Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Heroen der Scholle

Das Studio Rose zeigt Bilder des Künstlers Fritz Erler, der im Ersten Weltkrieg als Propaganda-Maler im Einsatz war

Von Katja Sebald, Schondorf

Im Studio Rose in Schondorf ist derzeit eine Ausstellung mit Bildern des Malers Fritz Erler zu sehen, die vom Kulturforum Utting, dem Schondorfer Kreis für Kultur- und Landschaftspflege und dem Verein "Unser Dorf" in Holzhausen in Zusammenarbeit mit den Städtischen Museen Landsberg präsentiert wird.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten die Künstler das Westufer des Ammersees entdeckt. Die Bauern verkauften ihnen gerne die feuchten und deshalb wertlosen Wiesen am Seeufer. Das beschauliche Dörflein Holzhausen wurde bald zu einer regelrechten Künstlerkolonie. Zu den Malern, die länger als einen Sommer blieben, gehörte auch Fritz Erler, Mitglied der Künstlervereinigung "Die Scholle". Die Fritz-Erler-Straße in Holzhausen erinnert an den Maler, der 1868 in Frankenstein in Schlesien geboren wurde und seit 1918 am Ammersee lebte. Nach einem Studium an der Königlichen Kunst- und Gewerbeschule in Breslau war er 1895 in die damals weit- hin leuchtende "Kunststadt München" gekommen. Ein Jahr später wurde er Mitbegründer der Zeitschrift "Die Jugend", für die er das erste und viele weitere Titelblätter entwarf. Fast zwanzig Jahre lang war er Mitarbeiter dieser "Münchner illustrierten Wochenschrift für Kunst und Leben", die dem Jugendstil seinen Namen gegeben hatte. Im Jahr 1899 war Fritz Erler Gründungsmitglied der Künstlergruppe "Die Scholle". Deren Mitglieder prägten nicht nur das Erscheinungsbild der "Jugend", sondern galten auch als künstlerische Avantgarde in München.

Der aus heutiger Sicht bedeutendste unter den "Scholle"-Malern ist wohl Leo Putz, zu seiner Zeit aber war auch Fritz Erler durchaus berühmt: Mit seinen monumentalen Wandbildern und einer eigenständigen Position zwischen Jugendstil und Impressionismus machte er sich vor dem Ersten Weltkrieg einen Namen. Von 1914 an war er als Kriegsmaler sowohl an der West- als auch der Ostfront im Einsatz. Seine in kriegsbegeistertem Patriotismus gemalten großformatigen Gemälde und vor allem sein Plakat "Helft uns siegen!", mit dem außerordentlich erfolgreich für die Kriegsanleihe 1917 geworben wurde, sollten zwei Jahrzehnte später als Vorbild für die nationalsozialistische Kriegspropaganda dienen. 1939 reichte Erler für die "Große Kunstausstellung" sechs Gemälde ein, die Adolf Hitler, Gauleiter Adolf Wagner, Reichsinnenminister Wilhelm Frick und Reichswirtschaftsminister Walter Funk sowie die Künstler Joseph Wackerle und Josef Thorak abbildeten. Hitler kaufte fünf davon, nur für das Führerbild fand sich ein anderer potenter Käufer. Erler starb 1940. Er fand seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Holzhausen.

Im Studio Rose sind insgesamt 17 Arbeiten von Erler zu sehen, die zeitlich zwischen einem Selbstbildnis aus dem Jahr 1892 und einem Porträt seiner Frau Anna Erler aus dem Jahr 1934 einzuordnen sind. Auch eine Kriegszeichnung von 1914, die einen verwundeten Soldaten zeigt, wird ausgestellt. Das Stadtmuseum Landsberg hat als Leihgaben das frühe Selbstbildnis und das Bildpaar "Hornbläser" und "Damenbildnis" aus dem Jahr 1907 zur Verfügung gestellt, das noch ganz dem Jugendstil verpflichtet ist.

Alle übrigen Exponate stammen aus Privatbesitz. Sie werden ohne weitere Angaben, nicht in chronologischer Reihenfolge und auch nicht thematisch geordnet präsentiert. Die Eleganz des Jugendstils möchte man auch noch im dem Bildnis "Circe" von 1909 sehen. Hat man aber erst den Halbakt "Nordland" mit den Wikinger-Schiffen im Hintergrund aus dem Jahr 1907 gesehen und das "Fischermädchen" aus dem Jahr 1920, das als nackte Kriegerin mit bloßer Hand einen Fisch fängt, dann wird man das Heroische und Martialische, den Verweis auf das "Heldische", "Urhafte" und "Schollenhafte" auch anderswo entdecken.

Auf der Einladungskarte wird Erler als "einer der wichtigsten Maler des Jugendstils und der klassischen Moderne" angekündigt. In diesem kleinen Rahmen und mit einer Bildauswahl, die offensichtlich das versammelt, was man eben bekommen konnte, kann man kaum eine kritische Auseinandersetzung mit Fritz Erlers Werk erwarten - ein Hinweis auf seinen weiteren Werdegang wäre dennoch angebracht.

Die Ausstellung ist noch bis zum Sonntag, 9. September, jeweils samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr zu sehen, der Eintritt kostet drei Euro.

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Quelle:
SZ vom 28.08.2018
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