Süddeutsche Zeitung

Ausstellung in Riederau:Der See in der Güterhalle

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Katrin Gabriel hat den Ammersee 50 Mal im quadratischen Format gemalt. In ihrer Präsentation im Bahnhof stellt sie Kieselstein-Objekte und Schilder dazu und macht so die Illusion eines Bootshauses perfekt

Von Katja Sebald, Riederau

Mal ist das Wasser tiefgründig dunkelblau, mal schillernd türkis, mal hellblau in der Sonne glitzernd. Mal sieht man am anderen Ufer hoch über dem leuchtend blauen See den Andechser Kirchturm, mal auf dem Wasser ein weißes Segelboot in der Sonne. Mal reckt eine Badende im roten Badeanzug inmitten des Blaus ihre Arme in die Luft, mal krault eine ganze Gruppe von Schwimmern, mit Badehauben und Schwimmbrillen ausgestattet, durch das weiß aufspritzende Wasser: "50 x der See im Quadrat + Ammersee-Steinobjekte" - so hat Katrin Gabriel ihre Ausstellung in der ehemaligen Güterhalle des Bahnhofs Riederau überschrieben.

Fünfzigmal also hat die passionierte Malerin den Ammersee auf die Leinwand gebannt, immer von seinem Westufer aus. Am liebsten ist sie frühmorgens mit dem Fahrrad zwischen Dießen und Utting unterwegs, nicht mit Pinsel und Staffelei und auch nicht mit der Kamera: "Ich fotografiere mit dem Kopf", sagt sie. Dann geht Katrin Gabriel ins Atelier und mal ihre Eindrücke in Öl auf Leinwand, mit selbst gemischten Farben und immer im quadratischen Format.

Insgesamt fünfzig Bilder hat sie aufgehängt, die ganze Halle strahlt in Blau, als stünde sie nicht an den Bahngleisen, sondern direkt am sonnenglitzernden Wasser. Dazu hat Gabriel einige Kieselsteine aus dem See zu Türmchen übereinander geklebt, einen Rettungsring auf ein Bild montiert und ein paar lustige Schilder beschriftet, die das sommerliche Bootshaus-Feeling perfekt machen.

Seit 13 Jahren stellt Katrin Gabriel jedes Jahr im Juni im Bahnhofsgebäude ihres Wohnorts aus, was sie in den zurückliegenden zwölf Monaten gemalt hat. Für das vergangene Jahr hat sie sich den See als Thema gewählt, die ausgestellten Bilder aber wirken, als wären sie alle in den vergangenen zwei Wochen entstanden, seit das Sommerwetter Badende und Spaziergänger ans Ufer lockt und seit die Sommersonne die hellen Lichtreflexe auf die Wasserfläche zaubert. Kaum einen trüben Tag scheint es gegeben zu haben, keine Regentropfen, keinen Nebel und keinen graublauen Wintersee. Immer ist es hell und strahlend, egal ob Gabriel Landschaften mit Horizontlinie gemalt hat oder ob sie sich einfach ein quadratisches Stück der Wasserfläche herausgepickt hat.

Ein einzige Bild fällt wirklich aus der Reihe: Es hängt nicht an der Wand, sondern steht auf dem Boden, außerdem hat es ein Hochformat, ist größer als die meisten anderen und es zeigt den See nicht am Morgen und im hellen Licht, sondern an einem dunstigen, leicht verhangenen Tag am frühen Abend, wenn die Sonne hinter dem Wolkenschleier untergehen will und sich ein zartes Graurosa über das Wasser legt. Anders als alle anderen hier gezeigten Arbeiten ist es ein echtes Stimmungsbild, eine Impression mit subtilen Farbnuancen, die nicht mit der üblichen Routine gemalt wurde.

Über einen routinierten Strich nämlich verfügt Katrin Gabriel allemal: Schon als junges Mädchen, geboren in Lahnstein am Mittelrhein, aquarellierte und illustrierte sie. Als sie dann als ausgebildete Sekretärin endlich zwei Semester lang Kurse an der Akademie in Mannheim besuchen durfte, da habe sie das meiste schon gekonnt, berichtet sie.

Inzwischen aber malt sie vorzugsweise Bilder, deren Stil sie selbst als "impressionistisch/expressionistisch" bezeichnet. Seit einigen Jahren gibt sie außerdem in den Sommermonaten Malkurse für Kinder.

Die Ausstellung mit Malerei und Objektkunst von Katrin Gabriel ist noch bis zum kommenden Sonntag täglich von 11 bis 18 Uhr im Bahnhof Riederau, Bahnhofsplatz 1, zu sehen.

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Quelle:
SZ vom 16.06.2017
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