Ausstellung:Kommt ein Schiff geladen

Für ein ganz besonderes Werk hat sich die Künstlerin Christina von Bitter von einem adventlichen Choral inspirieren lassen

Von Ute Pröttel, Berg

Kunst ist Sehen. Mit dem ersten Blick treten Betrachter und Kunstwerk in eine individuelle Beziehung. Für sich hatte Pfarrer Johannes Habdank dem Kunstwerk seinen ganz persönlichen Titel gegeben. Das filigrane Werk, das bereits zwei Tage vor der Vernissage im Foyer des evangelischen Gemeindehauses in Berg installiert worden war, erinnerte ihn an eines der ältesten deutschsprachigen Kirchenlieder "Kommt ein Schiff geladen". Auch in diesem Jahr wird es in der Christmette gesungen werden. Groß war dann die Überraschung und Begeisterung des Gastgebers als er bei der Vernissage erfuhr, dass die Künstlerin Christina von Bitter ihr speziell für diesen Anlass gefertigtes Weihnachtsschiff tatsächlich nach diesem adventlichen Choral betitelt hatte.

Ausstellung: Fantasievolle Flugobjekte wie "Born free" aus dem Jahr 2016 stehen im Mittelpunkt des Schaffens der Künstlerin Christina von Bitter.

Fantasievolle Flugobjekte wie "Born free" aus dem Jahr 2016 stehen im Mittelpunkt des Schaffens der Künstlerin Christina von Bitter.

(Foto: Arlet Ulfers)

Die Idee einmal von ihrem Hauptthema fantastischer Flugobjekte abzuweichen, ist allerdings der Lage Bergs am Starnberger See geschuldet, erzählt von Bitter. Erst während der Arbeit an dem extra für die Vernissage im Katharina von Bora-Haus geschaffenen Kunstwerk sei ihr auch der Titel des Weihnachtsliedes in den Sinn gekommen. Doch die Künstlerin zeigt nicht nur das kunstgewordene Weihnachtslied, sondern hat noch zwei weitere schneeweiß strahlende Objekte sowie Radierungen und Zeichnungen mitgebracht. Zum Abschluss des Jahres verwandelte sie das Foyer des evangelischen Gemeindehaus in einen Kunstraum des Monats.

Ausstellung: Für die Ausstellung im Katherina-von-Bora-Haus in Berg gestaltete Christina von Bitter eigens ein filigranes Schiff, angeregt von der Nähe zum See.

Für die Ausstellung im Katherina-von-Bora-Haus in Berg gestaltete Christina von Bitter eigens ein filigranes Schiff, angeregt von der Nähe zum See.

(Foto: Arlet Ulfers)

Für Kunstexperten ist die 54-jährige Bildhauerin eine Meisterin der Leichtigkeit. Ihre Werke wirkten unbeholfen, krumm und schief, fast so als hätte ein Kind sie mit krakeligem Strich in den Raum gemalt, ist bisweilen über Bitter zu lesen. Dabei sind ihre Werke verwirrend anrührend, heiter, filigran, tröstlich und erzählerisch ganz ohne Worte.

Künstlerisch geprägt haben Christina von Bitter die französische Künstlerin Niki de Saint Phalle, in deren Tarotgarten in der Toskana sie eine Hospitanz absolvierte, und der Bildhauer Lothar Fischer, dessen Meisterschülerin sie war. Ihre Arbeiten sind in öffentlichen Sammlungen in München, Nürnberg und Stuttgart sowie immer wieder in Einzel- und Gruppenausstellungen zu sehen. Begleitet wird Christina Bitters Kunstwerk am Abend der Präsentation von einem literarischen, philosophischen oder theologischen Text. Und wer die fantasievollen Plastiken von Bitters betrachtete, den verwundert nicht, dass sie einen Faible für den italienischen Autor Italo Calvino hegt. Passend zum "Weihnachtsschiff" las der Berger Bildhauer und Weltumsegler Hans Panschar aus dem Roman "Der Baron auf den Bäumen".

Spätestens Calvinos Satz "Auch für den, der sein ganzes Leben auf dem Meer verbracht hat, kommt ein Alter, wo er an Land geht.", legitimierte ihn dazu. Doch hier endete die Vielschichtigkeit des Abends nicht. Wunderbar passte auch das Ende von Calvinos Roman zum gesamten Thema. Da wird der sterbende Baron alias Cosimo Piovasco di Rondó nach einem langen Leben auf den Bäumen am Anker einer fliegenden Mongolfiere hinfortgetragen...

Kurz ist es ganz leise im Raum, dann bekommt Panschar Applaus für seinen Vortrag. Doch der gilt nicht ihm alleine, sondern dem Erlebnis des besonderen Moments, der an diesem Abend deutlich zu spüren ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: