Ausstellung:Treffpunkt der Münchener Kunstszene

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Anlässlich des 150. Geburtstags des Malers Heinrich Brüne ist in der Weßlinger Gemeindegalerie eine außergewöhnliche Schau mit Gemälden, Fotos und Dokumenten zu sehen

Von Patrizia Steipe, Weßling

Wenn Ortsarchivar Erich Rüba von der Gemeindegalerie aus über den Weßlinger See blickt, dann kommt er ins Schwärmen: "Wir haben hier das schönste Fleckerl auf der ganzen Welt". So ähnlich müssen auch die vielen Künstler gedacht haben, die ab dem 20. Jahrhundert das Fünfseenland für sich entdeckt hatten. 1907 kaufte sich der Maler Heinrich Brüne (1869-1945) für 700 Mark ein Grundstück in Oberpfaffenhofen und errichtete dort ein Atelierhaus. Viele seiner Künstlerkollegen haben ihn in den folgenden Jahren in seinem Domizil besucht. Anlässlich Brünes Geburtstags, der sich am 5. November zum 150. Mal jährt, hat Rüba in der Gemeindegalerie die Ausstellung "150. Geburtstag Heinrich Brüne - Künstlerkollegen zu Besuch am Weßlinger See" kuratiert.

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(Foto: Franz Xaver Fuchs)

In Weßling sind viele von Heinrich Brünes Werken zu sehen, darunter "Südlicher Hafen mit rotblauem Turm".

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(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Lust am Experimentieren mit Farben, Stilen und Techniken: Naturalistische detailreiche Landschaften wechseln sich mit der reduzierten Formensprache der Neuen Sachlichkeit ab.

Ein ernsthafter Mann blickt die Betrachter an. Er ist ordentlich gekleidet, das Haar akkurat gescheitelt. Im Hintergrund sieht man eine Leinwand, auf der ein Akt entsteht. Mit schwungvollem Pinselstrich hat Heinrich Brüne sein Selbstporträt angefertigt. Rüba hat die Ausstellung mit weiteren 60 Gemälden, Fotos und Dokumenten bestückt. Sie stammen aus dem Privatbesitz des Sammlers, dem Evarist-Adam-Weber-Archiv und es sind Leihgaben von Weßlinger Familien. Auf den Fotos sieht man etwa den Künstler vor seinem Haus oder mit Malerfreunden aus dem Münchner Kunstverein "Neue Secession". Auf einem Foto stehen 18 in einer Reihe aufgereihte Männer, darunter Max Unold, Carlo Mense und Georg Schrimpf. Brünes Haus ist ein Treffpunkt der Münchener Kunstszene. Sonntags öffnete er sein Atelier. "Er freute sich, wenn seine Arbeiten zu Debatten anregten" so Rüba. Sogar der berühmte Impressionist Pierre-Auguste Renoir (1841-1919) verbrachte 1910 vier Wochen in Weßling. Brüne stellte ihm sein Atelier zur Verfügung. Es gibt eine Skizze, in der Brüne den Maler mit Pinsel, Malkasten und Leinwand im Atelier gezeichnet hat. Renoir selbst hat in Weßling das Portrait "Madame Thurneyssen und ihre Tochter" anfertigt. Das Bild hat später einen Ehrenplatz im Salon der Münchner Familie bekommen, wie man an einem Foto erkennen kann.

In der Weßlinger Gemeindegalerie hat Ortshistoriker Erich Rüba eine Ausstellung über den Maler Heinrich Brüne und dessen Freunde und Künstlerkollegen zusammengetragen. Auf dem Foto ist Heinrich Brüne um 1935 zu sehen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Bilder seiner Malerfreunde zeigen die Lust am Experimentieren mit Farben, Stilen und Techniken. Naturalistische detailreiche Landschaften wechseln sich mit der reduzierten Formensprache der Neuen Sachlichkeit ab. In der Weßlinger Christkönigkirche hängt Brünes 1895 geschaffene Werk "Die heiligen drei Könige". Es war von der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München mit einer "lobenden Erwähnung" ausgezeichnet worden.

Die Anerkennung in der Kunstwelt schlägt sich nicht in finanziellen Reichtum nieder. Brüne muss öfter in Naturalien zahlen. Das bestätigt eine Besucherin der Gemeindegalerie. Ihr Großvater sei Baumeister gewesen und habe von Brüne ein Gemälde als Bezahlung für eine Handwerksleistung erhalten, erzählt sie. "Im Gasthaus zur Post hat der Maler auch mit Bildern bezahlt", weiß Rüba.

Brünes Anerkennung in der Kunstwelt schlug sich nicht in finanziellem Reichtum nieder: Oft zahlte er in Naturalien. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Brüne lässt sich von der allgemeinen Kriegsbegeisterung anstecken und meldet sich freiwillig, um 1914 für das Vaterland ins Feld zu ziehen. Dem Nationalismus folgt die Ernüchterung. "Wann wird dieser Krieg einmal sein Ende finden, dieses furchtbare Zerreißen und Zerfetzen der warmblütigen Menschenleiber", schreibt er 1915 seiner Frau. Erst Ende 1918 kommt Brüne körperlich unbeschadet, aber seelisch aufgewühlt nach Oberpfaffenhofen zurück. Ein neuer Abschnitt seines künstlerischen Schaffens beginnt. Brüne schließt neue Freundschaften und wendet sich von alten Freunden ab. "Aus dem Felde zurückgekehrt konnte ich nicht mehr zu ihnen hinfinden", schreibt er einem Freund. Relativ unbehelligt kann Brüne in den Jahren des Nationalsozialismus malen, wird aber von schweren Krankheiten in seiner Schaffenskraft gebremst. Am 1. Mai 1945 stirbt Heinrich Brüne in seinem Atelierhaus. Er wird neben seiner Frau auf dem Dorffriedhof bei der Kirche Sankt Georg beigesetzt.

Die Ausstellung "150. Geburtstag Heinrich Brüne - Künstlerkollegen zu Besuch am Weßlinger See" ist bis zum 19. April 2020 in der Weßlinger Gemeindegalerie, Hauptstraße 57, zu sehen. Öffnungszeiten sind Freitag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr.

© SZ vom 04.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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