Verkehrsüberwachung:Kurzer Prozess mit Parksündern

Verkehrsüberwachung: Gerade auf Rettungswegen, wie hier an der Seeburg, gibt es an schönen Tagen häufig kritische Situationen, weil Ausflügler und Badegäste die schmale Straße zuparken. Benjamin Bursic vom Zweckverband Oberland und seine Mitarbeiter können Falschparker jetzt jedoch schneller abschleppen lassen.

Gerade auf Rettungswegen, wie hier an der Seeburg, gibt es an schönen Tagen häufig kritische Situationen, weil Ausflügler und Badegäste die schmale Straße zuparken. Benjamin Bursic vom Zweckverband Oberland und seine Mitarbeiter können Falschparker jetzt jedoch schneller abschleppen lassen.

(Foto: Georgine Treybal)

Benjamin Bursic, 39, aus Berg ist neuer Geschäftsführer beim "Zweckverband Kommunale Dienste Oberland". Falschparker und Raser sind seine Hauptkunden, doch das Unternehmen entlastet auch Gemeindeverwaltungen.

Von Sabine Bader, Berg

Falschparker und Raser ahnden - das ist noch heute das Kerngeschäft für den "Zweckverband Kommunale Dienste Oberland". Seit 2017 hat der Verband sein Aufgabenspektrum jedoch enorm erweitert: Er übernimmt für die angeschlossenen Gemeinden auch sogenannte Vollstreckungsaufgaben. "Vollstreckung", das klingt martialisch und besagt, wenn zum Beispiel jemand seine Gewerbesteuer oder Kindergartengebühr nicht bezahlt, treibt der Zweckverband für die Kommunen das Geld ein.

Der Zweckverband sucht auch säumige Zahler auf

Da klopft dann zuerst ein Außendienstmitarbeiter an die Wohnungstür das säumigen Zahlers. Wird dann noch immer nicht gezahlt, greift der Verband zu härteren Methoden - da heißt es dann Lohn- und Kontopfändung. Dieses besondere Aufgabenfeld hat Benjamin Bursic aufgebaut, als er vor sechs Jahren vom Berger Rathaus zum Zweckverband wechselte. "Das ist eine sehr spezielle Materie", sagt er.

Ein weiteres Geschäftsfeld des Verbands sind seit 2020 die sogenannten Vergaben: nationale und europaweite Ausschreibungsverfahren. Wenn etwa eine Gemeinde ein neues Feuerwehrauto kauft, darf sie den Auftrag nicht einfach vergeben, sondern muss ihn ausschreiben. Der Zweckverband wertet dann für die Gemeinde die Angebote aus und bewertet diese auch juristisch.

155 Gemeinden nehmen die Dienste des Verbands in Anspruch

Seit Anfang April ist der 39-Jährige nun Geschäftsführer des Gesamtzweckverbands - ein großer Arbeitgeber in Bad Tölz, wo der Verband seinen Firmensitz hat. Als die Verkehrsüberwacher 2007 mit ihrer Arbeit begannen, hatten sie 27 Mitgliedskommunen und zwölf Mitarbeiter, heute lassen 155 Gemeinden den fließenden und ruhenden Verkehr vom Verband mit seinen mehr als 150 Festangestellten überwachen.

Bursic weiß um die Schwierigkeiten, mit denen sich Rathausmitarbeiter herumschlagen müssen. Er hat die Kommunalverwaltung von der Pike auf gelernt. Wer in einem Rathaus gearbeitet habe, und möge es noch so klein sein, von dem werde erwartet, dass er ein Allrounder sei und alles könne, spricht Bursic aus eigener Erfahrung. Doch das ist zu viel verlangt. "Das ist heutzutage nicht mehr zu stemmen. Alles wird komplexer und reglementierter." Da könne man als Verwaltungsmitarbeiter nicht immer auf dem Laufenden sein. Beim Zweckverband aber gebe es für diese Aufgaben Spezialisten, die den ganzen Tag nichts anderes machten. Das entlaste die Gemeinden enorm, die sich stattdessen verstärkt um ihre Kernaufgaben kümmern können.

