Ausstellung in Dießen:Mal Elefant, mal elegant

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"Jumbo" hat Elke Niederreuther-Wilhelms ihr Bild von einem tollpatschigen kleinen Elefanten genannt. Repro: Georgine Treybal (Foto: Georgine Treybal)

Elke Niederreuther-Wilhelms zeigt im Dießener "Kunststücke" ihre Akte und Tierbilder

Von Katja Sebald, Dießen

Ohne Eröffnungsparty und ohne den üblichen Rummel haben die Münchner Gestalterin Gudrun Bürgin und der Architekt Thomas Seibert in diesem Frühjahr das seit Jahrzehnten in einem schönen alten Stadthaus an der Dießener Herrenstraße beheimatete Einrichtungsgeschäft "Kunststück" übernommen. Beinahe ebenso lautlos macht der Laden nun seinem Namen alle Ehre: Mit den Zeichnungen und Aquarellen von Elke Niederreuther-Wilhelms ist dort erstmals eine Kunstausstellung zu sehen - und man darf hoffen, dass diesen merkwürdigen Zeiten zum Trotz zahlreiche weitere folgen werden.

Die 1943 in Jena geborene Künstlerin Elke Niederreuther-Wilhelms, die in den Sechzigerjahren an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin studierte und heute in München lebt, ist in der Region keine Unbekannte: Sie hat ihr Atelier in der Gautinger Reismühle und beteiligt sich dort seit Jahren an den Ateliertagen, die freilich heuer ebenfalls ausgefallen sind. Die aktuelle Schau, die einer Retrospektive gleichkommt, dürfte für sie ein echter Glücksfall sein: Sie kann nicht nur in Dießen fast vierzig Arbeiten aus den vergangenen Jahrzehnten zeigen, sondern ist auch am zweiten Standort von Bürgin und Seibert in München mit weiteren Bildern vertreten. In ihrem "Raumwerk" in der Schwanthalerstraße haben die beiden bereits einen Concept Store mit Galerie etabliert.

Aktzeichnungen und Tierdarstellungen ziehen sich wie ein roter Faden durch das Werk von Niederreuther-Wilhelms. Das älteste in Dießen gezeigte Blatt stammt aus dem Jahr 1968 und zeigt ein "Fabelwesen". Es ist ein bezaubernd freies Spiel mit einem Komplementärkontrast: Fast scheint es, als habe sich der rote Farbfleck vor Schreck in ein Tierchen verwandelt, um sich nicht mit seinem grünen Hintergrund verbinden zu müssen. Die jüngste Arbeit stammt aus dem Jahr 2020 und entstand auf dem Rückenkarton eines Zeichenblocks. Zu sehen ist ein weiblicher Rückenakt, bestehend aus keinem einzigen Strich mehr als den unbedingt notwendigen.

In den mehr als fünfzig Jahren, die zwischen den beiden Aquarellen liegen, hat die Künstlerin wieder und wieder unter Beweis gestellt, wie gekonnt sie das Wesen der Dinge einzufangen weiß. Das gilt für den zerzausten schwarzen Vogel, dem sie den Titel "Phönix" gegeben hat, es gilt für die seltsam-heitere Eule und es gilt erst recht für die wundersam tolpatschigen kleinen Elefanten, von denen sie gleich eine ganze Herde aufmarschieren lässt.

Mit Bleistift und Tusche, meistens aber direkt mit dem Pinsel und leichthändig aufs Papier gebrachter Aquarellfarbe entstehen auch die weiblichen Akte. Immer geht es um einen kleinen besonderen Moment, eine Bewegung, einen Ausdruck, niemals um geschönte oder gar plakative Erotik. Die Bandbreite der mit wenigen Farbakzenten erzielten Bildstimmungen reicht von hauchzart und licht bis kraftvoll-expressiv. Diese Ausstellung besticht durch die konsequente Beschränkung auf Akte und Tierbilder. Was sie aber zum "Kunststück" macht, ist die feinsinnige, ebenso unprätentiöse wie effektvolle Platzierung der Arbeiten.

Bis zum 17. Oktober. Mittwoch bis Freitag 10 bis 12.30 und 15 bis 18 Uhr, samstags 10 bis 14 Uhr.

© SZ vom 13.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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