Süddeutsche Zeitung

Auszeichnung:Vielseitige Jungfilmer

Streifen des 6. Kinderfilmfestivals in Starnberg glänzen mit cineastischen Spielereien und Reportageelementen

Von Isabella Falkner, Starnberg

"Man fängt klein an und irgendwann ist man vielleicht in Hollywood", sagt Barbara Winkler. Mit dieser hoffnungsvollen Aussage startete sie eine ganz besondere Kinovorstellung: Im Rahmen des 6. Kinderfilmfestivals wurden im Breitwand-Kino in Starnberg am Samstag 14 Filme gezeigt, die Kinder und Jugendliche aus dem Landkreis Starnberg produziert und eingereicht haben. Die Filme könnten unterschiedlicher nicht sein: Von Mister-Bean-gleicher Situationskomik über Wissensfilme, Trickfilme im Stop-Motion-Stil und Reportagen bis hin zu magischen Zeitreisen war alles dabei.

Kulturmanagerin Barbara Winkler und Carina Eisner, die für die kommunale Jugendarbeit zuständig ist, haben das diesjährige Filmfestival organisiert. "Filme werden fürs Kino gemacht, das könnt heute auch ihr erleben", erklärte Eisner den Kindern und Eltern im proppenvollen Kinosaal. Am Ende sollten Filme aus drei Kategorien gekürt werden: "Bester Gruppenfilm", also Filme, die von Schulen, Horten oder AGs gedreht wurden; "Altersklasse acht bis zwölf" und "Altersklasse 13 bis 16". Die Entscheidung fiel schwer bei der Bandbreite der Filme und der Mühe, die sich alle Kinder mit den Filmdrehs sichtlich gegeben hatten. Aber dennoch fanden sich am Ende der Vorstellung drei Gewinner.

Eine ganz andere Mass

Als bester Gruppenfilm siegte : "Bio or not bio" von der Film-AG des Gymnasiums Kempfenhausen. Zum Inhalt: Zwei Buben treffen sich an der Bar einer Kneipe. "Ich nehm' eine Mass", sagt der eine Junge zum Barkeeper. Was auf den ersten Blick daherkommt wie ein Brennpunktfilm über Alkoholismus bei Jugendlichen, entwickelt sich dann in eine gänzlich andere, überraschende Richtung: Statt einer Mass Bier wird dem Jungen eine Mass Milch serviert. "Bio-Milch" - darauf liegt die Betonung. Der Film erklärt mit viel Witz und hochwertigen filmischen Raffinessen den Unterschied zwischen "bio und nicht bio". Zum Beispiel, wie sich Glücksgefühle der Biokuh auf die Nährwerte in ihrer Milch auswirken.

Den Film haben die Schüler der fünften und sechsten Klasse, aus denen die Film-AG besteht, komplett selbst auf die Beine gestellt. Das betonte Markus Listl, Biolehrer und Leiter der bereits mehrfach ausgezeichneten Film-AG. Der Lehrer war alleine da, von den Schülern hatte sich keiner die Vorstellung angeschaut. "Das Schwierigste war die lange Recherche im Vorfeld des Drehs", sagte Listl. Ein ganzes Schuljahr habe die AG an dem Film gearbeitet, je eine Stunde pro Woche nach Schulschluss.

Action aus der Zauberschule

Das unterscheidet ihn vom Film "Warum Handys an der Zauberschule verboten sind" von Florian Grießhammer, Benjamin Kirschnek und Sebastian Weis, Gewinner in der Kategorie der Altersklasse 13 bis 16 Jahre. Sie hatten eigentlich einen anderen Plan für den Film. Aber dann hätten alle Protagonisten abgesagt, berichten sie. Also seien sie einfach losmarschiert in den Wald mit der Kamera. Ihr Film zeigt eine Verfolgungsjagd: Nachdem einem Zauberschüler das Handy geklaut wird, jagt dieser den Räuber - einen anderen Zauberschüler - mit aller (Zauber)Kunst. Blitze zucken aus den Fingern der beiden Jungen, mit denen sie sich gegenseitig zu Fall zu bringen versuchen. Während sie rennen, werden sie plötzlich unsichtbar. Das Ganze endet damit, dass der Dieb und sein Verfolger im Eifer des Gefechts einen dritten Jungen anrempeln - einen Boxmeister - der die beiden verhaut. Eingerahmt sind die Verfolgungsszenen, die mit anspruchsvollen cineastischen Spielereien angereichert wurden, von einer erklärenden, rein akustischen Einleitung und einer Quintessenz, warum an der Zauberschule von nun an Handys verboten sind.

"Benjamin hat angefangen, sich in Special Effects reinzufuchsen, dadurch kam uns die Idee zu den Blitzen und dem Unsichtbar-Machen", so Florian Grießhammer. Das Handy haben sie thematisiert, weil sie einfach nichts anderes dabeihatten, als sie in den Wald gingen zum Drehen, ergänzt Benjamin Kirschnek. Die drei 14-Jährigen aus Pöcking wirken, als wollten sie auf jeden Fall weiterfilmen. Sichtlich stolz präsentieren sie ihre Urkunde, die mit einem Wertgutschein von 100 Euro für Technikläden dotiert ist.

Als Eltern Teenager waren

Benno Schmid ging es ähnlich wie den drei 14-jährigen Gewinnern - auch ihm sagten die eigentlich eingeplanten Protagonisten ab. Aber trotzdem schaffte es der Zwölfjährige, eine umfangreiche Reportage zu drehen. Sie wurde zum besten Film in der Altersklasse acht bis zwölf gekürt. Titel: "Meine Eltern...". Der junge Filmemacher befragte neun Personen, davon vier Erwachsene, wie sie ihre Eltern sahen, als sie zwischen elf und 13 Jahre alt waren, "in der vorpubertären Phase", wie Benno Schmid es selbst in seinem Film bezeichnet. Teilweise erinnert der Film an ein soziologisches Projekt. Benno fragt, was das Gegenüber an seinen Eltern denn besonders mochte oder was ihn besonders störte. Dabei ist die Bandbreite der Antworten so groß wie die der Personen, die er im Laufe der Reportage interviewt. Auf die Idee zum Fim sei er gekommen, weil ein Freund derzeit Probleme mit seinen Eltern habe, sagte Benno Schmid. "Meine Eltern sind aber sehr unterstützend, ich weiß nicht, ob ich ohne sie heute so weit gekommen wäre", fügte der Zwölfjährige hinzu. Für dieses Projekt haben seine Eltern professionelle Hilfe engagiert: Ingrun Finke, der die Firma "Finke Films 4 Visions" in Wessling gehört, unterstützte Benno Schmid. Ihre Filmfirma hat sich unter anderem auf Biografien und Familienportraits spezialisiert. Sie steht bei der Preisverleihung neben ihm. Mit dem Wertgutschein will der Preisträger weitere Filmprojekte finanzieren. Derzeit sei schon ein 20- bis 25-minütiger Film geplant. Vielleicht ist Hollywood tatsächlich nicht mehr so fern.

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Quelle:
SZ vom 25.11.2019
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