Neuerdings können Mitgliedsgemeinden mit viel Besuchsverkehr und Tourismus auch veranlassen, dass Falschparker auf Rettungswegen - etwa am Ostufer des Starnberger Sees - wesentlich schneller als bisher abgeschleppt werden, auch ohne dass die Polizei vor Ort sein muss. "Vereinfachtes Abschleppverfahren" nennt sich dieses Verfahren. Die Nachbargemeinden Berg und Münsing haben sich erst kürzlich dazu entschlossen.

Verkehrsüberwachung: Achtung, Kontrolleur: Wer jemanden mit diesem Emblem in Arbeit vertieft an seinen Auto stehen sieht, der weiß, er hat vermutlich etwas falsch gemacht.

Achtung, Kontrolleur: Wer jemanden mit diesem Emblem in Arbeit vertieft an seinen Auto stehen sieht, der weiß, er hat vermutlich etwas falsch gemacht.

(Foto: Manfred Neubauer)

Mit der Gemeinde Berg ist Bursic eng verbunden: Er ist hier geboren, aufgewachsen und lebt auch heute noch in Berg. Seine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten absolvierte er im Berger Rathaus, besuchte die Berufsoberschule in Bad Tölz und ging danach zum Studium nach Hof. Als frischgebackener Diplomverwaltungswirt wurde er im Berger Rathaus zuerst Kämmerer und dann von 2014 an Geschäftsleiter. 2017 holte ihn sein Vorgänger im Rathaus, Michael Braun, zum Zweckverband.

Das Reizvolle an seinen neuen Aufgaben im Verband ist für ihn, "etwas für die Gesellschaft tun" zu können. Große Worte, die er so begründet: "Da mag man jetzt sagen, Verkehrsüberwachung ist nur reine Abzocke. Aber wir können beweisen, dass gerade durch die Überwachungen im fließenden Verkehr die Anzahl der Verstöße über die Jahre hinweg drastisch abgenommen hat. Die Messungen tragen also wirklich zur Sicherheit bei." Einen weiteren Sinn sieht Bursic auch darin, die Kollegen in den Rathäusern zu entlasten und damit die Qualität für den Bürger zu verbessern.

Verkehrsüberwachung: Nicht überall an der Seestraße, wie hier zwischen Ammerland und Ambach, dürfen Autofahrer ohne Berechtigungsausweis fahren oder parken.

Nicht überall an der Seestraße, wie hier zwischen Ammerland und Ambach, dürfen Autofahrer ohne Berechtigungsausweis fahren oder parken.

(Foto: Harry Wolfsbauer)
Verkehrsüberwachung: Mit Transparenten weisen Verkehrsüberwacher die Autofahrer auf Rettungswege hin.

Mit Transparenten weisen Verkehrsüberwacher die Autofahrer auf Rettungswege hin.

(Foto: Georgine Treybal)

Das Mitgliedernetz des Zweckverbands erstreckt sich von Neuschwanstein bis zum Chiemsee und von den Toren Münchens bis nach Mittenwald an die österreichische Grenze. Ein großes Gebiet, in dem es nicht immer gleich einfach ist, neue Mitarbeiter zu rekrutieren. Vor allem im Raum Starnberg tut sich der Zweckverband schwer damit, neue Verkehrsüberwacher zu finden. "Wir kennen die Mieten hier", sagt Bursic, "und die hohen Lebenshaltungskosten."

Reichsbürger bereiten dem Verbandschef Sorge

Und noch ein zweite Phänomen bereitet Bursic Sorgen: die Reichsbürger. "Ihre Anzahl nimmt zu oder sie geben sich jetzt offener zu erkennen." Beim Zweckverband gehen seit längerem viele einschlägige Briefe ein. Darin werde behauptet werde, dass es die Bundesrepublik in dieser Form gar nicht gebe. Der Zweckverband sei daher nur ein privates Unternehmen, das ihnen in Form eines Bußgeldbescheids ein Vertragsangebot unterbreite, das sie hiermit ablehnten. Dabei steht fest: "Wir dürfen Verstöße ahnden." Auch Reichsbürger müssen also ihre Strafzettel bezahlen. Briefe dieser Art gibt der Zweckverband konsequent als sogenannten Reichsbürgerverdacht an eine spezielle Meldestelle weiter. Bursic: "Wenn Menschen den Staat nicht mehr akzeptieren, halte ich das für äußerst bedenklich."

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