Fondue oder Raclette, Lachs, Kaviar oder gleich Hummer: Vorbei die Zeiten, in denen der 24. Dezember ein strenger Fastentag war und erst spät abends nach der Christmette wieder richtig gegessen wurde. Auch Oskar Maria Graf erinnert sich in seinem New Yorker Exil an das Mettengehen an Heiligabend und das nächtliche Heimkommen zu Würsten und Kraut. Heutzutage würde wohl kaum jemand mehr Blut- und Leberwürste fürs weihnachtliche Festessen einkaufen.
Früher wurde auf jedem Hof ein Schwein für Weihnachten gemästet, je schwerer die Sau, desto wohlhabender der Bauer. Am Thomastag, dem 21. Dezember, wurde traditionell dieses als "Mettensau" oder "Weihnachter" bezeichnete Schwein geschlachtet. Für die Mettensuppe mit Blut- und Leberwürsten wurden eigens weiße Wecken gebacken, zum nächtlichen Festessen mit den Mettenwürsten versammelte sich die ganze Familie und das Gesinde. Der Thomastag, zugleich der Tag der Wintersonnenwende, ist mit zahlreichen Bräuchen und einigem Aberglauben verbunden. Die Nacht davor ist die Thomasnacht, in der nach alter Überlieferung die Tiere sprechen können und man in die Zukunft schauen kann. Mit der Thomasnacht beginnt die dunkelste Zeit des Jahres.
Der Schlachttag kurz vor Weihnachten hatte in früheren Zeiten schlichtweg praktische Gründe, denn für die Feiertage brauchte man Fleisch und Würste. Wie der Heilige Nikolaus, der vom Krampus oder Klaubauf begleitet wird, und die Heilige Lucia, deren dunkle Zwillingsschwester die "Schiache Luz" ist, hat aber auch der Apostel Thomas einen schaurigen Begleiter für den "pädagogischen Teil" des Brauchtums: In der Thomasnacht jagte früher der "Bluadige Dammerl" den Kindern Angst und Schrecken ein.
Blutverschmiert und mit einem mächtigen Hammer ausgestattet, bedrohte der grausige Metzgergeselle alle, die nach Einbruch der Dunkelheit noch auf der Straße unterwegs waren. Besonders auf geizige und neidische Menschen hatte er es abgesehen. Weithin war sein Ausruf "I schlog a jede Sau" zu hören.
Das freilich war nicht der einzige Grund, warum man am Thomastag rechtzeitig mit der Arbeit fertig werden sollte: Die Thomasnacht, die längste Nacht des Jahres, war zugleich die erste der zwölf Rauhnächte. Deren Name könnte sich sowohl vom mittelhochdeutschen Wort für "haarig" als auch von "rauchen" oder "räuchern" ableiten. In dieser Zeit stand nach altem Volksglauben das Geisterreich offen, die "Percht", begleitet von pelzigen Gesellen mit "schiachen" Larven, ging um und war auf der Suche nach herumirrenden Seelen.
Mythen rund um die Thomasnacht
Vielerorts stellte man ihr Speisen vor die Tür, um sie zu besänftigen. In den vier wichtigsten Rauhnächten, der Thomas-, der Heiligen-, der Silvester- und der Nacht zum Dreikönigstag, wurde das Haus mit Wacholder oder Weihrauch ausgeräuchert. Mit diesem uralten Reinigungsritual wurden auch Speisen und Kochgeschirr geschützt. Auch der Brauch, in der Silvesternacht Lärm zu machen, sollte die bösen Geister fernhalten. Die Thomasnacht war aber auch besonders dazu geeignet, in die Zukunft zu schauen. Ganz wichtig war es, den Stall rechtzeitig zu verriegeln, denn wer in dieser Nacht das Vieh sprechen hörte, dem war der Tod im kommenden Jahr gewiss.
Legte man sich in der Thomasnacht verkehrt herum ins Bett, so träumte man, was im nächsten Jahr alles geschehen würde. Junge Mädchen konnten durch verschiedene Orakelbräuche in dieser Nacht ihren Zukünftigen sehen. Vor dem Thomastag musste alles, was verliehen worden war, wieder im Haus sein, und Geliehenes sollte man vorher zurückbringen. Nur Menschen, die einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben, behalten Leihgaben über den Jahreswechsel. Bis zum Thomastag mussten alle Werkzeuge aufgeräumt sein, vor allem durften keine Gerätschaften zum Backen vor dem Ofen liegenbleiben.
An den folgenden zwölf Tagen durfte man keine Wäsche aufhängen und die Betten nicht im Freien lüften. Beides brachte ebenso Unglück wie das Haare- oder Nägelschneiden "zwischen den Jahren". Überhaupt war jetzt jede Arbeit verboten. Aberglaube hin oder her: Früher war an den Feiertagen wenigstens Ruhe.