Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Weihnachtszauber im Pavillon

Dießener Werkstätten und Künstler zeigen in den Seeanlagen Zinnminiaturen, Keramik, Glasschalen, Schmuck und Fotografien

Von Katja Sebald, Dießen

Keine Glühweinstände, kein Bratwurstduft, keine glänzenden Kinderaugen, kein Adventszauber weit und breit. Auch der Dießener Christkindlmarkt, bekanntermaßen einer der stimmungsvollsten im ganzen Fünfseenland, muss in diesem Corona-Jahr ausfallen. Wie eine Insel des vorweihnachtlichen Glücks mutet da der im Winternebel hell leuchtende Pavillon in den Seeanlagen an: Die "Arbeitsgemeinschaft Dießener Kunst" (AdK) präsentiert dort eine Verkaufsausstellung mit Erzeugnissen aus Dießener Werkstätten und Ateliers.

Und da sind sie also: schwer bepackte Nikoläuse, Schlitten im winterlichen Wald, mit dicken roten Kugel behängte Weihnachtsbäume, Krippen mit Ochs und Esel, alles von Hand gefertigt und liebevoll bemalt in den beiden Zinngießerwerkstätten der Familie Schweizer in der Herrenstraße. Die beiden Regale mit den bunten Zinnminiaturen sind der größte Anziehungspunkt im Verkaufsraum, sagt Uschi Radaj, die an diesem kalten Nachmittag die Aufsicht hat. Sie öffnet bereitwillig die Schubladen, zeigt weitere Figuren und erklärt, dass Kenner die verschiedenen "Handschriften" der beiden Werkstätten auf einen Blick unterscheiden können. Vor allem aber achtet sie streng darauf, dass die Hygienevorschriften eingehalten werden und dass sich nicht zu viele Leute vor den Regalen drängen. Mehr als acht Besucher lässt sie nicht gleichzeitig in den weitläufigen Pavillon. Die großen Tische, auf denen das Keramikgeschirr präsentiert wird, sorgen zusätzlich für Abstand.

Sieben Dießener Keramiker sind in der Arbeitsgemeinschaft organisiert, eine weitere Werkstatt ist unter den Gastausstellern vertreten. Auch hier gibt es verschiedene Stile und Arbeitsweisen: In der alteingesessenen Werkstatt der Familie Lösche werden die traditionellen Dießener Gefäße hergestellt, wie es sie schon seit Hunderten von Jahren gibt. In der Weihnachtszeit dürften vor allem die hübschen Granatäpfel und die in Bordeaux und Gold glitzernden Schalen begehrt sein. In jüngster Zeit haben sich mit Bokyung Kim und Minsoo Lee zwei koreanische Keramiker in Dießen niedergelassen, die Geschirr und Gefäße in sehr schlichten, eher modern wirkenden Formen herstellen.

Traditionelles Handwerk präsentieren auch der Sattler Michael Ruoff und der Schmied Walter Spensberger. Ulrike Umlauf-Orrom fertigt Schalen aus farbigem Glas, Marion Vorster zeigt Mappen und Schachteln aus selbst gestaltetem Papier. Eva Graml-Lösche und Monika Rehnert-Rex steuern Textilarbeiten bei, Adelheid Helm macht nicht nur Schmuck, sondern auch kunstvolle Objekte aus alten Flaschen. Handwerklich gefertigter Schmuck aus verschiedenen Werkstätten ist ein weiterer Schwerpunkt in der reich bestückten Verkaufsausstellung. Eine Sonderstellung nimmt in diesem Jahr die Goldschmiedin Ilse von Schweinitz aus Riederau ein, die zu ihrem 50. Berufsjubiläum mit einer kleinen Retrospektive vertreten ist.

Der Pavillon am See ist nicht nur Laden, sondern gleichzeitig auch Galerie: Die Dießener Fotografen Jörg Kranzfelder, Noah Cohen und Christoph Franke zeigen ebenfalls eine Auswahl neuerer Arbeiten. Die Malerin Annunciata Foresti stellt ein üppiges Blumenbild und ebenfalls Fotografien aus. Die Künstlerin Marion Bembé ist mit einer kleinen Collage vertreten, auch der Maler Martin Gensbaur präsentiert einige seiner Gemälde. Nue Ammann zeigt kleinformatige Bild-Text-Installationen und Christl Angele-Scheffold Steinfiguren. Im Bereich Holzkunst gibt es geschnitzte Früchte und Fische des Dießener Holzbildhauers Peter Wirsching ebenso wie die kleinformatigen Schnitzfiguren von Katharina Andress.

"Ganz Vorsichtige können die Ausstellung ja auch durch die Schaufenster anschauen", sagt Wolfgang Lösche, der als Vorsitzender der AdK für das Hygienekonzept verantwortlich zeichnet. Die Scheiben sind jedenfalls mit ungemein dekorativen Sternen aus rotem und silbrig glitzerndem Glas geschmückt. Und dann gibt es vielleicht in dieser auf so merkwürdige Weise "staaden" Zeit doch noch glänzende Kinderaugen und ein wenig Adventszauber.

Die Ausstellung im Verkaufspavillon am See ist im Advent jeden Freitag von 14 bis 17 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

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Quelle:
SZ vom 02.12.2020
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