"Den Ball weghauen. Weiter schlagen. Und Spaß haben." So einfach lässt sich also Baseball und seine Faszination erklären. Der neue Gautinger Chefcoach Christopher Howard lächelt breit und zufrieden, als er das sagt mit dem Weghauen: "Das war immer das Beste." Die Disziplin mit keulenartigen Schlägern und sehr harten Bällen, Homeruns und Strikes ist Volkssport in den USA oder in Japan. Hierzulande ist Baseball noch immer etwas exotisch und mit dem Ruf behaftet, komplizierte Regeln und gewisse Längen zu haben. In Gauting ist das seit vielen Jahren anders.
Howard ist Gautinger, besuchte dort die Grund- und Mittelschule. Er wuchs mit drei Geschwistern in einer sportlichen Familie auf. Zuerst war es Tennis in Pentenried: "Wir sind auf dem Tennisplatz aufgewachsen", sagt er. Howard ist einer, der das gut kann, den Ball weghauen.
Vor dem Training in der Turnhalle der Gautinger Hauptschule erzählt er von seinem Sportlerleben, von seinen Stationen im Regensburger Sportinternat und bei den Baseballern dort und bei dem Team in Haar, von seiner Bundeswehrzeit bei der Sportfördergruppe in Neubiberg, von seiner eigenen Karriere in die Bundesliga. Dass Sport ein wichtiger Bestandteil in seinem Leben sein würde, war immer klar. Der 33-Jährige ist ehemaliger Nationalspieler, war Talentscout für die Cincinnati Reds und Assistenztrainer in Arizona, zuletzt war er als Headcoach der deutschen U18-Nationalmannschaft unterwegs. In diesem Herbst ist er zurückgekehrt zu seinen Gauting Indians, wo er auch angefangen hat mit diesem Sport, und trainiert die erste Herrenmannschaft. Und wenn es klappt, möchte er sie wieder in die erste Bundesliga führen. Da waren die Gautinger schon einmal für mehrere Jahre.
Howard ist ein gedrungener, eher ruhiger Typ. Er wirkt wie angekommen, wie heimgekommen. Die Indians, sagt der Trainer, sind für ihn wie eine Familie, in der er den Zusammenhalt genießt. Da kommen zu einem U12-Spiel auch mal 200 Zuschauer. "Schon toll, wie die dahinter stehen", bemerkt der Trainer.
Zudem ist es eine besonders erfolgreiche Familie: Der Name Gauting dürfte in der Baseball-Welt bundesweit bekannt sein. Viele, die bei dem vor 30 Jahren gegründeten Verein im Würmtal mit mehr als 180 Mitgliedern das Schlagen und Fangen gelernt haben, haben dann in der ersten Bundesliga oder in der Nationalmannschaft gespielt. Oskar von Mosch zum Beispiel, der im November zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde. Oder Bernhard Huber, erfahrener Bundesligaspieler, der nun ebenfalls dem neu gewählten Vereinsvorstand angehört. Das erste Team der Gauting Indians war 2004 in die höchste deutsche Liga aufgestiegen und konnte sich dort sieben Jahre lang halten.
Um so gut zu sein, ist harte Arbeit erforderlich. Vier Mal in der Woche trainieren die Spieler der ersten Mannschaft, auch im Winter. Da kommen mehr als zehn Stunden zusammen. Mal in der Halle der Hauptschule, mal in der Halle des Gymnasiums, und sonntags in der Halle des Gautinger Sportclubs (GSC). Und im Sommer auf dem Baseballplatz am Ende der Leutstettener Straße ganz in der Nähe des GSC-Geländes. Hinzu kommt regelmäßiges Krafttraining im Fitness-Center bei der Reismühle. Drei Herrenmannschaften gibt es bei den Indians, außerdem acht Nachwuchsteams und eine Freizeitmannschaft.
