Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Erde und Edelsteine

Unter dem Titel "Landverwandlung" sind im Starnberger Bahnhof am See Malerei von Elke Jordan und Schmuck-Objektkunst von Gisbert Stach zu sehen

Von Katja Sebald

Elke Jordan und Gisbert Stach haben sich erst am Abend ihrer Vernissage im historischen Starnberger Bahnhof am See kennengelernt. Den Titel "Landverwandlung" für ihre gemeinsame Ausstellung haben die drei Kuratorinnen der Reihe "nah - fern" ausgewählt. Wie er zu verstehen ist, das lässt sich für die Malerin Elke Jordan schnell erklären. Im Fall von Gisbert Stach scheitert jeder Erklärungsversuch bereits an einer Definition für die Gattung seiner Kunst: Ihn "Schmuckkünstler" zu nennen, wäre irreführend - auch wenn man einige Arbeiten als Schmuck bezeichnen könnte, anderes vielleicht als Installation, das meiste aber als Experiment. Sicher ist aber, dass es seine Arbeiten sind, die diese kleine Ausstellung in der maroden ehemaligen Schalterhalle zu einem der Highlights des sommerlichen Kulturgeschehens im Fünfseenland machen.

Elke Jordan lebt und arbeitet in Grafrath. Sie malt "leere Landschaften", wie sie es ausdrückt. Ihre Inspiration findet sie in der Natur, an realen Orten. Dort entstehen Skizzen oder Fotos, aber nur "wenn die Landschaft etwas mit mir macht", erklärt sie. Dann nimmt sie auch ein wenig Erde oder Sand mit nach Hause. Das eigentliche Bild entsteht später im Atelier - nicht nach der Vorlage, sondern aus der Erinnerung oder in einer Art Nachempfinden des Gesehenen. Alles Störende oder Überflüssige wird bei dieser Umsetzung zu Gunsten einer surreal anmutenden Leere und Weite weggelassen.

Jordan malt bevorzugt mit Eitempera, zuweilen auch mit Acryl. Immer aber will sie der gemalten Landschaft etwas von der ursprünglichen Landschaft "mitgeben", indem sie ihre Erd- oder Sandsouvenirs als Strukturmaterial mit in die Farbe mischt: Landverwandlung also. Ihre in Starnberg gezeigten Bilder, die meisten aus der Serie "Horizonte", sind ohnehin auf Erd- und Sepiatöne reduziert. Die Malerin will sie als "Stimmungsbilder" verstanden wissen. Sie sollen dem Betrachter als Projektionsfläche für eigene Assoziationen dienen. Oder, wie sie es formuliert, die Landschaften "sollen etwas mit ihm machen". Sie wünscht ihm "eine intuitive Suche nach seinem Verhältnis zur Natur, zu seinen Erinnerungen, zu seinem Erkennen".

Gisbert Stach absolvierte eine Ausbildung zum Silberschmied und studierte unter anderem bei Otto Künzli an der Akademie der Bildenden Künste in München. Heute lebt und arbeitet er in Gräfelfing. Im Grenzland zwischen Schmuck und Objektkunst hat er ein schier unendliches Feld für seine abenteuerliche Experimentierfreude gefunden.

In Starnberg hat er einige seiner Arbeiten auf einem großen Tisch "angerichtet": Da gibt es etwa die "Pizze Gioielli", für die ihm ein Münchner Pizzabäcker verschiedene Modeschmuckteile als Belag auf dem Hefeteig eingebacken hat. Oder zwei schnitzelgroße Broschen, die auch tatsächlich so aussehen wie panierte Schnitzel. Die eine trägt den Titel "AT-Schnitzel" und hat die Form der Konturen des Staates Österreich, die andere heißt "M-Schnitzel" und bildet den Umriss der Stadt München ab. Für beide wurde baltischer Bernstein zermahlen, mit Silikon vermischt und die so entstandene Masse, die auch nach dem Trocknen noch elastisch bleibt, in Schnitzelform gebracht. Nach demselben Prinzip wurden die Broschen der Reihe "Golden Toast" geformt, die in es verschiedenen Bräunungsgraden gibt.

Beinahe schon konventionell wirken daneben die Schmuckstücke, die aus Plastikblumen und geschmolzenem Plastikspielzeug entstanden sind. Oder die Serie "Zen-Gärten", für die Stach Rohedelsteine in Miniaturgärtchen aus gemahlenen Steinen und Mineralien in Gießharz angeordnet hat. Man kann sie als Anhänger an einer Halskette tragen - wenn man sich denn traut.

Als Halsschmuck ist eigentlich auch der iPod gedacht, auf dem ein Videoloop läuft: Es zeigt ein kleines, mit Granatsteinen besetztes silbernes Kreuz, das sich in Salpetersäure innerhalb weniger Minuten auflöst. Deutlich mehr Geduld brauchte der Künstler für das Experiment, bei dem er Perlenarmbänder um die Stämme von jungen Bäumen legte und sie über einen Zeitraum von mehreren Jahren in die Rinde einwachsen ließ. Dann fällte Stach die Bäume und machte sie zu Kunstobjekten.

Die Ausstellung "Landverwandlung" ist noch bis 21. Juli jeweils Donnerstag und Freitag von 16 bis 18 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr zu sehen.

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SZ vom 29.06.2019
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