Ausstellung:Ein Werk in drei Etappen

Ausstellung: "Ich möchte Musik machen können", heißt diese Arbeit von Gerd Jäger, Hans Panschar und Ernst Grünwald.

"Ich möchte Musik machen können", heißt diese Arbeit von Gerd Jäger, Hans Panschar und Ernst Grünwald.

(Foto: Arlet Ulfers)

Mehrere Künstler arbeiten nacheinander an Bildern und Skulpturen. Ein spannendes Experiment

Von Katja Sebald, Berg

Das muss so ein empfindliches Künstler-Ego erst einmal aushalten: Da bastelt man ein kompliziertes und wild kreisendes kinetisches Objekt. Dann kommt die eigene Ehefrau und klebt ein Stück Hansaplast mit der Aufschrift "Artur, lebe wild und gefährlich" drauf. Schließlich hat ein Dritter seine Finger im Spiel, der das Ding in Bewegung setzt, ein aufsehenerregend schönes, ungemein dynamisches Foto mit der gerade noch lesbaren Aufforderung zum wilden Leben macht - und das Ganze auch gleich am Vernissagenabend verkauft.

"Wandelwerke" hieß die Ausstellung, mit der sich die 18 Künstler der Ateliertage Berg-Icking am Wochenende im Marstall von Schloss Berg präsentierten. Ein Jahr lang haben sie sich auf einem spannenden Experimentierfeld bewegt, das sich hier und da auch als Minenfeld entpuppt haben dürfte. Jeweils drei verschiedene Schöpfer haben nacheinander ein Werk bearbeitet. Nicht selten wurde dabei das Ausgangsobjekt bis zur Unkenntlichkeit verfremdet und das künstlerische Ego schwer geprüft. Auch wenn nicht alle Ergebnisse formal überzeugen, so darf man wohl davon ausgehen, dass die Akteure während des Entstehungsprozesses "wild und gefährlich" gelebt haben.

Manche dieser "Wandelwerke" erzählen eine Geschichte in drei Etappen: Birgit Berends-Wöhrl etwa formte eine Art Kraterlandschaft, die sich unter den Händen von Roman Wörndl zu einem ganzen Universum erweiterte und dann von Sophia Hößle mittels eines "Algensprungtuchs" zur winzigen Unterwasserwelt geschrumpft wurde. Hans Panschar stellte den kleinen, aus einem verrosteten Zirkel geformten Turner am Reck, den er von Sebastian Heinsdorff und Gerdi Herz bekommen hatte, auf den Kopf und ließ ihn kühn in "Ein Stück vom Himmel" springen. Ernst Grünwald zeichnete Juschi Bannaski selbst auf ein von ihr gestaltetes Papier, Dazze Kammerl reagierte auf ihren ausgestreckten Lehrer-Zeigefinger mit einer kleinen Zeichnung und vollendete das Ganze mit einem Rahmen sowie dem Titel "Da geht's lang".

Manche Geschichten aber nehmen eine völlig unerwartete Wendung: Der Bildhauer Ernst Grünwald dachte vielleicht an ein Kruzifix, als er aus zwei Stöckchen und Schnur ein Kreuz bastelte. Gabriel Baumüller aber dröselte die Schnur auf und schnitzte aus den Stöckchen eine Flöte. Schließlich machte Lucie Plaschka aus der Flöte ein luftig geflügeltes Wesen, verpasste ihm aber einen schweren eisernen Schuh aus dem Kopf eines Hammers. Der Fotograf Andreas Huber hat Exponate, die man ihm zur Bearbeitung gab, mittels Kamera entmaterialisiert. Lucie Plaschka, Sabine Beck und Christiane Leimklef haben nacheinander auf einer Leinwand gearbeitet: Am Ende zeigen sie ein homogenes Bild in Schwarz und Weiß, ein schmaler gelber Farbstreifen am Rand spricht jedoch Bände.

Es war wohl das aus einer zum Teil jahrzehntelangen Zusammenarbeit gewachsene Vertrauen, das die unterschiedlichen Künstlerpersönlichkeiten auf dem Weg zu dieser Ausstellung zusammengehalten hat. Begleitet wurden sie dabei von Nikky Keilholz-Rühle, der Vorsitzenden des Kulturvereins Berg. Es war ihre Idee, den Prozess der Entstehung der Kunstwerke zu reflektieren und für das Publikum sichtbar zu machen: Wer eines der "Wandelwerke" erwirbt, bekommt dazu eine kleine Dokumentation dazu.

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