Energiewende im Landkreis Starnberg:Balkonkraftwerke für alle

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Solarmodule für ein sogenanntes Balkonkraftwerk hängen an einem Balkon. In Lenggries aber soll zunächst die Ortsgestaltungssatzung überarbeitet werden. Auch im neuen Entwurf sollen Balkonkraftwerke jedoch nicht pauschal erlaubt werden. (Foto: Stefan Sauer/dpa)

Immer mehr Kommunen fördern die Installation von Modulen - neuerdings auch Seefeld. Derzeit werden dort bereits 18 Prozent des Strombedarfs durch Sonnenkraft gedeckt. Möglich wäre aber weitaus mehr.

Von Patrizia Steipe, Seefeld

Wenn die Sonne scheint, dann schaltet Familie Frühholz im Seefelder Ortsteil Hechendorf Waschmaschine, Spülmaschine und andere Stromfresser an - denn dann arbeitet das neue Balkonkraftwerk auf dem Dach besonders effektiv. Seit zwei Monaten erzeugen die Module Strom für die fünfköpfige Familie. "Wir verbrauchen jetzt den Strom geplanter", erklärt Josef Frühholz, "das war ein Lernprozess". Das Gute daran: Der Hechendorfer hat sich nicht nur dank der neuen Gesetzgebung die Mehrwertsteuer für das Gerät und alles Material, das für die Installation notwendig war, wie Verlängerungskabel, gespart, sondern auch noch den Zuschuss der Gemeinde Seefeld in Höhe von 150 Euro für die beiden Module bekommen. So habe das Ganze nicht einmal 1000 Euro gekostet. "In vier Jahren ist das Ding bezahlt", erklärt der frischgebackene Stromerzeuger. "Wer da nicht mitmacht, der muss einen Vogel haben".

Mit der Jahresleistung eines Balkonkraftwerks könne etwa ein Ein-Personenhaushalt etwa ein halbes Jahr auskommen oder es könnten 4000 Kilometer mit einem E-Fahrzeug gefahren werden, rechnete Wolfgang Falkenberg vom Energiewendeverein Seefeld vor.

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Frühholz ist der erste Bürger der Gemeinde, der in den Genuss des Seefelder Förderprogramms gekommen ist. Bei einem Pressetermin im Rathaus überreicht ihm Ernst Deiringer, Sprecher des Energiewendevereins, deswegen als Dank "Das Klimabuch" von Greta Thunberg. Seefeld ist allerdings nicht die einzige Kommune im Landkreis, die ihre Bürger zum Kauf von Mini-Kraftwerken ermuntert und das Ganze auch noch sponsert: Die Gemeinde Herrsching etwa fördert den Kauf eines Moduls mit 100 Euro, den Kauf zweier mit 200 Euro bereits seit Längerem. Feldafing hat sich im März diesen Jahres ebenfalls dazu durchgerungen, künftig 100 Module pro Jahr mit jeweils 50 Euro zu bezuschussen. Die CSU-Fraktion im Gemeinderat hatte dies im Auftrag des Arbeitskreises Klimaschutz beantragt und damit begründet, Nutzer könnten damit 1,50 Euro pro Tag sparen, sofern zwölf Stunden lang die Sonne scheine. Immerhin: Bei 250 Sonnentagen im Jahr würde sich die Anlage nach drei Jahren amortisieren, hieß es damals in der Sitzung.

Ernst Deiringer, Josef Frühholz, Bürgermeister Klaus Kögel und Wolfgang Falkenberg (v.li.) präsentieren ein typisches Modul für ein Balkonkraftwerk. (Foto: Patrizia Steipe/Starnberger SZ)

"Länger als einen Samstagvormittag dauert die Installation eines Balkonkraftwerks nicht", versichert Frühholz. Das Balkonkraftwerk habe zwar den Begriff "Balkon" im Namen, könne aber an beliebigen Standorten installiert werden. Seine beiden Solarmodule hat er aufs Dach montiert und dazu ein Kabel durch das Haus gezogen. Das sei allerdings ein wenig knifflig gewesen, gibt der 59-Jährige zu. Die ein bis zwei Module - mehr dürfen es bei den steuerfreien Balkonkraftwerken nicht sein - können aber auch einfach auf den Balkon oder an einen Zaun gestellt oder auch aufs Dach des Carports oder Gartenschuppens montiert werden. Jedes misst ein mal zwei Meter und wiegt 18 Kilo. Hauptsache, sie werden gut befestigt. Da der Wechselrichter auf der Rückseite installiert ist, muss dann nur mehr das Kabel in eine gewöhnliche Schuko-Steckdose gesteckt werden. Frühholz hat sein Balkonkraftwerk über die Energiegenossenschaft Fünfseenland gekauft, mittlerweile werden sie aber sogar bei Discountern angeboten.

"Normalerweise holt man sich Strom aus einer Steckdose und so bringt man Strom ein", sagt Seefelds Bürgermeister Klaus Kögel. Es ist aber tatsächlich so einfach, stimmt Falkenberg zu. "Was produziert wird, wird reingeschoben". Wird zu viel Strom produziert, geht der Strom ins öffentliche Netz - kostenlos, denn einen Ertrag gibt es dafür nicht mehr.

Gemeinsam mit der Agenda-21- Ortsgruppe hat die Gemeinde die Idee ausgearbeitet

Dank der neuen Gesetze sind für Balkonkraftwerke, damit werden zwei Module mit 600 Watt beschrieben, keine Steuererklärungen, Gewerbeanmeldungen oder Abrechnungen mehr notwendig.

Die Idee mit den Förderungen für Balkonkraftwerke hatte die Gemeinde gemeinsam mit der Agenda-21- Ortsgruppe ausgearbeitet. In den vergangenen Jahren seien stets Hausbesitzer bei ihren energetischen Sanierungen wie Wärmedämmung und Heizungstausch oder seit einiger Zeit auch der Bau von Regenwasserzisternen gefördert worden. Meist seien dies aber Personen gewesen, die ohnehin schon finanzkräftig seien. Jetzt sollen einmal kleine Haushalte und Mieter in den Genuss von Förderungen kommen, wie Deiringer erklärt. Mit Einverständnis des Vermieters dürfen die Balkonkraftwerke bereits jetzt an Mietwohnungen installiert werden, zudem wird aber auch ein weitergehendes Bundesgesetz erwartet.

Seefeld hat für alle energetischen Förderprogramme der Gemeinde insgesamt rund 100 000 Euro in den Haushalt eingestellt. Derzeit werden 18 Prozent des Stroms in der Gemeinde durch Sonnenkraft erzeugt. Das Potenzial liege jedoch bei 70 Prozent, sagt Deiringer. Bei Bebauungsplänen wie derzeit für die Spitzstraße werde deswegen darauf geachtet, dass die Dachflächen die ideale Ausrichtung und Neigung hätten und nicht durch Gauben oder Einschnitte für eine Photovoltaik-Anlage eingeschränkt wären, sagt Kögel. Seit Langem ist Seefeld auch auf der Suche nach einem Grundstück für eine Freiflächenanlage: Das Sonnenfeld könnte beispielsweise auf einem großen Firmenparkplatz entstehen, sagt der Bürgermeister. Es habe zwar schon viele Gespräche gegeben, "ich kann aber noch keinen Vollzug melden".

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