Bad Tölz-Wolfratshausen:Erholungssuche versus Umweltschutz

Richard Hoch

Richard Hoch kritisiert, dass das Landratsamt den Alpenverein zu wenig eingebunden hat.

(Foto: Janine Hague/oh)

Richard Hoch von der Tölzer Alpenvereinssektion gehen die Betretungsverbote für Wintersportler im Südlandkreis zu weit

Von Arnold Zimprich, Bad Tölz-Wolfratshausen

Im Landkreis-Süden, größtenteils auf Lenggrieser Flur, erstreckt sich eine wilde, zum Teil unberührt erscheinende Bergwelt, die Tieren und Menschen als Rückzugsgebiet dient. Doch in jüngster Zeit drängen immer mehr Freizeitsportler in die sensible Alpennatur- die Corona-Maßnahmen und die zeitweise geschlossene österreichische Grenze sind nur zwei von vielen Gründen. Damit erhöht sich das Konfliktpotenzial zwischen Erholungssuche und Umweltschutz. Kritisch sieht Richard Hoch diese Entwicklung. "Die sozialen Medien sind in meinen Augen das Hauptproblem", sagt der Naturschutzreferent der Tölzer Alpenvereinssektion. "Dort werden Touren, oftmals ,Geheimtipps', die unter Umständen auch durch sensible Bereiche führen, einer breiten Masse zugänglich gemacht."

Das Landratsamt hat für Wildfütterungszonen vor einem Jahr zwar Betretungsverbote ausgesprochen. Um die 1100 Hektar auf der Flur der Bayerischen Staatsforsten sind davon betroffen. Wintersportler, Wanderer und Spaziergänger dürfen dort zwischen Anfang Dezember und Ende April nicht hinein.

Für Hoch ist das in diesem Ausmaß aber unangemessen. "Warum diese großen Gebiete? Generell kann ich eines nicht gelten lassen: In den Erlassen für die 13 Gebiete stand immer die gleiche Begründung drin. Da wird nicht individuell, differenziert und mit Augenmaß vorgegangen, das ist ein Muster", kritisiert er. Das Landratsamt argumentiere, dass bisherigen Maßnahmen nichts gebracht hätten. "Da sage ich: Ja was habt ihr denn bisher zur Aufklärung und Besucherlenkung gemacht? In meinen Augen nichts. Mir geht das schon zu weit."

Die Zonen mit Betretungsverbot sind größtenteils unwegsame, schlecht erschlossene Areale wie etwa die Südostflanke des Geiersteins bei Lenggries - andere Sperrungen, wie die der Nordhänge des Roßkopfs bei Fall, sieht Hoch kritischer. Außerdem bemängelt er, dass die Jagdbehörde die Beschlussvorlagen dem Alpenverein zwar vorgelegt hat, die Stellungnahmen des DAV, die zusammen mit der Bundesgeschäftsstelle in München erarbeitet wurden, jedoch nicht beachtet wurden. "Was mich besonders wurmt: Es gab keinerlei Resonanz auf die Vorschläge des Alpenvereins", sagt der 62-Jährige. "Ein Betretungsverbot ist für mich das schärfste Schwert, es ist eine Grundrechtseinschränkung."

Als Verfechter eines unkanalisierten Wintertourismus sieht sich Hoch aber keineswegs. "Ich bin in der DAV-Kommission ,Skibergsteigen umweltfreundlich'. Wir setzen uns schon seit Längerem für Lenkungsmaßnahmen im Landkreis ein." Wintersportler sollten für Wildtierarten sensible Areale meiden, nachts nur auf eigens ausgewiesenen Routen unterwegs sein. Der Alpenverein bemühe sich schon lange, seine Mitglieder dafür zu sensibilisieren. Die Wildtiere seien besonders im Hochwinter gefährdet, weil der körpereigene Stoffwechsel dann heruntergefahren sei. Wenn Wintersportler störten, flüchteten die Tiere und verbrauchten dringend benötigte Energie. Das sei besonders problematisch, wenn Schneeschuh- oder Skitourengeher auch noch nachts mit Stirnlampen unterwegs seien.

Um Ausflügler für den Umweltschutz zu sensibilisieren, sind derzeit im Landkreis bereits Isarranger aktiv. In jüngster Zeit waren sie besonders gefordert. Seit Pandemiebeginn hat der Besucherandrang auf touristische Hotspots wie den Walchensee enorm zugenommen. Ebenso sind seit neuestem zusätzliche Gebietsbetreuer im Alpenraum des Landkreises aktiv. Daher ist Hoch zuversichtlich. Ein Runder Tisch sei organisiert, zu dem die hauptamtlichen Isarranger Sabine Gerg und Hans Adlwarth, der Naturschutzreferent der Sektion Lenggries, Roman Haehl und die künftigen Naturschutzreferenten bei der Sektion Tölz, Christiane Danner und Kilian Stimm, eingeladen seien. "Auch der Vorsitzende der DAV-Sektion Tölz, Benedikt Hirschmann, ist mit dabei", so Hoch.

Der 62-Jährige wünscht sich, dass die Kommunikation zu den Schutzmaßnahmen verbessert wird. "Auf der Plattform alpenvereinaktiv.com werden Schneeschuhtouren beworben, die durch Schongebiete führen", sagt er. "Das geht nicht. Von Alpenvereinsseite werden zwar alle zu meidenden Gebiete in sämtlichen Karten umgehend kenntlich gemacht, in einschlägigen Tourenportalen ist das jedoch oft unzureichend erkennbar."

Die Betreuung der unter Tourengehern beliebten Website liegt jedoch nicht in Hochs Händen. Auf der anderen Seite sieht er insbesondere das Landratsamt in der Pflicht. "Die Sperrungen müssen von allen Beteiligten auch in den sozialen Medien kommuniziert und für Wintersportler besser begreifbar gemacht werden", ist Hoch überzeugt.

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