Bauprojekt:Refugium der Kreativen

Im historischen Bahnschuppen in Utting soll in Verbindung mit einem modernen Neubau ein Jugend- oder Kulturzentrum entstehen - soweit der Plan. Jetzt hofft man auf die Ideen der Bürger

Von Armin Greune, Utting

"Mehrzweckhalle ist ein Unwort für mich", sagt Heiko von Meier. Sein Mitstreiter Miene Gruber hat dem künftigen Uttinger Jugend- oder Kulturzentrum den Namen "Refugium" verpasst. Noch zutreffend wäre gerade wohl "Ideenwerkstatt". Schon die räumliche Anmutung des Schauplatzes legt Werkendes nahe: Das in die Jahre gekommene Lagerhaus am Bahnhof wirkt wie eine überdimensionierte Garage. Aus dem ehemaligen Schuppen und einem Anbau will die Kommune eine Begegnungsstätte schaffen. Und der Gemeinderat vertraut bei Planung und Nutzung nicht nur auf das eigene kreative Potenzial sondern setzt auf eine möglichst breite Flut an Anregungen aus der Bürgerschaft.

Zur Moderation hat man den Schondorfer Architekten Helgo von Meier sowie den Uttinger Künstler Miene Gruber engagiert und den Lagerraum geöffnet. Täglich von 15 bis 18 Uhr sind dort bis 21. November ein Modell und die Pläne zu besichtigen, die das Büro "von MeierMohr". Vielmehr als die Gebäudemaße sind daraus nicht zu entnehmen - es soll ja Aufgabe der Bürger werden, die weißen Flächen mit Vorschlägen auszufüllen. Selbst die Abgrenzungen auf den Plänen sind noch Verhandlungssache: Die gemeindeeigene Parzelle ließe sich noch nach Norden erweitern, wenn man mit der Privateigentümerin des Bahnhofs zu einer Einigung gelange, sagt von Meier.

Utting Bahnhof, Modell Refugium

Die Koordinatoren der Bürgerbeteiligung Miene Gruber und Helgo von Meier mit Bürgermeister Florian Hoffmann (von links).

(Foto: Georgine Treybal)

Dem gegenwärtigen Stand nach ist ein 105 Quadratmeter großer Neubau südlich des Fahrradabstellplatzes vorgesehen, der sich mit einer Glasfassade nach Süden öffnet. Die Terrasse davor ist der 50 Quadratmeter umfassende Übergangsbereich zum Lagerhaus, der mittels Rolltoren zum geschützten Raum werden kann. Nach innen wären sie als flexible Ausstellungswände zu nutzen. Von außen streben die Planer die "Ästhetik eines Güterwaggons" an. Ihnen ist wichtig, den Bahnschuppen für das Ortsbild zu erhalten: "Der Charme und die Atmosphäre dieser Orte fallen immer mehr Innovationen zum Opfer", findet von Meier. Deshalb orientieren sich Firsthöhe, Dachneigung und Gebäudebreite des Neubaus auch am Bestand.

Das 53 Quadratmeter messende Lager grundlegend umzubauen, sei wenig sinnvoll: Für Heizungsanlage oder die Einrichtung von Toiletten, Küche, Garderobe und Lager wäre soviel Raum nötig, dass ein Jugendzentrum, eine Kunsthalle oder ein Veranstaltungsraum keinen Platz mehr fänden. Die Architekten empfehlen daher eine Sanierung der Bausubstanz. Erneuerung des Dachs, Fensterreparatur, Trockenlegung des Kellers, Spenglerarbeiten, die Installation einer einfachen Elektroheizung und ein innen liegender Windfang ließen sich mit 122 000 Euro bewerkstelligen, schätzt von Meier.

Utting Bahnhof, Modell Refugium

Die Ideen der Uttinger sind für die künftige Begegnungsstätte am Bahnhofsschuppen gefragt. Im Bild ist das Modell für den geplanten Anbau zu sehen.

(Foto: Georgine Treybal)

Der Neubau ist teilweise zweigeschossig konzipiert, um im Tiefparterre unter einem "Veranstaltungsraum" für die Allgemeinheit zugängliche, behindertengerechte WCs und Nebenräume unterzubringen. Vom Galerie-Geschoss aus hätte man einen Blick über den Summerpark zum See. Baubeginn soll Frühjahr 2022 sein, für das gesamte Projekt kalkuliert Utting eine Million Euro ein und rechnet mit einem satten Zuschuss aus der Städtebauförderung.

Dazu ist ein integriertes Entwicklungskonzept mit Bürgerbeteiligung erforderlich. Für den Musiker, Zeichner und Kabarettisten Miene Gruber ist das Entfachen von Interesse am Projekt aber auch Herzensangelegenheit. Unter anderem hat er vor der Ausstellung mit Schülersprechern und Elternbeiräten Kontakt aufgenommen, zur Eröffnung baumeln Wäscheklammern an Schnüren für Ideenzettel. Im und am das Lagerhaus sind Briefkästen angebracht, außerdem kann man online auf Facebook oder Instagram Visionen posten.

Wird das Refugium nun eher ein Kulturhaus oder vor allem ein Zentrum für die Jugend? Seit 2015 fehlt in Utting jegliches Angebot an offener Jugendarbeit. Im Dezember will Gruber und von die Ergebnisse des Bürger-Brainstormings im Gemeinderat vorstellen, er appelliert an alle Uttinger: "Mitmachen ist angesagt, wer sich jetzt nicht rührt, braucht sich danach nicht zu beschweren."

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