Nun also erstmal Training in der Halle, bis im März die neue Saison beginnt. Ein gutes Dutzend Mitspieler ist an diesem Mittwochabend gekommen. Alte Hasen sind dabei und jüngere Talente wie der 17-jährige Elias Huber. Ihm gefällt an dem Sport auch die mentale Herausforderung, sagt er. Immerhin seien manchmal zwei dreistündige Runden zu überstehen. "Und es ist viel Taktik dabei", sagt er. Und gehöriger Wumms: Wenn die Spieler sich quer durch die Halle die harten Bälle zupfeffern, möchte man nicht versehentlich getroffen werden. Blaue Flecken gäbe das mindestens. "Passiert nichts", beruhigt Vereinssprecher Holger Simonszent, "die können das". An diesem Abend üben sie "Details", wie der Coach das nennt: Bälle im Laufen fangen, am Boden kniend Bälle zuwerfen, um die Finger aufzuwärmen.
"Für uns steht der Nachwuchs im Fokus", sagt Howard. Da waren die Indians schon immer gut - und sind es auch jetzt noch. Nach Ansicht des Cheftrainers, der sich in der Szene gut auskennt, gibt es in Gauting das beste Nachwuchsprogramm in ganz Deutschland. Erst kürzlich wurden sieben junge "Indianer" von der deutschen Baseball-Akademie (DBA) in den 26-köpfigen Kader der besten nationalen U10-Talente nach Paderborn berufen. Sie dürfen nun an einem Camp in Italien und einem internationalen Turnier in Tschechien teilnehmen. "Wir sind gerade in der guten Situation, dass wir viele talentierte Spieler haben und das auf lange Sicht. Das ist schon eine coole Aufgabe, die zu trainieren", sagt Howard. Nun kommt es darauf an, sie auch in Gauting zu halten.
Der Platz an der Leutstettener Straße ist nicht geeignet für Spiele der Bundesliga
Ein Problem ist der Platz. "Wir sind an der Kapazitätsgrenze, was die Anlage hergibt", sagt Howard. Und U10-Chefcoach Oskar von Mosch meint: "Wir sind stolz darauf, auf Landes- und Bundesebene mit unseren Kids so stark vertreten zu sein. Leider müssen wir befürchten, diese Toptalente mittelfristig an andere Clubs zu verlieren. Wir benötigen dringend eine adäquate Trainings- und Wettkampfstätte." Da mögen die Spieler noch so gut sein und sich für die erste Liga qualifizieren: Das Gelände ist für dieses Niveau nicht geeignet, denn er erfüllt einige vorgeschriebene Anforderungen nicht. Da fehlt zum Beispiel Flutlicht oder ein mehrere Meter breiter Sandstreifen rund ums Spielfeld. Der Verein ist deswegen im Gespräch mit der Gemeinde, der neue Vorsitzende Oskar von Mosch kümmert sich darum. Derweil träumt Cheftrainer Howard weiter von einer Rückkehr in die Bundesliga - wohl noch nicht in der kommenden Saison, aber vielleicht in den kommenden Jahren, wenn die Mannschaft so weit ist.
Für Howard selbst ist die aktive Zeit vorbei. Der 33-Jährige hat zu viele Gehirnerschütterungen erlitten. Zuletzt waren es gleich zwei in einer Woche: Zuerst wurde er in Heidenheim umgerannt, ein paar Tage darauf hat ihn in Stuttgart ein Ball am Helm getroffen. Er spielte zunächst weiter, doch in seinem Bewusstsein fehlen ein paar Stunden. Erst im Krankenhaus ist er wieder zu sich gekommen. "Kann passieren", sagt er auf seine lapidare Art. Aber nach Rücksprache mit den Ärzten hat er mit Rücksicht auf seine Gesundheit das Ende seiner Karriere beschlossen. Aber ganz ohne Sport geht es für ihn nicht: Er geht regelmäßig zum Krafttraining, spielt Tennis, und ab und zu geht er auf den Golfplatz: Ein paar Bälle weghauen.