen für Neubauten entscheiden, wären auf den Grundstücken insgesamt 43 Wohnungen möglich.
Steigenberger findet generell: „Es gibt keinen Königsweg, der es sein muss. Aber für mich persönlich liegen die ausschlaggebenden Vorteile bei den Neubauen in der kompletten Barrierefreiheit und der besseren Stellplatzsituation durch das Parkgeschoss.“